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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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stehen.«
    Der Kommodore hielt Amelia zurück, bevor sie den Gefangenen vom Stuhl schlagen konnte. Er sah Bull fest in die Augen. »Ist es nicht eine verdammte Schande, dass die Besatzung des jackalianischen Luftschiffs, als sie dich an der Oberfläche aufbrachte und deine Laderäume voll mit bemitleidenswerter, craynarbischer Ware waren, nicht auch genauso dachte?«
    »Jackals kann mich mal!«, fluchte Bull, »und du kannst mich auch mal, Dicker. Wir haben getan, was nötig war, um zu überleben. Du hast dich angepasst, Black, du hast unsere Sache vergessen und dich bestechen lassen von weichen Laken und Schinken mit Honigkruste. Heute zahlst du deine Steuern ans Parlament wie jeder gute, dicke Krämer.«
    Amelia wandte sich an Quests Anwalt, der noch immer
an der Tür stand. »Lassen Sie seinen Helm holen und ihn dann wieder ins Wasser werfen. Wir sind mit ihm fertig.«
    »Verdammt noch eins«, brüllte Bull, »ich habe nicht gesagt, dass ich euch nicht helfen will.«
    »So ist es recht«, sagte der Kommodore nach einer angemessenen Pause. »Jetzt erinnerst du dich an deine Mannschaft, die neben dir in deinem Tank herumschwimmt, und fängst endlich an, wie der Skipper zu denken, der du einmal warst, und nicht wie der Mensch, der du geworden bist. Hier ist unser Angebot: Du und deine Leute, ihr bildet meine Mannschaft, Bull, und unternehmt mit mir eine kleine Spritztour nach Liongeli. Ich sorge dafür, dass eure Wasserstrafen auf dem Papier in Deportation umgewandelt werden – nicht in die Kolonien, sondern in die Plantagen bei Rapalaw Junction. Ich nehme eure Papiere an mich, und jeder, der lebendig mit mir nach Jackals zurückkehrt, wird am Ende unserer Reise ein freier Bürger sein.«
    »So viel Einfluss hast du jetzt?«
    »Ich nicht«, sagte der Kommodore. »Aber der alte Blacky kennt einen Krämer, der so etwas arrangieren könnte.«
    Nun schien der Gefangene seinen Widerspruchsgeist verloren zu haben. »Also hast du dich vom Haus der Hüter kaufen lassen, oder was?«
    »Und du lässt dich von mir kaufen«, stellte der Kommodore fest, der sich seitlich gegen die Jacke klopfte. »Wir haben übrigens jede Menge gut bewaffneter Soldaten an Bord, mit scharfem Stahl und reichlich Munition,
um dafür zu sorgen, dass du dich eng an meinen Kurs hältst.«
    »Nur für den Fall, dass du darüber nachdenken solltest, mit unserem Tauchboot durchzubrennen«, setzte Amelia hinzu.
    Black winkte dem Gefangenen zu. »Du wirst sie mögen, wenn du sie siehst, Bull, ganz bestimmt.«
     
    Er war ein guter Soldat der Zweiten Brigade der Revolutionären Volksarmee, und daher klopfte der blau berockte Gefreite mit seinem bajonettverstärkten Gewehr respektvoll auf den Boden, als er den Landsmann Oberst Tarry erkannte. Wie alle vertrauenswürdigen Carlisten trug auch er eine rote Feder an seinem Dreispitz. Nicht, dass man Tarrys Ergebenheit für die Revolution je hätte infrage stellen können. Jedenfalls nicht, wenn man auf seine Sicherheit bedacht war.
    Tarry ließ einen Finger über das Bajonett des Soldaten gleiten und prüfte den Schliff. »Wie ich sehe, gibt es in diesem Lager wenigstens einen Wachposten, der weiß, wie man sein Besteck mit einem Wetzstein scharf hält.«
    Der Gefreite nahm eine noch aufrechtere Haltung an. »Man vergisst nicht, was man im Feld gelernt hat, Landsmann Oberst. Ein scharfes Bajonett ist ein einsatzbereites Bajonett.«
    »Ein Mann mit Kampferfahrung, gut.« Der Oberst beugte sich ein wenig vor; zwar war niemand in der Nähe, der ihr Gespräch hätte hören können, aber leichte Paranoia war eine gesunde Reaktion auf den Zustand, in
dem sich die Gesellschaft von Quatérshift gegenwärtig befand. Tatsächlich war starke Paranoia sogar noch gesünder. »Der Gefangene Sechsundsiebzig ist nicht produktiv. Das Lagerkomitee bringt schon seit Monaten Entschuldigungen für ihn vor, aber ehrlich gesagt … ich bin enttäuscht. Haben Sie irgendjemanden vom Lagerkomitee einmal gemeinwohlfeindliche Äußerungen machen hören?«
    »Der Gefangene ist ein Aristokrat, Landsmann Oberst«, erwiderte der Gefreite. »Wir verhätscheln ihn mit Kohlen für sein Feuer und zwei Mahlzeiten täglich. Um einen Blutsauger wie ihn in ein produktives Mitglied des Gemeinwesens zu verwandeln, wäre wohl eine etwas direktere Herangehensweise nötig …«
    »Direkt, ja, das gefällt mir«, sagte der Oberst. »Ja, in den Gideonskragen, ein Bolzen in den Hals, und dann sollen seine Überreste die Felder des Volkes düngen. Nun, wir

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