Das Königsmal
Fragen noch nicht beantwortet.“
„Ihr habt mir nicht eine gestellt.“ Wiebke sank wieder in den Sessel zurück, rührte den Tee jedoch nicht mehr an.
„Dann schnell: Was seid Ihr dem König?“
Sie blickte ihn fragend an.
„Ehrt Ihr den Mann oder den Monarchen?“
Eigentlich fand sie, dass sie diese Frage nicht beantworten müsste. Trotzdem wollte Wiebke sein Vertrauen nicht enttäuschen. Sie spürte, dass von Pentz ihr etwas Wichtiges zu sagen hatte.
„Ich liebe Seine Majestät.“
Der Gouverneur lächelte.
„Der König hat mir in seinen Briefen viel von Euch berichtet. Mir scheint, er begehrt nicht nur Eure Schönheit …“ Von Pentz schwieg einen Moment und verbeugte sich leicht in ihre Richtung. „Er schätzt auch Eure Besonnenheit und Euren Verstand.“
„Was wollt Ihr mir sagen, Gouverneur?“
Von Pentz beugte sich vor. „Madame Kruse, ich bitte Euch, vorsichtig zu sein. Man hört, dass Euch viele Menschen nicht besonders freundlich gesinnt sind. Um es ganz offen zu sagen, Ihr habt viele Gegner. Die höchsten Kreise Dänemarks erkennen Euren Platz an der Seite Seiner Majestät nicht an.“
„Mit Verlaub, Sir. Damit erzählt Ihr mir nichts Neues. Doch der König hält seine schützende Hand über mich.“
„Der König ist nicht mehr so stark wie vor dem Kaiserlichen Krieg. Der Adel ist so mächtig wie nie zuvor. Die Krone hat es schwer, sich gegen Kabinett und Reichstag durchzusetzen. Viele Entscheidungen stehen auf Messers Schneide, und ich kann mir vorstellen …“
„… dass Seine Majestät sich eines Tages gegen mich stellen muss?“
„Dass Seine Majestät Euch fortschicken muss.“
„Gott der Herr …“
„Madame Kruse …“
Von Pentz war aufgestanden und begann, auf und ab zu gehen. Wiebke sah, dass eine Ader an seiner Stirn pochte.
„Madame Kruse, bitte wertet meine Bedenken nicht als Affront gegen Euch, sondern als Sorge um Euer Wohl. Der König hat mich während seiner Abwesenheit zu Eurem Schutz befohlen. Seid versichert, Glückstadt wird Euch und Eurem Kind immer Schutz bieten.“
Wiebke stand kopfschüttelnd auf.
„Warum seid Ihr so besorgt, Gouverneur? Ist etwas vorgefallen?“
„Nein, nein. Aber als ich Euch vorhin allein im Hafen spazieren sah, bekam ich doch einen Schrecken. Die Stadt ist sicher, dennoch … Bitte unternehmt keine Spaziergänge mehr auf eigene Faust.“
Wiebke seufzte.
„Ich nehme mir Eure Worte zu Herzen, Graf von Pentz. Aber ich werde mich nicht in einen Käfig sperren lassen. Ich hoffe, Ihr versteht das.“ Sie ging auf ihn zu und reichte ihm die Hand, als wollte sie einen Pakt besiegeln. „Aber jetzt muss ich mich verabschieden. Vielen Dank für den Tee.“
Der Gouverneur nickte ernst, dann entließ er sie in das abendliche Glückstadt. Als sie aus dem Torbogen hinaus auf die Straße trat, bemerkte sie, dass zwei Soldaten unauffällig ihrem Schatten folgten. Du hast einen guten Mann auf diesen Posten berufen, Christian, dachte sie, als sie sich auf den kurzen Weg zum Schloss machte.
Was konnte dieser Strom nicht alles erzählen. Christian stand am Mast der königlichen Fregatte Randers und blickte stromaufwärts über die Wellen, die sich im Fahrwasser seiner Flotte kräuselten. Weiße Kronen aus Schaum tanzten vor seinen Augen.
Die Elbe ist ein wahrhaft königlicher Fluss, dachte er. Das längste Wasserband, das er je befahren hatte. Aus dem böhmischen Riesengebirge stürzten ihre Fluten herunter nach Deutschland, flossen durch Dresden und Magdeburg auf Hamburg zu, um dann, breit und mächtig und satt von ihrer Reise, in die Nordsee zu münden. Ihre Farbe war schwarz mit einem gelblichen Schimmer darin. Vom Wind getrieben, durchstießen die Fregatten die dunkel glänzenden Massen.
Sie hielten auf Glückstadt zu, die Schlacht vor Scharhörn war geschlagen. Vierzehn Fregatten lagen auf dem Grund der Nordsee – die Schiffe des Feindes. Hamburg war bezwungen, und er, König Christian, konnte im Triumph zurückkehren. Die Elbzölle sind uns sicher, dachte er, unsagbar erleichtert. Sein Blick traf auf die offenen Uferlandschaften der Marsch, eine sanfte, stille Kulisse aus Wiesen und einzelnen Bäumen. Weiden, Schwarzpappeln und Stieleichen wurzelten dort, und in den sumpfigen Elbauen beobachtete er Kraniche, Schwäne und Gänse.
Er war stolz auf seine Männer. Sie hatten sich mit Mut und Kraft gegen die Hamburger geworfen. Unermüdlich hatten die Geschütze, dreißig auf jeder Fregatte, ihre Munition auf den Feind abgefeuert
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