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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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siegessicher hatte Gustav Adolf deutschen Boden betreten und erklärt, das Eingreifen des Kaisers in Polen hätte ihn herausgefordert, für die Unterdrückten zu den Waffen zu greifen. Er hätte vergeblich versucht, sich mit dem Kaiser friedlich zu einigen, aber in Lübeck wie auch in Stralsund wären seine Gesandten abgewiesen worden. Als er schließlich gesehen hätte, dass die deutschen Kurfürsten ihre eigene Kirche nicht verteidigen wollten, hätte er beschlossen, es selber zu tun.
    Er glaubt, dass das Schiff, das ihn trägt, niemals untergehen kann, dachte Christian. Er kennt keinen Zweifel und sieht sich selbst als Propheten des rechten Glaubens. Er erinnerte sich an das nächtliche Treffen in den Dünen, als ihm Gustav Adolf erdverbunden und doch gleichzeitig entrückt erschienen war. Noch immer zweifelte er an der Unbesiegbarkeit des Schweden. Er ist nicht unfehlbar, dachte er, und ein starkes Gefühl von Befriedigung stieg in ihm auf. Seine Stärke gründet sich allein auf den Nimbus des Versprechens.
    Dennoch galt Gustav Adolf allen Protestanten im Reich als Retter aus höchster Not. Der Kaiser hatte Wallenstein entmachtet – trotz aller Schuld und aller Schulden, die ihn doch bis in alle Ewigkeit an seinen Feldherrn banden. Sein Gewissen hatte er wohl damit beruhigt, dass er die Besitztümer des Friedländers nicht antastete. Christian war zugetragen worden, dass Wallenstein die Entlassung gefasst entgegengenommen hatte. Man sagte, sein Horoskop hätte ihm sein Schicksal bereits angedeutet. Öffentlich hatte er nachgegeben, doch hinter den Kulissen würde der Schwerkranke auf Rache sinnen, flüsterten die Spione.
    Außerdem setzten die kaiserlichen Truppen die Vollstreckung des Restitutionsediktes mit aller Härte durch, und zu allem Über- fluss trugen nun auch Frankreich und Spanien ihren Streit auf deutschem Boden aus.
    „Kardinal Richelieu hat sich nun Gustav Adolf zugewandt“, hatte von Tillmanns gemeldet. „Er sagt, der Schwede sei die Morgendämmerung für die deutschen Protestanten. Französische Gesandte sollen bereits in der Nähe des schwedischen Heeres lungern, und Richelieu selbst verhandelt direkt mit Gustav Adolf über die genauen Bedingungen des Bündnisses.“
    Im Juli war der Schwede in Stettin, der Hauptstadt Pommerns, einmarschiert und hatte sich den wertvollen Küstenstreifen an der Ostsee gesichert. Außerdem war es dem geschickten Taktiker tatsächlich geglückt, die verbannten Herzöge von Mecklenburg, Friedrich von Böhmen und den Landgrafen von Hessen-Kassel auf seine Seite zu ziehen. Seine Freundschaft mit Christian Wilhelm, dem abgesetzten Administrator von Magdeburg, war jedoch sein wichtigster Trumpf in Deutschland.
    Nach wie vor galt die Stadt Protestanten wie Katholiken als Schlüsselfestung an der Elbe. Schon einmal hat sie sich der begehrlichen Hand des Kaisers widersetzt, dachte Christian. Wenn Gustav Adolf das Bistum gegen alle Eindringlinge verteidigen könnte, sollte dies den Kreuzzugseifer des Kaisers dämpfen. Dennoch war er skeptisch, zu wertvoll war dem Kaiser diese Bastion der Protestanten. Er wollte Magdeburg mit aller Macht bezwingen – für die katholische Sache. Das Schicksal der Stadt wird zum Schicksal ganz Europas, überlegte Christian, und er betete für das Leben ihrer Bewohner.
    Als sich die Konturen Glückstadts vor der Uferlandschaft abzeichneten, seufzte Christian erleichtert auf. Der Anblick berührte ihn, sein Ideal, das kühne Bild einer vollkommenen Stadt. Nach allen Regeln der Kunst erbaut und mit den tüchtigsten und fortschrittlichsten Geistern besiedelt, war sie ihm mehr als ein Stein ge- wordener Traum. Hier war er König durch und durch, er, der Schöpfer, Erbauer, Genius dieser Stadt. Die Residenz empfing ihn mit Liebe und Respekt. Und sie akzeptierte sein privates Glück. Wiebke Kruse war hier herzlich empfangen worden, und er wusste seinen Engel und ihren Sohn in der sorgenden Obhut des Stadtgouverneurs.
    Glücklich winkte Christian den sich auf den Wällen drängenden Menschen zu. Mit der ansteigenden Flut lief seine Fregatte in den Glückstädter Hafen ein.
    Sie hatte es gewagt. Gold und Juwelen aus ihren Rocksäumen hatten ihr eine heimliche Schiffspassage nach Jütland erkauft, und jetzt hatte sie den elenden Hof auf Laesø gegen das herrschaftliche Gut Rosenvold ihrer Mutter eingetauscht. Der Zeitpunkt war glücklich gewählt: Christian hatte sich nach Glückstadt begeben, beschäftigt mit seinen jüngsten kriegerischen

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