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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Auseinandersetzungen und der Landung Gustav Adolfs in Deutschland.
    Der König wird mein Verschwinden von dieser verdammten Insel nicht bemerken, dachte sie. Ich werde mich ruhig verhalten, demütig, unterwürfig. Vielleicht werde ich einen Arzt konsultieren, der Seiner Majestät bescheinigt, dass ich einen weiteren Winter in der eisigen Sturmhölle nicht überlebe. Und Christian wird an meinem Tod nicht schuld sein wollen – zu viele Tote bevölkern seine Träume.
    Auch ihre Mutter würde sie im Zaum halten können. Nach dem Rückzug der kaiserlichen Truppen aus Jütland hatte Ellen Marsvin begonnen, den verwaisten Gütern wieder Leben einzuhauchen. Rastlos reiste sie auf dem Festland hin und her und bevölkerte die Anwesen mit Personal. Dabei entfuhr ihr auch manch ungehaltenes Wort den König betreffend. Noch immer war sie zornig, dass Christian Wiebke Kruse zur Frau genommen hatte. Sie hatte nicht verste- hen können, dass sich der König über jedes weltliche Recht hinweggesetzt hatte. Sosehr sie ihre Tochter auch für ihren Fehltritt verurteilt hatte, erschien ihr das vermeintlich unentschuldbare Vergehen inzwischen in milderem Licht. Ja, bei einer ersten kurzen Begegnung hatten sie sogar ein paar Worte gewechselt – die ersten nach fast zwei Jahren des Schweigens.
    Von Rosenvold aus hatte Kirsten den Briefwechsel mit ihren Töchtern weitergeführt. Die Mädchen hatten zunächst nicht geantwortet, doch nachdem sie den zweiten, dritten, vierten Versuch unternommen, zärtliche Worte zu Papier gebracht hatte und ihre „entsetzlichen Sünden, die euch, meine geliebten Töchter, mein ein und alles, ganzer Stolz und größte Freude, so furchtbar gekränkt haben“, vor allen göttlichen und weltlichen Instanzen bedauert, aller Sünde in alle Ewigkeiten abgeschworen hatte und für alle Zeiten nur noch „ein liebendes Mutterherz“ sein wollte, hatten sie die ersten, zaghaften Zeilen ihrer ältesten Töchter erreicht. Anna Christine schrieb – ganz die große Vernünftige, die sie war – von Gesundheit und Fortschritten der Geschwister. Die Zweite, Sophie Elisabeth, fügte Sentimentales hinzu, „die Kirschen blühen, ich habe ein kleines Kätzchen bekommen …“, und die Zwillinge legten Zeichnungen dazu, Farbkleckse, die sie zu ihrer Überraschung rührten.
    Die Kinder zappelten in ihren Fängen, mit nie gekannter mütterlicher Liebe umfangen, hin und her gerissen zwischen der Pflicht dem Vater gegenüber und der Sehnsucht nach der Mutter, die sie ihnen nie gewesen war. Vielleicht konnten sie helfen, den Bruch mit Christian zu kitten, und ihr schließlich zur Rückkehr an den Hof verhelfen. Sie zurück an den Platz bringen, der nur ihr gebührte.
    Darüber hinaus kämpfte Kirsten, wohlig eingehüllt in die ihr vertrauten Annehmlichkeiten, erstarkt und rachelüstern, aber auch auf den höchsten Ebenen um ihr Glück. Sie hatte den Rigsråd angeschrieben, den Kanzler, den Bischof von Kopenhagen. Wie kann es sein, fragte sie, dass der König öffentlich und vor den Augen der Welt eine Frau an seine Seite nimmt, die er nicht heiraten kann, da er verheiratet ist. Verheiratet, verheiratet, verheiratet. Vor Gott und nach dänischem Gesetz. „Ich, Kirsten Munk, Gräfin von Holstein, Tochter des Ludwig Munk und der Ellen Marsvin, bin die einzige, alleinige Frau Seiner Majestät.“
    Sie hatte keine Antwort erhalten – noch nicht. Doch ihre Spione berichteten, dass es im Hochadel rumorte. Das seltsame Verhalten des Königs diesem Bauernmädchen gegenüber und sein eigenmächtiges Handeln im Streit mit Hamburg reizte die hohen Herren. Empört berieten sie über die Vorgänge im Königreich, und dunkle Wolken der Missgunst hatten sich über Kopenhagen aufgetürmt.
    Außerdem hatte sie über verschlungene Wege Kontakt zu dem Hamburger Alchemisten Heinrich Becker aufgenommen. Der Arzt, der auch vom Verkauf von allerlei Arzneimitteln lebte, war wie alle Anhänger dieser mystischen Kunst auf der Suche nach dem Stein der Weisen. Seine stinkenden, geheimnisvollen Experimente hatten ein Elixier hervorgebracht, das Menschen verzaubern und in Liebesdingen gefügig machen sollte. Sein Ruf war inzwischen bis nach Dänemark gedrungen, ja, es hieß, Becker könnte sogar einen Engel in Liebe zum Teufel entflammen lassen.
    Inzwischen besaß sie eine kleine Flasche des Destillats, die sie ein Vermögen gekostet hatte. Nun sann sie darüber nach, wie sie Christian das Liebesgift, die Essenz ihrer Liebe, verabreichen könnte. Konnte sie

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