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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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– die Dreipfünder vom Geschützdeck aus, die Zweipfünder von der flachen Schanz und Back. Die Eichenplanken ihrer Schiffe hatten unter dem infernalischen Lärm der Kanonen gezittert. Krachend waren die Bordwände im Enterkampf aneinandergeschlagen, während die Soldaten aus ihren Büchsen feuerten und Granaten aus der Takelage auf das gegnerische Deck schleuderten.
    Die Dänen selbst hatten nur geringe Verluste erlitten, zwei Schiffe waren versenkt, neun beschädigt, aber seetüchtig. Fast schien es ihm, als läge der Pulvergeruch noch immer in der Luft, dabei hatten sie das Kampfgebiet bereits hinter sich gelassen. Die Geschütze waren noch warm, glühten nach. Er legte seine Hand auf eine der Bronzekanonen. Sie war reich verziert und mit Delfinen geschmückt. Auf dem Bodensims trug sie den Stempel ihres Gießers: Franciscus Roen me fecit Glückstadt. Auf dem Schildzapfen war eine 4 eingeschlagen, sein Signum. Du hast uns Glück gebracht, Franz Roen, dachte Christian. Er nahm sich vor, den Meister nach der Rückkehr in Glückstadt aufzusuchen.
    Auch seinem Admiral Claus Daa schuldete er Dank. Es war richtig gewesen, nicht die Stadt Hamburg anzugreifen, sondern deren Kriegsschiffe auf der Unterelbe abzufangen. Hamburg selbst hatte in den vergangenen Jahrzehnten größten Aufwand für seine Befestigung betrieben. Inzwischen fasste ein annähernd kreisförmiger Wall mit mehr als zwanzig Bastionen die Stadt ein. Diese waren so angeordnet, dass sie sich gegenseitig verteidigen konnten. Diesem fast zehn Meter hohen Wall waren außerdem breite Gräben vorgelagert. Und unterhalb der Brustwehr des Walls hatte man noch Unterwälle zur Grabenverteidigung angelegt. Eine uneinnehmbare Festung.
    Der Rat der Stadt hatte den Bau durch zahlreiche Sondersteuern finanziert. Außerdem mussten die Bürger Handdienste bei den Schanzarbeiten leisten. Doch die Errichtung der neuen Wallanlagen hatte sich für die Hamburger auf der Stelle ausgezahlt. Sie blieben von den Kriegszügen Wallensteins unberührt, hatten ihre Neutralität gewahrt und sogar vom Krieg profitiert. Die Stadt war dem Handel eine Insel des Friedens gewesen. Eine aufmüpfige Insel des Friedens …
    Christian blickte über die Masten seiner Flotte, ein stolzes Bild, gespiegelt von der Elbe. Sein Strom, sein Strom aus Gold. Schon seit jeher hatten die Hamburger die Niederelbe als ihren Fluss betrachtet und die Wasserlandschaft durch Ableitungen, Abdeichungen und Durchstiche zu ihren Gunsten verändert. Sie waren gegen Seeräuber eingeschritten und hatten für die Sicherheit der Elbschifffahrt garantiert. Jetzt war es an Glückstadt, sich den Strom zu eigen zu machen. Vier Tage hatten sie dafür gekämpft. Christian lehnte sich an den Mast, müde und trunken von seinem Sieg. Die Segel knarrten und blähten sich im Wind, jeder Mast ein Symbol seiner zurückgewonnenen Zuversicht. Plötzlich flackerte das Bild Gustav Adolfs vor seinen Augen auf – fast schwebte es vor dieser riesigen Leinwand aus weißem Segeltuch. Eine beängstigende Vision.
    Die schwedische Flotte war im Juli vor Usedom gelandet, nachdem die schwedischen Stände ihrem König die Mittel für einen dreijährigen Krieg in Deutschland bewilligt hatten. Die Flugblätter berichteten von einem Spektakel an der pommerschen Küste. Achtundzwanzig Kriegsschiffe und ebenso viele Transportschiffe mit sechzehn Schwadronen Reiterei und zweiundzwanzig Kompanien Infanterie und Artillerie hatten dort auf Reede geankert. Der Horizont sei vor diesem gewaltigen Schauspiel zurückgewichen, berichteten die Augenzeugen. Der Schwede war mit fast dreizehntausend Mann gekommen, darunter die riesigen Blondschöpfe des Südens und die gedrungenen, dunklen Nordmänner, die auf ihren stämmigen Ponys an den Strand ritten. Auch Schotten und Deutsche waren an Bord und andere, während des Krieges angeworbene Abenteurer.
    Sie alle verehrten ihren Feldherrn wie einen Gott. Gustav Adolf war überzeugt von seiner Aufgabe, erfüllt von der göttlichen Unfehlbarkeit seines großherzigen, protestantischen Glaubens, und diese Zuversicht strahlte er aus. Man erzählte sich, dass das Heer zweimal täglich betete und jeder Soldat ein kleines Gesangbuch mit frommen Liedern erhalten hatte, deren Texte sich für die Schlacht eigneten. Trotzdem war der Schwedenkönig willens, den Besiegten jeden Glauben zu erlauben.
    „Wir werden sie nicht gewaltsam von ihren Irrtümern heilen“, spottete er.
    Furchtlos, ungestüm, gewitzt und mitreißend

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