Das Koenigreich des Sommers
froh, als ich wieder auf meinem Pferd saß und hinaus auf die Straße trabte. Die Bewegung wenigstens wärmte mich. Gawain reichte mir Reste von Brot und Käse, und ich hackte mir von beidem ein Stückchen ab. Ich mochte das Essen noch weniger als in der Nacht zuvor, aber ich hatte Hunger. Gawain war offenbar auch hungrig, denn er aß auf, was ich ihm gegeben hatte, und das hatte ich eigentlich nicht erwartet.
Wir erreichten die Hauptstraße sehr schnell und brachten unsere Pferde einen Augenblick zum Stehen. Wir schauten die Straße entlang, wie sie im Nebel verschwand. Die Morgensonne strahlte verschleiert im Osten, und die Luft würde sich wohl in kurzer Zeit klären.
Gawain seufzte und wandte den Blick von der Straße ab. Er schaute mich an. »Rhys«, sagte er, dann hielt er inne.
»Herr?«
»Gestern hast du gesagt, du hättest Elidan gefunden.«
Ja, das hatte ich wohl. Ich hatte es ganz vergessen. »Ja, Herr. Sie lebt in der Abtei St. Elena, dem Schwesternhaus des Klosters Opergely.«
»In einer Abtei?«
»Sie ist Nonne geworden, Herr. Ich habe sie gefunden, weil Eivlin von der Königin verflucht wurde und krank war, und wir sind nicht weit gekommen. Die Abtei St. Elena lag am nächsten und bot uns Schutz.« Ich durfte Gwyn nicht erwähnen, daran erinnerte ich mich selbst.
»Wer ist Eivlin?«
Mir wurde klar, daß er ja gar nicht wissen konnte, daß sie existierte. Ich suchte ein bißchen nach Worten und versuchte zu erklären, und wir bogen auf die Straße ab und folgten ihr nach Westen, unter meiner Führung. Dann erzählte ich ihm einfach, was alles seit dem Streit mit Rhuawn passiert war, bis zu dem Zeitpunkt, an dem Eivlin zusammengebrochen war. Ich schloß meine Geschichte mit den Worten: »Also setzte ich sie auf das Pony, und wir gingen weiter, bis wir jemanden von St. Elena trafen. Der zeigte uns den Weg zur Abtei. Elidan arbeitet dort im Siechenhaus, zusammen mit einer anderen Schwester. Eivlin schlief noch, als Medraut kam, um mich zurückzuholen, und sie wachte auch nicht auf, was immer die Heilkundigen mit ihr anstellten. Ich hatte vorgehabt, Herr, dir einen Brief zu schicken und dich darum zu bitten, zu kommen und zu versuchen, ob du ihr irgendwie helfen kannst.«
»Natürlich«, sagte Gawain. Er schaute voller Freude nach Westen, und seine Augen strahlten. »Opergely liegt an der See, und du sagst, St. Elena ist in der Nähe?« Er brachte Ceincaled zum Galoppieren. »Elidan! Sie noch einmal wiederzusehen! Hast du mit ihr gesprochen?«
Ich trat mein Tier wild, damit es Schritt hielt, und ich wurde wütend. Elidan, Elidan, aber es war ja Eivlin, die verletzt war. Eivlin, die ihr Leben riskiert hatte. »Ja. Aber kannst du Eivlin helfen?«
Er zuckte die Achseln, bemerkte meinen Blick und ließ Ceincaled wieder gehen. »Ach, es muß dir eine große Sorge sein.«
»Das sollte es auch. Sie hat mir das Leben gerettet, und ich habe vor, sie zu heiraten.«
Sein verblüffter Blick wurde langsam zu einem fröhlichen Lächeln. »Das ist es also. Dann freue ich mich für dich, Vetter.« Er schaute wieder die Straße an. »Wahrscheinlich kann ich dir helfen. Oder viel mehr kann ihr dadurch geholfen werden, daß ich da bin, mit meinem Schwert. Ich weiß es nicht. Ich habe so etwas noch nie getan. Aber du kannst Hoffnung haben, und ich will alles tun, was ich kann. Trotzdem, sieh mir nach, Rhys, daß ich krank danach bin, Elidan zu sehen. Was hat sie zu dir gesagt?«
Er sagte nicht mehr als die Wahrheit, wenn er mir versprach, sein Möglichstes für Eivlin zu tun, das wußte ich. Aber er sehnte sich nach Elidan, und er würde sich um wenig mehr kümmern. Seine Frage war schwer zu beantworten, und eine Weile brütete ich vor mich hin und rieb einen Fleck auf dem Sattel. Schließlich schaute ich ihn wieder an. Er beobachtete mich wie der Falke seines Namens, der einen Eindringling beobachtet. Es war am besten, seinem Blick offen zu begegnen und nur die Wahrheit zu sagen. »Sie war. zornig, verängstigt, als sie herausfand, daß ich dein Diener bin. Aber sie hat mich nicht für das büßen lassen, was du vor acht Jahren getan hast. Dennoch hat sie dir nicht verziehen, und ich glaube, in ihrer Phantasie denkt sie sich die Dinge noch schlimmer, als sie eigentlich sind. Sie trauert über ihre Ehre, die sie ihrer Meinung nach verloren hat. Sie sagt, sie wird dir nicht vergeben, aber sie will mit dir sprechen.«
»Oh.« Er wandte den Blick ab. Selbst ohne daß ich ihre bitteren Anschuldigungen wiederholte,
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