Das Königsmal
losgesagt. Ich habe es der Welt kundgetan, ich habe ihrem Verrat ein Denkmal an meinem Hof gesetzt. Ihr wisst es, Dänemark weiß es, Gott weiß es. Wir sind für die Zukunft moralisch und vor Gott geschieden.“
„Ihr provoziert den Rigsråd, alle Eure Gegner“, mahnte Buchwald und blickte sie an. „Wie soll das Mädchen die Anfeindungen ertragen? Niemand wird sie an Eurer Seite akzeptieren. Für das Volk wird sie nie mehr sein als – verzeiht mir mein offenes Wort, Majestät – Eure appetitliche holsteinische Geliebte. Die Frau zur Linken, eine Mätresse aus Eurem Gefolge.“
„Ich wünsche mit Wiebke Kruse zu leben.“
„Majestät …“ Auch Ellen Marsvin war herangetreten, um ihre Bedenken vorzutragen. Sie schüttelte den Kopf. „Die Zofe Eurer Frau an Eurer Seite. Es wird heißen, ich habe sie Euch ins Bett gelegt, in der Hoffnung, Gnade für meine Tochter zu erhalten. Ein Geschenk, das Euch ihrer Rückkehr an den Hof gewogen stimmt.“
„Das wird nicht geschehen“, bellte Christian und zog Wiebke enger zu sich. „Ich wünsche keine Widerworte. Ich wünsche mit diesem Engel an meiner Seite zu leben. Ich wünsche, dass unser Bund vor Gott Bestand hat, auch wenn es wohl einfacher wäre, gegen den Herrn zu sündigen. Aber ein Engel darf nicht sündigen.“
Ellen Marsvin ließ nicht nach. Sie wandte sich an Wiebke und griff nach ihrer Hand.
„Mädchen, denk an dein Glück. Ist dieses Leben nicht zu groß und zu fremd für dich? Ich habe schon einmal eine Tochter an die Umstände verloren. Du hast gesehen, in welche Abgründe die höfische Welt ein Weib stürzen kann. Und ohne festen Rückhalt wirst du schutzlos sein. Auch der König hat Feinde, und vielleicht muss er sich eines Tages gegen dich stellen, um das Wohl Dänemarks nicht zu gefährden.“
Wiebke spürte Christians Arm, der sich beschützend um ihre Taille legte. Die intime Geste ließ alle verstummen, und so war am Abend der aufgeregte Pastor aus dem Ort erschienen, der seinen König und eine junge Frau in einem einfachen Kleid segnete. Christian hatte ihn noch einmal das Hohelied der Liebe, die Verse ihres Erkennens, sprechen lassen, und als der Pfarrer geendet hatte, hatte er Wiebke gerührt geküsst.
Sie war die Frau an seiner Seite. Wolf von Buchwald war ihr Zeuge, Ellen Marsvin, die Kinder, die Leibwache und alle, die sich staunend auf der Empore der Halle drängten – Mägde und Knechte, eine Kette ungläubiger Gesichter, darunter auch Johanna. Wiebke sah, dass sie weinte, und für einen Moment schienen sich die Tränen der Freundin wie ein Schleier vor ihre eigenen Augen zu legen.
Nach und nach verschwammen die vielen Gesichter der Zuschauer zu einem einzigen Gesicht aus der Vergangenheit. Sie hörte Worte. Worte, die doch eigentlich in eine andere Zeit, in einen anderen Raum gehörten: „Einen hohen Herrn wirst du heiraten. Aber Kind, du wirst weite Wege – helle und dunkle – gehen müssen, bis es so weit kommt und das Glück dich findet.“
Die Zigeunerin. Ein unheimlicher Zauber, der sich in das Glück des Augenblicks einschlich und ihr Herz traf. Die Narbe auf ihrer Stirn hatte so heftig wie ihr Pulsschlag gepocht. Sie hatte Eiskristalle auf ihrer Haut gespürt, und Christian, der bemerkte, wie sie plötzlich erstarrt war, hatte sie geküsst, bis seine Wärme sie bis in den letzten Winkel ihres Körpers durchdrungen hatte.
Sie waren seitdem keine Nacht getrennt gewesen. Ihre Liebe war erstaunlich, ein Tanz, fröhlich und mitreißend. Jeden Morgen wachte sie an seiner Seite auf, sie sah das frühe Licht, das auf Christians Gesicht verweilte, und dankte Gott für seine Gnade. Christian hatte sie auf den Grund ihres Wesens geführt.
„Das bist du“, sagte er, wenn er sie geliebt hatte und ihr ganzes Sein berauscht war. „So warst du schon immer, du hast es nur nicht gewusst.“
Sie fühlte sich erfüllt von seiner Liebe, getragen und beschützt. Der Umzug nach Kopenhagen, der Hafen, die Stadt, dreißigtausend Menschen an einem Ort, die Schlösser, der Hofstaat, hunderte neuer Gesichter, Pflichten und Verpflichtungen rauschten an ihr vorüber. Eine Kaskade neuer Eindrücke, Unerwartetes und Unbekanntes. Sie war eingeführt worden an den Hof. Der König hatte sie nicht versteckt, sondern an seine Seite gezogen, sie in seinem Licht strahlen lassen.
Irgendwann hatte sie festgestellt, dass sie ein Kind erwartete. Christian war außer sich vor Freude und hatte sein Glück für alle Zeiten festhalten wollen. Noch am
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