Das Koenigreich des Sommers
war es schlimm genug. Nach einer Weile sagte er: »Nun, ich werde sie trotzdem um Verzeihung bitten, und es wird trotzdem süß sein, sie wiederzusehen. Geht es ihr gut? Wirkt sie glücklich?«
»Sie befindet sich in ausgezeichneter Gesundheit, und wenn ich alles richtig verstanden habe, dann wird sie wahrscheinlich die nächste Äbtissin des Klosters. Ich glaube, sie ist mit ihrem Leben zufrieden, und sie wirkt glücklich genug.«
Das freute ihn. »Ich hatte befürchtet, man würde sie ihr ganzes Leben dafür tadeln. Für die Schwester eines Königs ist es etwas Fürchterliches, daß sie bekanntermaßen mit dem Mann geschlafen hat, der ihren Bruder umgebracht hat. Gut. Ich bin froh, daß du sie gefunden hast.« Er wurde still, und er begann über das zu brüten, was ich gesagt hatte.
Zufrieden mit ihrem Leben, dachte ich, während ich ihn anschaute. Ich erinnerte mich an das unterdrückte Lächeln, das sie Gwyn geschenkt hatte, als ich sie kennenlernte. Nun, irgendwie ging es ihr gut, sie hatte es bequem, und ganz deutlich liebte sie ihren Sohn. Ihr Leben war weniger ruiniert als das Gawains, dachte ich. Aber sie gab sich selbst ja auch nicht die Schuld für das, was geschehen war, und er tat es. Ich fragte mich, wie Gawain wohl Gwyn finden würde und welchen Eindruck er bei dem Jungen hinterlassen würde. Einen sehr guten, ohne Zweifel.
Vielleicht änderte Elidan auch ihre Meinung, wenn sie Gawain wiedersah. Sie hatte ihn ja einmal sehr leidenschaftlich geliebt.
Gawain rieb wieder die Schwerthand an seinem Schenkel, und ich war sicher, daß er alles, was er getan hatte, im Licht dessen betrachtete, was ich ihm gerade erzählt hatte. Ich wußte, er würde bald zusammen mit Elidan zu dem Schluß kommen, daß seine Tat unverzeihlich war. Gott schütze mich vor solch einem Gewissen. Teilweise, um ihn abzulenken, und teilweise, weil ich es wissen wollte, fragte ich: »Wie kam es eigentlich, daß du mit Morgas zusammen warst, als Medraut mich zurückbrachte, Herr? Hast du meine Botschaft gefunden?«
Er kam wieder zurück in die Gegenwart. Er war bereit, höflich zu sein. »Deine Botschaft? Ach, das Schwert und die Fibel. Ja. Hier.« Er tastete unter dem Kragen seines eigenen Umhangs und zog die gleiche Fibel heraus, die noch immer ein bißchen verbogen war. Ich nahm sie, löste den Knoten, mit dem ich meinen Umhang festgebunden hatte, und sicherte den groben Wollstoff mit der Nadel. Das war viel besser.
»Hast du denn alles verstanden? Komm, Herr, sag mir, was in Degganwy passiert ist.«
Er zuckte die Achseln, tätschelte Ceincaleds Hals und dachte einen Augenblick nach, ehe er zu erzählen begann. »Ich war besorgt an dem Abend, als du verschwunden bist«, sagte er endlich. »Degganwy ist ein übler Ort, und vieles hätte geschehen sein können. Ich fragte Rhuawn, ob er dich gesehen hätte, und der war verärgert und unruhig. >Er hat sich mir gegenüber unverschämt benommen<, sagte Rhuawn, >deshalb habe ich ihm einen Schlag versetzt. Wahrscheinlich ist er deswegen weggelaufen<. Und er sagte mir, ich solle dich deswegen verprügeln.« Gawain lächelte traurig. »Ach, dieser Rhuawn. Er ist ein guter Kerl, tapfer und ehrbar und großzügig, aber er ist zu sehr der Clansmann und zu sehr der Krieger, und das verzerrt seine Sicht der Dinge. Ein paar von Maelgwyns Kriegern sagten mir, Rhuawn hätte dich im Streit niedergeschlagen, aber niemand hätte dich seitdem wieder gesehen. Ich habe nicht gedacht, daß du weggelaufen wärst, aber ich konnte nichts tun. Dennoch mißtraute ich Rhuawn. Medraut hatte ihn angelogen, immer wieder und wieder, und ich wußte nicht mehr, was Rhuawn dachte oder fühlte. Medraut hat auch dich angelogen, aber ich glaubte, dir könnte ich weiterhin vertrauen.« Er bemerkte meinen Blick und fügte hinzu: »Nun, du gehörst auch nicht zu denen, die hinter der Hand etwas planen oder sich feingeschliffene Rechtfertigungen von Unwahrheiten anhören. Und vielleicht ist ein Krieger, der oft zu fremden Königen geschickt wird, mit der Zeit in der Lage, ein Gesicht zu zeigen, das nicht ihm gehört. Selbst wenn er an sich ehrlich ist, mißtraut er dann all seinen Kameraden. Also mißtraute ich auch Rhuawn. Früh am nächsten Morgen verließ ich die Festung, weil ich dachte, du wärst vielleicht auch gegangen. Ich hoffte, du hättest mir eine Botschaft hinterlassen. Und dann fand ich die Nachricht. Das Schwert und die Fibel sprachen eine deutliche Sprache: Medraut hatte dich bedroht. Eine Zeitlang habe
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