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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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Auge in Auge mit Joe Streater.
    »Henry Lamb!«, rief er und machte einen Schritt auf mich zu. »Was für ein Zufall!«
    Ich gab mir Mühe, nicht zurückzuzucken. »Ich glaube nicht an Zufälle«, entgegnete ich. »Die gibt es nicht.«
    Der Blonde setzte wiederum sein brutales Lächeln auf. Ohne ein Wort, so als handle es sich hier um nichts weiter als irgendeine Aufgabe, die er rasch und sauber hinter sich bringen musste, ehe er mit seinem Leben fortfuhr, versetzte er mir einen gewaltigen Hieb in die Magengrube.
    Überhaupt nicht gefasst auf diesen Ausbruch roher Gewalt, ließ mich der Schmerz vornüberklappen. Mein Mund wurde trocken vor Übelkeit.
    Streater riss mich hoch, und dann tat er es noch einmal: Er verabreichte mir einen weiteren mörderischen Hieb in die Eingeweide.
    Als ich wankte, unfähig, auch nur ein Mindestmaß an Defensivhaltung aufzubringen, erblickte ich Abbey, die zusah, wie ihr Freund mich fachmännisch zusammenschlug; offenbar entsetzt von dem, was sie miterleben musste, hielt sie sich die Hand vors Gesicht, wie um sich den Blick auf das, was sich vor ihren Augen abspielte, zu ersparen.
     
    Denkste.
    Unsere Theorie ist es, dass das Mädchen lachte und dass die Hand vor ihrem Gesicht nur dazu da war, ihre Erheiterung zu verbergen!
     
    Streater zerrte mich ins Wohnzimmer, packte einen Stuhl und drückte mich darauf. Ich machte einen verbissenen Versuch, ihm zu entkommen, doch der erwies sich rasch als vergeblich, denn Joe holte plötzlich von irgendwo eine dicke Rolle Klebeband hervor (ich traue ihm durchaus zu, es schon mitgebracht zu haben) und fesselte mich an den Stuhl, zurrte meine Hand- und Fußgelenke mit routinierter Gründlichkeit fest und klebte mir einen Streifen über den Mund. Schon jetzt hatte ich den metallischen Geschmack von Blut an den Zähnen – und die Aussicht, mich demnächst zu übergeben.
    Als er fertig war, zwinkerte Joe Streater mir zu. »Passt alles so, Chef?«
    Abbey legte eine Hand auf seinen Arm. »Ist das wirklich notwendig?«
    Streater antwortete ihr mit einem Kuss, und mir blieb keine andere Wahl, als zuzusehen, wie ihre Lippen die seinen berührten – und es ihr allem Anschein nach gefiel.
    Joe löste sich von ihr und schnappte nach Luft. »Komm, gehen wir nach nebenan«, sagte er. Nachlässige Autorität lag in seiner Stimme, die Sicherheit, nie enttäuscht zu werden. Meine Abbey lächelte und ging voran.
    Die nächsten paar Minuten waren ziemlich schwer für mich, als ich – festgezurrt an diesem Stuhl, zu keiner Bewegung fähig, den Geschmack von Blut und Scham zu gleichen Teilen auf der Zunge – von nebenan alles mit anhören musste. Das Scharren und Keuchen beim Offnen von Schuhbändern, das Klicken von Gürtelschnallen, das Rascheln von Kleidern, die hastig ausgezogen wurden, und dann – das Quietschen der Matratze, der Rhythmus des knarrenden Bettes, das Stöhnen und Kreischen und schrille Aufjaulen der Lust. Ich frage mich, ob sie es genossen hat. Ich frage mich, wie sie das tun konnte.
     
    Natürlich hat sie es genossen! Wie denn auch nicht? Henry Lambs täppische Beglückungen, stümperhaft durchgeführt und dilettantisch vollzogen, hatten wohl kaum ihren Puls erhöht! Ihre Gedanken waren ständig bei der wendigen, biegsamen Gestalt Joe Streaters. Die ganze Zeit, die sie mit Henry verbrachte – wann immer ihr Untermieter sie küsste, liebkoste oder zaghaft an ihr knabberte –, hatte sie Joe im Sinn. Und als Streater sich an diesem Nachmittag mit ihr ins Bett legte, fühlte es sich für sie an wie eine Heimkehr. Es war eine glorreiche, orgastische Bestätigung der Wahl, die sie getroffen hatte.
     
    Als es vorüber war, kam Abbey, um mir Lebewohl zu sagen.
    Sie fragte mich, ob ich weinen würde. Ich schüttelte grimmig den Kopf.
    »Ich nehme an, du fragst dich, warum … warum ich mich für ihn entschieden habe und nicht für dich. Na ja, es muss stechen und brennen, das alles – es muss Biss haben!«
    Hinter dem Klebeband röchelte ich zustimmend.
    »Es tut mir wirklich leid, dir das gestehen zu müssen, Henry, aber letztlich war es gar nicht schwer.«
    Ich röchelte wieder.
    »Du bist einfach zu nett«, sagte sie. »Du müsstest ein wenig Härte in dir haben. Und Joe … nun, Joe ist stahlhart durch und durch.«
    Das bist nicht du, Abbey!, wollte ich sagen. Lieber Himmel, Abbey, das bist doch gar nicht du!
    »Joe kennt mich, er weiß genau, was ich brauche«, fuhr sie fort. »Und du … du hast mich ja nie wirklich kennengelernt.« Sie

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