Das Königsmädchen
du?«
»Ich würde mich für dich entscheiden« sagte ich.
»Lilia! Hast du mir gar nicht zugehört?«
»Briar, hör du mir zu.« Unter Schmerzen richtete ich mich auf und unsere Gesichter waren nah aneinander, ich konnte seinen Atem auf meiner Haut spüren. »Es ist mir egal, was du Schlimmes getan hast. Als Akash es vorhin gesagt hat, wurde es mir klar.«
Briar schien mir nicht folgen zu können.
»Ich würde dich nicht verraten«, sagte ich. »Nein. Ich hätte alles genauso gemacht, wie du. Ich hätte mich auch für dich entschieden! Und glaub mir, ich hätte alles getan, damit du lebst Briar.«
Überrascht von meinen ehrlichen Worten erholte sich sein kühler Gesichtsausdruck, aber lächeln konnte er trotzdem nicht. »Briar. Ich liebe dich und ich habe es von Anfang an getan. Es ist auf einmal alles so klar.«
Ich blickte ihm tief in die Augen und lächelte. Seit langem war ich glücklich. In seiner Nähe, seinen Armen, an seiner Brust. Er drückte mich fest an sich und ich ignorierte den Schmerz am Rücken.
Mit geschlossenen Augen genoss ich den Moment völliger Ruhe und Einigkeit. Da spürte ich plötzlich, wie er zitterte.
»Briar?« Ich versuchte ihm ins Gesicht zu sehen, doch er drückte mich noch fester, als könnte eine Trennung für immer sein. Als wollte er mich nie wieder loslassen, und auch ich würde am liebsten für immer in dieser Position verharren. Seine Hand legte sich über meine Narben am Hals und ich genoss seine Berührung.
»Oh, Briar, wir bleiben hier, ja? Wir bleiben bei ihnen, wenn du willst.« Ich wollte, dass es immer so weiter ging. Es war so schön. Wir waren uns zum ersten Mal unserer Gefühle sicher. Er liebte mich und ich liebte ihn. Nichts konnte uns trennen. Und da begann Briar doch zu berichten: »Ich bin zum Tempel gegangen. Ich habe den Stein gestohlen. Im Tempel war es so ruhig. Die Wachen haben sich richtig erschrocken, als ich im Korridor zur Kapelle erschien, mitten in der Nacht. Natürlich haben sie gefragt, was ich um diese Zeit in der Kapelle suche, doch ich habe ihnen erklärt, dass ich für dich den heiligen Stein anbeten möchte – damit du wieder zurückkommst. Natürlich haben sie mir geglaubt und so dachte ich, es würde ein Leichtes sein. Als ich die Kapelle betrat, ging ich ruhig durch die Halle, ich wollte keine Aufmerksamkeit erregen. Ich hatte den leuchtenden Stein so im Blick, dass ich gar nicht gemerkt habe, dass bereits jemand in der Kapelle war.«
»Meine Mutter«, flüsterte ich, doch es war mehr ein Hauchen. Ich konnte sie sehen, sie mir leibhaftig vorstellen, so wie damals, als ich sie wimmern gehört hatte. Briar nickte.
»Als ich nach dem Stein greifen wollte, sprach sie mich an. Sie sagte: › Glaubst du, so könntest du Lilia retten? ‹ Und ich erklärte ihr, dass du in Gefangenschaft bist und ich den Stein brauche.«
Ich konnte mir meine Mutter so bildlich vorstellen, dass sich die kleinen Härchen auf meinen Armen aufstellten.
»Ich habe ihr erklärt, dass ich mit Akash die Abmachung hatte, wenn ich ihm den Stein bringe, bekomme ich im Gegenzug dich. Doch sie glaubte mir nicht. Lilia, sie verhielt sich so merkwürdig. Sie sagte: ›Nichts kann Lilia retten, sie ist genauso verloren, wie mein Mann. Nun bin ich ganz allein!‹ Ich hatte Angst, dass sie die Aufmerksamkeit der Wachen auf uns ziehen würde. Ich sagte ihr immer wieder, dass du lebst und ich dich retten kann, doch sie hörte gar nicht richtig hin. Und dann passierte es ganz plötzlich. Sie riss den Stein an sich und rief: ›Töte mich, Briar! Töte mich! Ansonsten schreie ich nach den Wachen!‹ Mich hatte gewundert, dass sie nicht längst bei uns waren, weil sie so laut schrie.«
Ich konnte sehen, wie sich die Bilder in Briars Kopf schlichen und er dagegen ankämpfte. Er verzog das Gesicht, kniff die Augen zusammen, als könne er die Geschehnisse verhindern. Doch es war alles passiert.
Er stockte in seiner Erzählung und ich hatte mich nun aus seiner Umarmung befreit. Ich wollte, dass er weitersprach. Was war mit meiner Mutter geschehen, dass sie ihm den Stein doch noch gegeben hatte? Was hatte Briar getan, um den Stein zu bekommen? Hatte er etwa wirklich …?
Furchtbare Bilder erschienen vor meinem inneren Auge und es kam mir vor, als wäre ich in der Vision, von der Atira mir erzählt hatte – von einer toten Nana auf dem Boden der Kapelle. Sie wollte sterben! Sie wollte es schon damals im Tempel.
Doch Selbstmord würde sie nicht zu den Ahnen bringen, zu meinem
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