Das Koenigreich der Luefte
Silhouette. »Etwas Neues von dem Mädchen?«
»Ich hatte sie erwischt«, berichtete der Graf. »Aber Ihre Maßgabe, sie lebendig abzuliefern, erwies sich als problematisch. Tot ist um so vieles einfacher. Sie war bereits in meiner Gewalt, aber sie wurde von der Konkurrenz befreit.«
»Von der Konkurrenz?«, fragte der Schatten. »Hören Sie, Alter, es haben sich keine Kopfgeldjäger bei der Sachverständigen gemeldet, um den Preis zu beanspruchen, den ich ausgesetzt hatte.«
»Das hatte ich mir schon beinahe gedacht«, erwiderte der Graf. »Es würde mir helfen, das neueste Versteck des Mädchens ausfindig zu machen, wenn Sie mir erklären würden, weshalb Sie nach ihr suchen. Ich muss die Motive ihrer Retter begreifen, wenn ich sie erneut aufspüren soll.«
»Das geht Sie nichts an«, hallte die Stimme. »Sie müssen sie lediglich finden und dann bei der Sachverständigen abliefern.«
Graf Vauxtion schüttelte den Kopf. »Sie ist doch nur eine Waise aus Sun Gate. Wenn Sie ihren Tod wollen, lassen Sie das Mädchen einfach heranwachsen. In drei Jahren wird ihre Leber vom Jinn verwüstet sein, und in fünf liegt sie mit Streichholzlunge oder einer anderen, durch Fabrikarbeit verursachten Krankheit auf dem Sterbebett.«
»Ich beschäftige Sie ganz allein aufgrund Ihres Jagdgespürs«, sagte der Schatten. »Ihre philosophischen Betrachtungen über den Zustand der jackalianischen Gesellschaft interessieren mich nicht. Wo in Middlesteel ist sie Ihrem Zugriff entronnen?«
»Das war nicht in Middlesteel«, sagte der Graf. »Sondern darunter. Sie versteckte sich in Grimhope – ein ganz schönes Früchtchen, die kleine Molly Templar. Ziemlich bewundernswert. Sie hat mehr Mumm und Einfallsreichtum gezeigt als die Leutchen, die ich sonst für Kaufleute oder Verbrecherbosse erledigen soll, weil sie bei denen in Ungnade gefallen sind.«
»Grimhope!«, brüllte die Gestalt im Spiegel. »Sie war in der Unterstadt? Wieso haben Sie mir nicht davon berichtet?«
»Sie wiesen ja selbst freundlicherweise gerade eben erneut darauf hin«, erwiderte der Graf, »dass Ihre Freigiebigkeit allein von der erfolgreichen Ergreifung des Mädchens abhängt. Ich werde nicht dafür bezahlt, Ihnen täglich über meine Fortschritte zu berichten. Ihre billigen Schläger waren mir in Sun Gate keine Hilfe. Wenn ich IN Harn Yard eine Spur aus Armenhäuslerleichen hinterlassen will, damit man mir auf die Schliche kommt, dann werde ich Ihren Kerlen schon einen Tipp geben. Bis dahin werde ich meiner üblichen Gewohnheit folgen und allein arbeiten.«
»Wenn Sie meine Geduld zu sehr auf die Probe stellen, alter Soldat, dann werden diese Männer eines Tages auf Sie angesetzt werden.«
»Ich war unter dem alten Regime nicht nur ein Marschall«, sagte der Graf. »Ich war auch der beste Duellant am Hofe.
Sie wären nicht der erste Auftraggeber, der versucht, die Bedingungen unserer Abmachung im Nachhinein zu ändern. Wenn Sie das Verlangen spüren, Ihre Schläger bei mir vorbeischauen zu lassen, dann sollten Sie darauf achten, dass niemand darunter ist, den Sie gern wiedersehen möchten. Ich würde nämlich deren Asche sauber krematiert in einer meiner alten Weinflaschen zu Ihrer Sachverständigen zurückschicken.«
»Bringen Sie mir das Mädchen«, befahl der Schatten. »Lassen Sie sich Molly Templar nicht wieder durch die Finger schlüpfen.«
Dampf stieg nun von der Oberfläche des Spiegels; der Weltensängerzauber war beinahe verpufft. Schon bald würde das blanke Ding nur noch für den Schrottplatz taugen.
»Eine letzte Frage«, sagte der Graf. »Sie sind nicht zufällig der Vater des Mädchens?«
Ein tiefes, gackerndes Lachen erklang vom Spiegel, als würde ein Holzscheit von Flammen verzehrt. Dann verbog sich das Glas unter Knistern und schwieg.
»Davon ging ich auch nicht aus«, sagte der Graf.
»Darf ich den Spiegel wieder beiseitelegen, Sir?«, fragte der Craynarbier.
»Natürlich, alter Panzer. Wirf ihn in den Hinterhof zu den anderen.«
»Man sollte doch meinen, der Gentleman hätte inzwischen gelernt, über das hervorragende Kristallgitternetz dieses Landes zu kommunizieren.«
Der Graf nahm das Buch wieder zur Hand, das er gelesen hatte. Die Strategie der Pereinigungskriege von einem nicht sehr bekannten kikkosikanischen Adligen. »Unser Auftraggeber mag zwar wohlhabender sein als ein jackalianischer Grubenbesitzer, Ka’oard, aber ich nehme stark an, dass es sich bei ihm nicht um einen Gentleman handelt.«
»Wie Sie meinen, Sir,
Weitere Kostenlose Bücher