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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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belegt. Mit einem unwirschen Wink scheuchte er die Leibwache, die eben herantreten wollte, hinter die Hecken zurück. „Fast kommt es mir vor, als hätte uns nichts getrennt. Ich sehe dich vor mir wie damals in Bramstedt, als wir uns das erste Mal begegnet sind. Die Waschbrücke …“
    Er ließ seinen Blick noch einmal über sie wandern, und sie merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.
    „Nein, das stimmt nicht“, fügte er nach einem Moment hinzu. „Du hast dich verändert, bist nicht mehr die kleine Wäscherin. Ich sehe eine Dame, und in ihren Augen spiegelt sich ihre Seele aus Gold wie ein Schmuckstück. Ihr liebevolles und stolzes Wesen. Und klug ist sie, Ellen Marsvin hat mir erzählt, wie geschickt du dich anstellst. Komm, nimm meinen Arm.“
    Wiebke zögerte kurz, dann legte sie ihre Hand über seinen Arm. Die Berührung tat gut und fühlte sich so richtig an wie nichts anderes. Fast selbstverständlich. Endlich fand sie ihre Stimme wieder.
    „Wohin führt Ihr mich?“
    Christian stutzte, dann lächelte er. „Lerne die Kraft zu respektieren, der du dich auslieferst“, flüsterte er, und noch bevor sie die Worte aufgenommen hatte, zog er sie an sich. Sie spürte seine Lippen, ein Band aus Samt. Überrascht hielt sie still, einen winzigen Moment. Dann wich alle Hemmung, und plötzlich war sie es, die küsste, die zum ersten Mal ihn küsste, während das Echo der Liebe laut um sie schlug.
    Dann Christians Hände, die sie suchten, sie begreifen wollten. Sie verhakten sich in ihrer Kette, fanden den Anhänger, sein Geschenk, zogen es hervor. Er löste seine Lippen von ihrem Mund, blickte nach unten.
    „Du trägst ihn noch, meinen Engel.“
    Sie lächelte und fuhr mit den Fingern über den Schmuck. „Ich habe Euch immer in meinem Herzen getragen.“
    Christian bettete ihren Kopf in seine Hände und begann leise zu sprechen, die schönsten Worte, die sie kannte und doch nie so gehört hatte:
    „Wenn ich in Menschen- und in Engelszungen redete,
    hätte aber die Liebe nicht,
    wäre ich ein dröhnendes Erz und eine klingende Schelle.
    Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse
    wüsste
    Und allen Glauben hätte, um Berge zu versetzen,
    hätte aber die Liebe nicht,
    wäre ich nichts.“
    Sie fiel ein, wiegte sich mit ihm in diesem Lied:
    „Die Liebe ist langmütig,
    gütig ist die Liebe.
    Alles trägt sie,
    alles glaubt sie,
    alles hofft sie,
    allem hält sie stand.
    Die Liebe hört niemals auf.“
    Der Nachmittag schritt voran, sie hörten Stimmen vom Gutshaus durch den Garten schwirren. Ihr Name wurde gerufen, doch Christian legte seinen Finger auf ihre Lippen.
    „Sie sollen uns nicht finden. Noch nicht. Ich habe mir diesen Moment so sehr gewünscht, jetzt will ich jeden Augenblick festhalten, in meiner Welt verankern. Mein Engel, mein Engel.“
    Und Wiebke ließ sich darauf ein. Sie wollte nicht denken, nicht darüber nachdenken, was gerade geschah und ob es geschehen durfte. Sie spürte, dass alles, was aus ihnen herausströmte, um sich miteinander zu verbinden, bedingungslos war. Ein Geschenk, das keiner von beiden mehr zurückweisen konnte. Sie musste dem König vertrauen.
    Als sie schließlich Arm in Arm aus ihrem Versteck hinaustraten, begleitete die Heiterkeit der Liebenden sie auf ihrem Weg. Die Leibwache folgte ihnen unbewegt, doch schon auf halber Strecke zum Herrenhaus umringten die Kinder sie mit ihrer Freude. Begleitet von lärmendem Gefolge zogen sie im Triumph in die Halle ein.
    „Was ist das für ein Spektakel?“
    Ellen Marsvin, die in ihrer Schreibstube gearbeitet hatte, war dazugekommen. Erstaunt über das Bild, das sich ihr bot, zog sie die Augenbrauen in die Höhe.
    Und der König antwortete, so laut, dass es selbst die Köchinnen in der Küche und die Burschen im Stall hören konnten. „Das, verehrte Ellen, das ist die Liebe. Ich wünsche, keinen Tag mehr ohne diesen Engel zu sein. Lasst den Pastor kommen, heute Abend wollen wir uns vor Gott segnen lassen.“
    Doch die Gutsherrin schüttelte verwirrt und ungläubig den Kopf, und Buchwald, der alles lächelnd mitangehört hatte, bat den König auf ein Wort in die Schreibstube. Christian zog Wiebke mit sich, und so hatte sie die Bedenken des Vertrauten vernommen.
    „Sir, Ihr müsst Euch erklären. Noch seid Ihr verheiratet – Kirsten Munk lebt. Allein Gott kann Euch von der Gräfin trennen – oder ein demütigender Prozess vor einem weltlichen Gericht.“
    Christian knurrte. „Kirsten Munk hat sich von mir

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