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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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getan.«
    »Was war zuerst da, die Bewegung oder ihr Anführer? Na, was meinst du?«, fragte Harry. »Du hast einen klugen Kopf, Oliver. Er war verschwendet im Schatten der Anhöhe von Toby Fall – wenn wir das hier überstehen, dann werde ich mal sehen, ob ich deinem Schicksal nicht noch eine Wendung geben kann.«
    »Nimmt man beim Wolkenrat potenzielle Irrnebler?«
    Harry zwinkerte Oliver zu. »Du wärst überrascht, was für Leute manchmal in den Honorarlisten der Wolfschnapper auftauchen. Die haben ja sogar mich genommen.«
    Und so zogen sie weiter. Vorbei an den zerstörten Dörfern und den Straßen, die mit kniehohem Gras und Brombeergestrüpp überwuchert waren, stets möglichst weit abseits von den Schatten der Aerostaten und den Silhouetten der rot berockten Kavalleristen, die durch Berg und Tal zogen. In der siebten Nacht seit Beginn ihrer Fahrt über Land hatte Oliver sich in seine Decke eingerollt und schlief unruhig. Bilder von Onkel Titus flackerten vor seinen Augen auf, Marionettenfäden reichten hinauf in den Himmel, wo die unsichtbaren Herren des Wolkenrats ihn nach ihrem Gutdünken zappeln und zucken ließen.
    Der Flüstermann versuchte, in seinen Traum einzudringen. Oliver fühlte den Druck der Einsamkeit dieses Wesens, das sich wie eine Tausenderhantel aus dem Schwitzraum der Kampfsportler auf seine Brust legte. Der Traum war jedoch nicht genug ausgeformt, als dass der Flüstermann hätte zu ihm durchbrechen können; das Wesen brauchte eine klar umrissene Traumlandschaft, um zu erscheinen.
    »Oliver«, zischte der Flüstermann. »Ich kann dich nicht erreichen.«
    »Was hast du gesagt?«, rief Oliver in die Leere hinein.
    »Sie ist hier; bei allem, was heilig ist, ich fühle, dass sie kommt.«
    »Wer, Flüstermann?«, fragte Oliver. »Wer kommt?«
    »Sie. SIE! Ich bin Wasser im Meer vor ihr, Sprühregen in einem Wirbelsturm. Grundgütiger Zirkel – ihre Vollkommenheit – lässt mich – zu einem winzigen Partikel – im Bauch des Universums werden. So klein –«
    »Du brichst auseinander, Flüstermann«, sagte Oliver.
    »Schatten – im – Licht.« Die Präsenz des Flüstermanns verblasste zum Nichts.
    Der aufkommende kalte Wind über den Mooren weckte Ohver. Die Zeltklappe war aufgegangen und flatterte. Harry lag auf der anderen Seite unter der schützenden Leinwand, eingemummelt in seine Decke, und schnarchte laut wie immer.
    Der erste Schimmer des Sonnenaufgangs griff nun draußen nach dem Himmel, orangefarbene und purpurne Finger kletterten zum Horizont hinunter. Ein Hirsch und eine Hirschkuh standen etwa hundert Schritt von ihrem Zelt da und schnupperten vorsichtig. Sie schienen die Frau nicht zu beachten, die im Schneidersitz vor ihnen saß, und die nur eine weiße Toga im catosischen Stil vor der morgendlichen Kühle schützte.
    Oliver warf sich seinen wollenen Rollkragenpullover über, zog sich seine Hosen an und ging nach draußen. Etwas an dieser Frau kam ihm bekannt vor, zog ihn beinahe in einen Bann. Er trat ihr gegenüber. »Wer bist du?«
    »Ist es schon so lange her, Oliver, dass du mich ganz vergessen hast?« Als die Frau sprach, begannen vielfarbige Lichter träge über ihrem Kopf zu kreisen.
    »Du warst es«, sagte Oliver. »Du bist zu mir ins Land der Irrnebler gekommen, hinter den Schleier.«
    Eines der Lichter summte, und die Frau lächelte es an. »Siehst du, ich habe dir doch gesagt, er würde sich an unseren Besuch erinnern.« Sie wandte sich wieder an Oliver. »Es war wirklich nicht einfach, Oliver, die Leute der Eilzeit davon zu überzeugen, dass dein Platz hier ist, in deiner eigenen Welt und bei deiner echten Familie.«
    »Ich habe dich damals gefragt, ob du eine Göttin oder ein Engel seiest«, sagte Oliver.
    »Und ich habe zu dir gesagt, wenn der Engel einen Hammer hätte, und der Hammer einen Nagel, dann wäre ich der Nagel.«
    »Ich dachte, es wäre ein Traum«, sagte Oliver. »Du, meine Zeit hinter der Irrnebelwand. Alles hinter dem Schleier.«
    »Die Leute der Eilzeit leben in einem ganz anderen Rhythmus, Oliver. Das Regelwerk hinter ihrer Existenz zu begreifen liegt jenseits der Möglichkeiten deines Verstandes, so wie er sich hier entfaltet. Ich fand es selbst recht schwierig, Argumente zu finden, die schlagend genug waren, damit sie dich wieder nach Hause schickten. Ich hoffe, du vermisst deine Pflegefamilie, die du im Irrnebel hattest, nicht allzu sehr.«
    »Ich erinnere mich nun kaum noch an sie. Aber wenn man das Leben bedenkt, das ich hier in Jackals

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