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Das Koenigreich des Sommers

Das Koenigreich des Sommers

Titel: Das Koenigreich des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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und schaute mich an. Sein Blick war ein bißchen traurig, während er aufmerksam mein Gesicht durchforschte.
    »Wie oft hat mein Bruder dich geschlagen?« fragte er ruhig.
    Ich starrte ihn an.
    »Ach, komm, du willst mir doch nicht sagen, daß du eine Schramme im Gesicht hast, weil du gegen die Tür gelaufen bist, oder?«
    Ich zuckte die Achseln. »Er hat mich nur einmal geschlagen, aber sehr fest.«
    Gawain seufzte und setzte sich. Er drehte die Kerze in den Fingern. Der Docht beschrieb einen kleinen roten Kreis, während er herumwirbelte. »Agravain ist gekommen und hat mir gesagt, ich soll Dienern keine wertvollen Fibeln schenken. Er hat mich auch vor Unverschämtheit gewarnt. Es tut mir leid, wenn ich dir Ärger gemacht habe.«
    Ich schaute Gawain an, während er das Ende seiner Kerze anstarrte, und sein feingeschnittenes, mageres Gesicht sah müde und besorgt aus. Plötzlich, ohne an seinen Namen und an seine Verdienste zu denken, mochte ich ihn sehr.
    »Er hat die Fibel erst bemerkt, nachdem er mich geschlagen hatte«, meinte ich. »Herr, manche Männer reden mit den Fäusten, und ich hatte es erwartet, als ich dich darum gebeten habe, mitzudürfen.«
    Gawain schüttelte den Kopf. »Agravain ist ein guter Mann. Er hat nur das Gefühl, daß er. seine Stellung und seinen Stand vertreten muß. Außerdem weiß er nicht, wie man mit Menschen redet.«
    Ich dachte, daß Agravain vielleicht für diejenigen ein guter Mann war, die er für »Menschen« hielt, aber ich hatte das Gefühl, daß nur ein winziger Teil der Menschheit dazugehörte. Dennoch nickte ich zur Antwort auf Gawains Bemerkung. »Mein Herr, darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Mit meinen Vettern hatte ich schlimmere Auseinandersetzungen.«
    »Aber Agravain schlägt hart zu, und du konntest ihn nicht zurückschlagen.«
    »So hart schlägt er nun auch wieder nicht.«
    »O doch. Ich kann mich noch an seine Prügel erinnern. Sehr deutlich.«
    Auf meinen überraschten Blick fügte Gawain hinzu: »Ich war nicht immer ein guter Krieger, weißt du. Und Agravain ist mehr als drei Jahre älter als ich. Er weiß, wie man beleidigt. Ich hatte nicht daran gedacht, als ich zustimmte, dich mitzunehmen.«
    »Herr«, sagte ich verärgert, »die Tatsache, daß ein Mann das Gefühl hat, seinen Stand deutlich zu machen, und zwar auf meine Kosten, ist kein Grund für mich, nicht hierzubleiben.«
    »Aber es gibt andere, die sich vielleicht genauso benehmen. Da ist ja noch Cei. Ich weiß, er stößt Diener aus Prinzip herum. Und er lebt hier, in diesem Haus.«
    Ich hatte von Cei gehört. Wenn Gawain sich Ruhm als der beste Krieger in Artus’ Kavallerie erworben hatte, dann war Cei ap Cynyr der beste in der Infanterie. Über ihn gab es fast so viele Lieder wie über Gawain, und in den meisten wurde erwähnt, daß er eine schwere Hand und ein wildes Temperament besaß. Wenn ich bei Gawain in Camlann blieb, dann würde es vielleicht ein bißchen ermüdend werden, im gleichen Haus mit Cei und Agravain zu leben. Aber andererseits. »Herr, wenn ich gar nicht hier wohne, was spielt es dann für eine Rolle, wo Cei lebt oder Agravain, wenn es darum
    geht?«
    Gawain blickte schnell von der Kerze auf, deren Docht endlich aufgehört hatte zu glimmen. »Was? Du willst doch nicht zurück nach Hause?«
    »Nein. Aber du hast gesagt, du würdest mir in Camlann einen anderen Herrn suchen.« Gawain schwieg. »Du hast mir gesagt, du wolltest keinen Diener.«
    »Ach ja. Das hab’ ich wohl.« Er warf die Kerze ins Feuer, stand auf, lehnte sich gegen die Wand und sah zu, wie sie brannte. »Das hatte ich ganz vergessen.« Sein Blick wandte sich vom Feuer ab, und er sah mich an. »Wärst du denn gewillt, nicht zu einem anderen Herrn zu gehen? Würdest du bei mir bleiben?«
    Ich holte tief Luft und fummelte an der Mantelschließe herum. Ich kannte meine eigenen Wünsche gut genug. Dafür, daß ich diesen Mann erst seit einer Woche oder so kannte, wußte ich genau, daß ich ihm mein Leben und meine Ehre anvertrauen konnte. Ich wußte, daß es nicht abwürdigend oder unehrenhaft war, ihm dienen zu müssen, daß ich mit Sicherheit in der Lage sein würde, viel für das Licht zu tun. Und es würde harte Arbeit werden, mit noch mehr langen Reisen und noch mehr kalten Nächten in Ställen - wahrscheinlich auch unter freiem Himmel. Ich würde wenig Essen bekommen und lange Stunden arbeiten müssen und reichlich Feinde haben. Aber ich wünschte es mir, weiß Gott. Und außerdem mochte ich den

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