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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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jemandem bei dieser heiklen Mission vertrauen? Einem ihrer gefügigen Handlanger, die sie mit allem Verbotenem, Undenkbarem, Köstlichem versorgten und für ein Goldstück keine Fragen stellten? Sie schloss die Augen und ließ ihren düsteren Gedanken freien Lauf, stellte sich die Gesichter der Männer vor, farblose, froschköpfige Burschen mit seltsam entseeltem Blick. Gefügiges Ungeziefer, das wusste sie.
    Plötzlich drängte sich ein anderes Bild dazwischen, so strahlend, dass der Schmerz sie wie ein Blitz durchfuhr. Tränen schossen in ihre Augen. Der Rheingraf. Kirsten versuchte, einen Schluchzer zu unterdrücken. Noch immer hatte sie seinen Verrat an ihrer Liebe nicht verwunden. Dich will ich, dachte sie und suchte die Erinnerung an seinen Körper, seinen Mund, seine Hände. Der Gedanke, dass Otto in diesem Moment bei einer anderen liegen könnte, riss ihr Innerstes in Stücke.
    „Elender, Bastard.“ Sie fluchte und genoss jedes Wort, das sich seinen Weg aus ihrem Herzen bahnte. „Ratte. Wurm. Krötendreck.“
    Noch immer vermutete man Otto von Solms im Zug Gustav Adolfs. Ein Verräter durch und durch. Wenn ich ihm nicht trauen konnte, dachte sie, ihm, der mir so nah war wie kein anderer, was soll ich dann mit den anderen Schmeißfliegen?
    Je länger Kirsten Munk über ihren Plan nachdachte, desto stärker war das Verlangen, den Liebestrank selbst zu überbringen. Sie wollte nie wieder vertrauen müssen. Und sie wollte mit eigenen Augen sehen, wie sich Christian von diesem Bauernmädchen abwandte und sein Verlangen für seine Frau wiederentdeckte. Sie selbst musste nach Glückstadt reisen – unerkannt, heimlich, mit einer neuen Identität versehen.

     
Johanna von Krabbe, erste Hofdame am Hof Christians IV.: Aus ihren geheimen Aufzeichnungen
    Wenn es nur in seiner Macht gestanden hätte, König Christian hätte Wiebke auf Seerosen gebettet und ein Reich geschaffen, um ihre Liebe zu feiern. Er fühlte, dass ihm die Zeit zerrann, und wollte ihr gemeinsames Glück festhalten, die Vergänglichkeit bezwingen.
    „Die Stunden unseres Lebens sind jenseits aller menschlichen Gewalt“, sagte der König, wenn er sich aufrieb zwischen dringenden Verpflichtungen und der Sehnsucht, Wiebke nahe zu sein. „Als die Schlange die Zeit ins Paradies brachte, war der Mensch verloren.“ Das sagte er häufig. Einmal erklärte er, dass er sich den himmlischen Garten als einen Ort jenseits der Zeit vorstellen würde, in dem weder Vergangenheit noch Zukunft, keine Erinnerung oder Hoffnung existierte, sondern immer nur Gegenwart. Für sich und Wiebke wollte er ein solches Paradies schaffen.
    Doch die Dunkelheit warf ihren Schatten auf das Glück. Langsam zunächst, kaum sichtbar, und doch unaufhaltsam. Schon das Scheitern seiner Feldzüge hatte dem König die Rückkehr nach Kopenhagen fast unerträglich werden lassen, nun trieb ihn der dänische Adel, die wortlose Ablehnung seiner Liebe zu Wiebke Kruse, immer wieder fort aus der Stadt. Glückstadt war sein Refugium, sein Stolz und ihnen beiden ein Ort der Kraft. Hier fand König Christian zu alter Kraft, hier blühte er auf, und auch Wiebke fühlte sich innerhalb der Mauern der glücklichen Stadt wohl. Von hier aus widmete sich Seine Majestät dem Ziel, Hamburg niederzuwerfen.
    Wir feierten seinen Erfolg mit Umzügen und Festen. Aber nicht jeder Sieg bedeutete dauerhaftes Glück. Während sich König Christian an der Elbe einrichtete und das Gold, das der Strom in seinen Hafen spülte, barg, wurde Deutschland von einem weiteren Kriegswinter gebeutelt. Er fegte durch die Hütten all derer, die hungernd und frierend an einem kümmerlichen Feuer Schutz suchten, und zerrte an ihrem Lebenswillen. An ein Weihnachtsfest war nicht zu denken. Und alle Hoffnung auf Frieden war längst zu Grabe getragen worden.
    Auch Gustav Adolf musste dem eisigen Frost weichen. „Der Schwedenkönig und seine Truppen überwintern in Pommern und der Mark Brandenburg“, berichteten die königlichen Spione. Aber der Mangel an Nachschub zwang das Heer, aus dem Norden frühzeitig ins Feld zu ziehen. Gustav Adolfs nächstes Ziel, so erfuhren wir, war Frankfurt an der Oder. Auf dem Marsch dorthin kam er Ende Januar anno 1631 nach Bärwalde.
    „Er empfängt die Abgesandten Richelieus und unterzeichnet den seit Langem geplanten Bündnisvertrag mit den Franzosen“, meldete von Tillmanns dem König. „Frankreich verpflichtet sich, den Feldzug Gustav Adolfs in Deutschland zu finanzieren. In ihrem Hass auf die

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