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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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wie Sie meinen.«
    »Es hängt mir so sehr zum Halse heraus, mir anhören zu müssen, wie die Einheimischen hier am Ende jedes verdammten Theaterstücks und jedes verdammten Balls ›Löwe von Jackals‹ singen. Es ist längst an der Zeit, dass diese Leute einmal einen Krieg verlieren und etwas mehr Demut lernen. Ich würde sagen, wenn wir das Geld unseres derzeitigen Auftraggebers kassiert haben, sollten wir eine kleine Reise zu den Kolonien machen. Und uns einmal ansehen, was die Gestade Concorzias uns zu bieten haben.«
    »Ist es nicht etwas spät für einen Neuanfang, Sir?«, wandte der Craynarbier ein.
    »Ich weiß nicht, Ka’oard. Land ist dort billig. Vielleicht könnten wir ein Herrenhaus an einem Fluss erwerben. Die Verträge einiger junger Taschendiebe und Pferdestehler ablösen, die man zwangsweise übers Meer geschickt hat. Ihnen zusehen, wie sie das Land bestellen und sich nach Fischen jagend im Wasser wälzen. Vielleicht wäre es dann ganz wie in den alten Zeiten.«
    »Wir haben in den alten Zeiten keinen Krieg gegen Kinder geführt, Sir«, meinte der Craynarbier. »Wir haben keine kleinen Mädchen gejagt.«
    »Verwechsle unsere augenblicklichen Umstände, in denen wir einigen Einschränkungen unterworfen sein mögen, nicht mit dem Feld der Ehre, alter Freund«, sagte der Graf. »Hier in Jackals sind wir Flüchtlinge in einem Land der Krämer. Wir führen hier keinen Krieg. Wir machen Geschäfte.«
    Der Gefolgsmann stellte die Brandyflasche wieder in das kleine Schränkchen und schloss die Glastür. Als er sich umwandte, stellte er fest, dass der alte Aristokrat in seinem Sessel eingeschlafen war. Ka’oard breitete eine Decke über die Beine seines Herrn.
    »Alles in allem glaube ich, der Krieg war mir lieber«, raunte er und verließ die Bibliothek.

11
     

     
     
     
    Es war eine Woche her, dass Oliver und der verrufene Stave die Wärme des Kanalbootes gegen den feuchten Farn und die windgepeitschten Moore getauscht hatten, die sich vom Städtchen Ewehead bis zu den Außenbezirken Shadowclocks über ganz Angelset erstreckten. Um den Blutmaschinen und Landkonstablern aus dem Weg zu gehen, hielten sie sich von den Straßen der Krone und den Zollgebäuden fern und zogen über offenes Land.
    Augenscheinlich wurden hier kaum Flächen beackert und bebaut; die Grenze nach Quatershift verlief nur wenige Meilen weiter östlich. Die Nähe zum Fluchwall – und das andauernde unheimliche Pfeifen, das dadurch entstand, dass diese dunkle Schöpfung der Weltensängerkünste den Wind verschluckte – hatte gereicht, damit die Menschen auch jene Dörfer verließen, die während des Zweijährigen Krieges nicht völlig in Schutt und Asche gelegt worden waren. Nun fühlte Oliver sich wahrhaftig wie ein Geächteter. Sie mieden menschliche Gesellschaft, zogen durch die Wildnis und versuchten stets, in der Nähe von Dickichten, Gehölzen oder Gräben zu bleiben, nur für den Fall, dass der Schatten eines der kleinen Kundschafterschiffe der KAM am Horizont auftauchen sollte. Selbst im Sommer erschien das Moorgebiet, das sie durchquerten, ein öder, verfluchter Ort. Eiskalte Nächte, nasse Morgen, und die einzige Gesellschaft bildeten Bussarde oder ein paar wilde Ponys.
    Wenn sie auf einen Bachlauf stießen, füllten sie ihre Feldflaschen neu auf, und Harry erhitzte Wasser, um aus dem Trockenfleisch und dem Schinken, den ihnen Mutter Glück in ihr Reisegepäck gequetscht hatte, eine Suppe zu kochen. Sie hatte ihnen auch einen Tonkrug mit ihrem Lieblingsjinn mitgegeben, der mit einem silbernen Stopfen in Form eines Stierkopfs verschlossen war. Über dieses scharf schmeckende Feuerwasser ließ sich jedoch höchstens sagen, dass es sie für kurze Zeit aufwärmte, bevor sie sich nachts unter dem Zelt zusammenrollten, das den größten Teil von Olivers Gepäck ausmachte.
    Oliver hatte die Zeitungsausgabe behalten, die von den Morden in Hundred Locks berichtete. Wenn Harry nicht hinsah, zog er den Artikel hervor und starrte auf die Überbleibsel seines alten Lebens, die hier schwarz auf weiß festgehalten waren, und er hoffte, die Einzelheiten würden sich für ihn irgendwann zu einem verständlichen Ganzen zusammenfügen, wenn er sie nur lange genug anstarrte. Die langweiligen, sich stets wiederholenden Aufgaben, der unsichtbare Käfig, den seine Registrierung dargestellt hatte, sie schienen nun zu jemand anderem zu gehören.
    Das Zelt, das Oliver mit sich herumschleppte, war ein seltsam anzusehendes Ding, ein eckiges, buntes

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