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Das Koenigreich der Luefte

Das Koenigreich der Luefte

Titel: Das Koenigreich der Luefte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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hatte, dann hättest du mich vielleicht doch besser lassen sollen, wo ich war.«
    »Ich habe deinen wahren Eltern versprochen, dass ich dich retten würde, Oliver«, sagte die Frau sanft. »Ich habe – nun, du würdest es vielleicht einen Handel nennen – mit deinem Vater einen Vertrag abgeschlossen. Hätte ich dich zu früh aus dem Irrnebel geholt, wärst du an dem Schock gestorben. Hätte ich dich noch etwas länger hinter der Wand gelassen, hättest du dich unwiderruflich verändert, und dein Verstand hätte sich nicht mehr an das Leben in Jackals gewöhnen können.«
    Oliver sah wieder zu dem Zelt hinüber, in dem Harry immer noch schlief. Er wusste, dass der Agent des Wolkenrats nicht aufwachen würde, während die Frau hier war; sie war in der Lage, wie ein Irrlicht über das Angesicht der Welt zu huschen.
    »Du bist die Frau, von der der Flüstermann sprach.«
    Sie nickte. »Wir haben ein wenig Fangen gespielt, er und ich, durch die Köpfe der Menschen von Jackals. Der arme verdrehte Nathaniel Harwood, gefangen in seinem verfallenden Körper und in seiner dreckigen Zelle. Die Irrnebelwand ist eine Brücke, Oliver, und es ist offenbar wirklich so, dass sich unter jeder Brücke ein Troll verstecken muss.«
    »Nathaniel. Das ist also sein richtiger Name«, sagte Oliver. »Ich wünschte, ich könnte ihm helfen.«
    »Ich bin als eine Beobachterin bekannt, Oliver, nicht als jemand, der sich einmischt. Wenn ich das tue, dann sehr diskret – kein geteiltes Meer, keine Insektenplagen, keine Hungersnöte oder Auferstehungen. Freier Wille, Oliver. Jeder erschafft sich seinen eigenen Himmel oder seine eigene Hölle. Sieh nicht zum fühllosen Himmel, wenn du nach Erlösung dürstest, sondern suche sie in dir selbst.«
    »Was aber tust du denn in Jackals?«, fragte Oliver.
    »Es gibt Ärger junger Mann. Außerhalb des Systems existieren Kräfte, unangenehme, fremde Kräfte, die sich gern in unser Universum hineingraben würden wie Parasiten, die sich vom Fleisch einer lebenden Henne nähren. In ihrer Philosophie ist nicht viel Platz für den freien Willen oder für überhaupt irgendeinen Willen. Dein Volk hat die Vertreter dieses Bösen schon einmal kennengelernt. Tatsächlich sollte man eher sagen, dass der Glauben deiner Rasse an diese Agenten sie überhaupt erst erschuf. Man nennt sie die Wildcaotyl; sie sind korrupte Wesen. Das Böse, dem sie dienen, ist auf meiner Skala nicht mehr messbar, und auf deiner schon gar nicht.«
    »Dann bist du hier, um uns zu retten?«
    Sie lachte laut auf, als wäre das höchst spaßig gewesen, das Lustigste der Welt. »Nein, Oliver. Ich bin ein Nagel, ein Werkzeug. Ich kann die Fensterläden vor dem Sturm zunageln, aber ich kann nicht den Sturm umleiten. Ich kann das Dorf nicht schützen, ohne es auszulöschen.«
    Ein unbehagliches Gefühl machte sich in Oliver breit, ein Gedanke, der zu schrecklich war, um ihn tatsächlich in Erwägung zu ziehen. »Du bist nicht hier, um uns zu retten. Du bist hier, um uns zu zerstören.«
    »Das Regelwerk kann man von außen nicht ändern, Oliver. Das lassen wir einfach nicht zu. Niemals. Wenn es dazu kommt, wenn es von einer sich ausbreitenden Verderbnis erfasst wird, dann wird alles ausgelöscht, alle Steine vom Brett genommen, und jedes Stückchen Materie, das du je gekannt oder berührt hast, selbst die Zeit an sich, wird vernichtet. Nichts wird dem Feind in die Hände fallen – gar nichts!«
    »Aber wir können das Ende der Welt aufhalten«, sagte Oliver. »Freier Wille. Wir haben die Wahl.«
    »Ja, bloß ist es so: Dein Volk trifft stets die Wahl, an das Falsche zu glauben, Oliver. Die Zirklistische Kirche war gut; näher an der Wahrheit, als euren Vikaren und Pfarrern bewusst ist. Einer Landbesitzerin hingegen gefällt es nicht, wenn ihre Pächter Gäste einladen, die Unruhe stiften. Du kennst die Sorte. Hasserfüllte Leute, die höher hinauswollen, als ihnen zusteht, die gegen die Wände urinieren, versuchen, sich Land anzueignen und die Drohungen ausstoßen. Wenn eine Landbesitzerin so etwas sieht, dann verfügt sie die Zwangsräumung. Und, Oliver, das kannst du mir glauben, deine Leute möchten letztlich gar nicht herausfinden, wie es ist, auf der Straße leben zu müssen.«
    »So ist das also«, sagte Oliver. »Mein ganzes Leben lang war ich nur ein Bauer in deinem Spiel der Götter?«
    »Nein«, erwiderte die Beobachterin. »Du bist mein Ritter, und mehr noch. Darüber hinaus bin ich dir sehr zugetan. Du kannst deine eigenen Züge

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