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Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman

Titel: Das Koenigreich jenseits der Wellen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hunt
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Augengläsern unter ihren Tschakos, von denen ein einzelner Schlauch wie die Schnauze eines Ameisenbären herabhing. Amelia konnte das ekelerregend süßliche Gas bereits wahrnehmen, ein Hauch von Zunder und die Verheißung brennender Lungen lagen in der Luft. Dass sie es bereits spüren konnte, ließ ihre Haut kribbeln, und sie musste sich zusammennehmen, um nicht in Panik auszubrechen. Dreckgas sollte eigentlich human sein – erst sorgte der Mangel an Sauerstoff im Gehirn für Bewusstlosigkeit, und dann wurden schnell
die Lungen der Zielpersonen außer Funktion gesetzt –, aber sie legte keinen Wert darauf, die Propagandasprüche der Aerostatischen Marine einer genauen Prüfung zu unterziehen.
    Amelia kletterte rasch in das sichere Turmluk, und durch ein Bullauge konnte sie die entsetzliche Szenerie verfolgen: Gaswolken trieben über den Fluss und verhüllten die Stadtmauern, Matrosen und Seeleute rannten durch den Hagel von Fischen mit Teufelsstacheln und vollführten verzweifelte Pirouetten, wenn ihre Körper getroffen und durchbohrt wurden. Das Rattern von Gewehrschüssen hallte unheimlich durch den Nebel, und dann kam Eisenflanke aus diesem düsteren Dunst des Todes. Der Dampfmann ging rückwärts, und seine vier Arme vollführten einen stählernen Tanz. Auf seinem Jägerhut prangten die Hörner des craynarbischen Medizinmanns, die an jenen Stellen, an denen sie vom Schädel ihres früheren Besitzers abgetrennt worden waren  – mit roher Gewalt, wie Amelia vermutete – noch Blutspuren zeigten. Drei wutentbrannte craynarbische Krieger traten ebenfalls aus dem Nebel und stießen mit ihren speerartigen Federbüchsen nach dem Dampfmann, während er sie mit dem Ruf einer Dschungel-Mondkröte verspottete. Die wilden Panzer hatten sich etwas über die Gesichter geschnallt, das wie eine nasse Schnecke aussah, einen Sack pulsierenden, schwarzen Fleisches. Es war ihre Antwort auf das Dreckgas der Rotröcke.
    Bull Kammerlan duckte sich durch das Luk des Geschützturms,
den blutigen Leib eines seiner Matrosen über die breiten Schultern geworfen. »Masken! Ein paar von ihnen haben Gasmasken. Seit Jahrhunderten sind sie vor dem Stützpunkt vergast worden, und jetzt haben die verdammten wilden Panzer eine Möglichkeit gefunden, sich dagegen zu schützen.«
    Amelia beschlich der Verdacht, dass Bulls Sklavenjagd an den Flussufern entlang die Stämme ebenfalls an den Umgang mit dem Gas gewöhnt haben mochte, ebenso sehr wie ihre Angriffe auf den Handelsposten, aber sie hielt den Mund. Nun schob sich Veryann durch die überlebenden Matrosen und steckte ihren Karabiner in sein Halfter zurück, der an ihrem Bein befestigt war. »Die Pfeile der Federbüchsen können an unserem Rumpf keinen Schaden anrichten, aber wenn sie es mit ihren improvisierten Granaten versuchen sollten …«
    Amelia glitt die Leiter zum Fahrstand hinunter. Kommodore Black stand am Periskop und sah zu, wie die Kriegsflöße aus dem Gasnebel auftauchten und genau auf die Sprite zuhielten.
    »Vorbereiten auf Tauchstation!«, rief der Erste Maat. »Alle ins Schiff! Rapalaw wird sich selbst verteidigen müssen.«
    »Die wilden Panzer sind wegen irgendetwas völlig außer sich, Jungs.« Black zog ein Sprachrohr aus der Wand. »T’ricola, ich würde jetzt gern ein paar aufmunternde Worte über den Zustand unserer Gasreiniger hören.«
    Billy Snow legte einen Schalter auf seiner Konsole um, und die Stimme der Craynarbierin hallte aus einem
Lautsprecher über ihren Köpfen. »Noch zwei Minuten, Skipper, vielleicht auch fünf.«
    »Gabriel?« Der Kommodore sah seinen Ersten Maat an.
    »Tauchstationen klar, Kommodore. Die Schotten sind dicht und versiegelt.«
    »Zeit, unsere Zähne zu zeigen«, knurrte der Kommodore.
    Amelia übernahm das Sehrohr. Die Kriegsflöße waren nun größer zu sehen und befanden sich beinahe über dem Tauchboot. »Sie sind zu klein, um sie mit Torpedos zu treffen, oder, Jared?«
    »Ich würde meine kostbaren glasumhüllten Fischchen nicht an diese Geschöpfe verschwenden, Professorin«, sagte der Kommodore. Er wandte sich an Billy Snow. Der Blinde trug eine schwere Eisenkuppel auf dem Kopf, aus der einige Kabel heraushingen. »Lukenlanzen?«
    »Hören Sie nicht schon, dass sie vor Bereitschaft summen, Skipper?«
    »Diese Wanzen da oben sind jetzt nahe genug an meiner alten Lady, Billy. Jetzt sollen auch sie das Summen hören.«
    Billys Finger drückte einen Knopf auf der Konsole. Von der Außenhaut des Schiffes war ein leises

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