Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
Vom Netzwerk:
wirklich keine solche Mühe machen müssen …«
    Sie kam ins Wohnzimmer zurück, in den Händen zwei Gläser mit etwas Sprudelndem, auf dem Eiswürfelchen schwammen.
    »Was ist das?«, fragte ich, als ich mein Glas entgegennahm.
    »Ein Cocktail!«, strahlte sie. »Hausgemacht. Koste mal!«
    Ich nahm einen versuchsweisen Schluck – prickelnd, süß, angenehm entspannend. Ermutigt nahm ich einen zweiten Schluck. Und dann noch einen. Und es war nur die Anwesenheit meiner Zimmerwirtin, die mich davon abhielt, das ganze Zeug auf einmal in mich hineinzuschütten.
    »Wunderbar! Was ist da drin?«
    Abbey zog eine Augenbraue hoch. »Berufsgeheimnis.« Sie griff nach einer Schachtel Streichhölzer und zündete die Kerze an. »Wünsch dir was.«
    Ich schloss die Augen, blies die Kerze aus und wünschte mir etwas, das für kurze Zeit in Erfüllung gehen sollte.
    »Es gibt noch etwas.« Abbey huschte in ihr Zimmer und kehrte mit einem weichen Päckchen zurück, das sie mir aufgeregt in die Hand drückte. »Bitte schön.«
    »Aber das ist zu viel!«, protestierte ich und spürte, wie sich die Röte vom Hals ausgehend allmählich über mein ganzes Gesicht hinzog.
    »Ich war mir nicht sicher, welche Größe. Aber ich habe die Rechnung aufgehoben, falls er nicht passt.«
    Ich riss das Papier auf und enthüllte einen hoffnungslos scheußlichen Pullover mit V-Ausschnitt – haargenau in der Farbe unreifer Zitronen.
    »Wunderschön«, log ich, und weil es so leicht gegangen war: »So einen wollte ich immer schon haben.« Ehrlich gesagt, sah Abbey in diesem Moment so umwerfend aus, dass ich mich auch für ein totes Wiesel in Geschenkpapier bedankt hätte.
    Sie strahlte, ich dankte ihr ein zweites und drittes Mal, und es folgten zwei linkische Sekunden, in denen ich versuchte, sie auf die Wange zu küssen, nur um dann zu kneifen und ihr meine Hand hinzuhalten.
    »Probierst du es denn nicht einmal?«, fragte sie.
    Ich zuckte zusammen; Panik fuhr mir in die Eingeweide. »Was denn?«
    Ein – beinahe verschmitztes – Lächeln. »Na, dein Geschenk.«
    Während ich den Pullover überzog, schnitt Abbey uns großzügige Tortenstücke zurecht. »Habe ich selbst gemacht«, sagte sie. »Könnte interessant werden.«
    »Was hältst du davon?«, fragte ich, nachdem ich mich in mein Geburtstagsgeschenk gequält hatte.
    »Sehr hübsch«, stellte Abbey fest. »Geschmackvoll.«
    Ich glaube, ich wurde wieder rot, jedenfalls sagte ich nichts mehr, als wir uns auf dem Sofa niederließen und schweigend die Torte aßen.
    Abbey rückte ein bisschen näher.
    »Danke für die Torte«, sagte ich. »Und für das Geschenk.«
    Sie seufzte; es klang frustriert. »Henry?«
    »Ja?«
    »Du kannst mich jetzt küssen.«
    Ich starrte sie an wie ein Idiot, während mir Tortenkrümel aus dem Mund fielen.
    Mein Handy begann zu summen. Später gestand mir Abbey, dass sie sich in diesem Moment gewünscht habe, ich würde es abschalten und mich einfach auf sie stürzen, aber ich glaube, der kleine Feigling in mir war ganz dankbar für die Unterbrechung.
    »Hallo?«, meldete ich mich mit matter Stimme.
    »Mein Schatz! Alles Gute zum Geburtstag!«
    »Danke«, sagte ich. »Herzlichen Dank.«
    »Tut mir leid, dass ich kein Geschenk für dich habe. Du kriegst Geld von mir, sobald wir zurück sind. Ich weiß, du machst so gern Päckchen auf, aber schließlich bist du schon ein großer Junge, und da ist dir das Geld doch lieber, oder?«
    »Sicher. Klingt gut.«
    »Machst du dir einen schönen Abend? Irgendwas Besonderes?« Sie unterbrach sich und fuhr misstrauisch fort: »Du bist doch nicht etwa in der Klinik? Bei dem alten Lumpensack?«
    »Keineswegs. Ich bin zu Hause … zusammen mit einer Bekannten.« Ich warf einen Blick auf Abbey, um zu sehen, ob diese Beschreibung in Ordnung ging, und sie antwortete mit einem ungeduldigen Lächeln.
    »Ich muss jetzt auflegen, Mama.«
    »Mach’s gut, Lieber.« Am anderen Ende vernahm ich polterndes Gelächter in Basstönen.
    »Also, tschüs«, sagte ich leise.
    »Tschüs, mein Schatz.«
    Ich schaltete das Handy ab und schleuderte es in eine Zimmerecke. Abbey sah mir mit amüsierter Miene dabei zu.
    »Deine Mama?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Sieht so aus.«
    »Gut.« Abbey streckte sich und kuschelte sich in die Sofaecke.
    »Hör mal«, sagte ich so ruhig wie möglich, »das Angebot, bevor das Telefon klingelte – gilt das noch? Wäre es …«
    Abbey warf sich auf mich. In dieser himmlischen Minute spürte ich den harten

Weitere Kostenlose Bücher