Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
Vom Netzwerk:
des Ganzen nicht, aber mein Mitgefühl lässt mich nicht anders handeln.
    Als sie das Lusthaus verließ und durch die Gärten zurück zum Schloss ging, fühlte sie sich so bedrückt wie lange nicht. Christians Worte schmerzten, und sie fragte sich, wie sie wieder zueinanderfinden würden. Blind für die Schönheit der Rabatten, fanden ihre Füße wie von selbst den vertrauten Pfad und folgten ihrem vorauseilenden Schatten. Wasserrauschen und Vogelzwitschern begleiteten ihre Gedanken, bis sie am äußeren Ende der Gartenanlagen zum Tor kam. Hier lag auch der Seiteneingang zum Schloss, der den Boten und Lieferanten vorbehalten war.
    Der Gruß der Wachsoldaten riss sie aus ihren Gedanken, und sie nickte zurück. Hinter dem Torhaus konnte sie einen Pulk von Menschen erkennen, Männer und Frauen, die Ware anlieferten oder auf einen Auftrag hofften. Plötzlich stutzte Wiebke und blieb stehen. Sie hatte ein Gesicht gesehen, für einen Moment nur, doch es war ihr so vertraut, dass sie keinen Zweifel hatte.
    „Die Gräfin“, murmelte sie, unfähig sich zu bewegen.
    Als sie sich aus ihrer Erstarrung gelöst hatte und zum Tor gerannt war, um noch einmal zu schauen, war die Gestalt, die sie gesehen hatte, verschwunden. Sie beschrieb den Wachen die Frau, doch die Männer konnten ihr keine Auskunft geben.
    Kirsten Munk – sie konnte es nicht glauben. Die Gräfin sollte doch auf Laesø sein, dachte sie, hoch oben im Norden. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Aber sie war sich so sicher. Sie hatte direkt in die Augen der Frau geblickt, und keine Maskerade konnte die Katzenaugen der Kirsten Munk verschleiern.
    Ich muss Christian informieren, dachte sie und lief zum Schloss. Doch dann fiel ihr ein, dass der König ihr wohl kaum glauben können würde. Was sollte sie ihm auch sagen? Etwa: Ich habe die Katzenaugen der Gräfin gesehen, hier in der Stadt? Sie sah ein, dass ihr Verdacht nach dem Streit des Nachmittags merkwürdig wirken musste. Er wird mir keinen Glauben schenken können, dachte sie noch einmal und blieb nachdenklich stehen. Dann drehte sie sich wieder um.
    Wenig später ließ Wiebke Schloss und Gärten hinter sich und machte sich auf den Weg in die Kanzlei des Stadtgouverneurs. Als sie vor Christian von Pentz saß, sprudelte es aus ihr hervor: „Als ich Euch das erste Mal hier in dieser Stube gegenübersaß, habt Ihr mir Eure Hilfe angeboten. Jetzt brauche ich Euch, Graf von Pentz. Bitte sichert mir Eure Diskretion und Unterstützung zu. In dieser Angelegenheit kann ich nicht mit Seiner Majestät sprechen.“
    Der Gouverneur lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Er war überrascht gewesen, als sie aufgeregt und ungeduldig um ein Gespräch gebeten hatte. Inzwischen kannte er sie lange genug, als dass er eine Lappalie erwarten konnte. Er nickte und sah sie auffordernd an.
    „Bitte sprecht, Madame Kruse. Ihr wisst, dass ich Euch so gut wie möglich unterstützen werde.“
    Wiebke atmete erleichtert aus. „Kisten Munk“, platzte es aus ihr heraus. „Ich habe die Gräfin gesehen. Hier und heute, heute Nachmittag, vor dem Schloss. Sie sah anders aus, ungewöhnlich gekleidet und mit dunklem, offenen Haar. Aber ich habe sie trotzdem sofort erkannt.“
    „Das ist unmöglich.“
    Unglaube spiegelte sich auf dem Gesicht des Gouverneurs wider, Zweifel. Er schüttelte den Kopf, und sein roter Uniformrock schien ihm plötzlich zu eng. Eilig öffnete er einige Knöpfe.
    „Ich habe zwar keine zuverlässige Meldung, dass sie sich auf Laesø aufhält, aber es gibt auch keine anderslautende Nachricht. Wie sicher seid Ihr Euch?“
    „Ich habe ihr einige Jahre lang gedient, ich weiß, wie sie sich be- wegt. Und ich kenne ihre Augen – kalt und unaufrichtig. Ich bin mir mehr als sicher. Die Gräfin ist in Glückstadt.“
    „Dann muss ich Euch Glauben schenken.“ Von Pentz runzelte die Stirn. „Was …“
    „… kann sie hier nur wollen?“, sprach Wiebke seine Gedanken aus.
    Sie schauten sich an und überlegten, wie sie den Plänen der Gräfin auf die Spur kommen könnten.
    „Sollte sie tatsächlich aus der Verbannung geflohen sein, wäre Glückstadt der letzte Ort, an dem ich sie vermuten würde“, murmelte von Pentz. „Warum setzt sie sich der Gefahr aus, entdeckt zu werden? Sie muss doch wissen, dass der König und sein Gefolge in der Stadt sind.“
    „Sie muss eine Absicht verfolgen“, mutmaßte auch Wiebke. „Die Gräfin muss auf einen Vorteil hoffen. Sie unternimmt nichts, was nicht ihrem Vergnügen oder ihrem

Weitere Kostenlose Bücher