Das Königsmal
Pelzdecke vorfand. Doch sie hatte die kleine Wäscherin wohl überschätzt. Niemand hatte sie erkannt, und sie war sicher, ihren Plan ausführen zu können.
Am Morgen war sie früh aufgestanden, da sie sich mit dem Mädchen aus der Stadtbäckerei verabredet hatte. Für einen unverschämten Silbertaler würde sie deren Brotkorb, Haube und Schürze leihen. Für einen Gang hinein in Christians Reich. Jetzt gleich, noch vor Sonnenaufgang, wollten sie sich hinter der Backstube treffen.
Sie hatte dem dummen Ding etwas von Liebe erzählt. Ein Offizier, ihr Schatz, den sie überraschen wollte, um ihm einen Kuss zu rauben, damit die Zeit bis zum nächsten Wiedersehen nicht zu lang werden würde. Und die Kleine hatte ihr die rührselige Romanze sofort geglaubt. Rotwangig und mit großen Augen hatte sie der Unbekannten ihr Wort gegeben zu schweigen.
Als Kirsten Munk aus dem Gasthaus eilte, musste sie über die Einfältigkeit des Mädchens lachen. Sie war sich ganz sicher, die Kleine am verabredeten Ort zu finden. Sie lief die Große Kremper Straße hinauf, überquerte den Marktplatz, auf dem Händler gerade ihre Stände aufbauten, und bog neben der Stadtbäckerei in die schmale Gasse ein, die auf den Hinterhof der Bäckerei führte.
Das Mädchen stand schon dort und winkte ihr zu. Den schweren Korb mit den frischen Backwaren hatte sie neben sich gestellt.
„Sehr schön, sehr schön“, freute sich Kirsten Munk und zog den Silbertaler aus der Tasche. Das Gebäck verströmte einen köstlichen Duft, der sie für einen Moment ganz weich werden ließ. Sie griff nach Schürze und Korb und ließ das Silberstück in die warme Hand des Mädchens gleiten.
„Wer bekommt die Ware?“, fragte sie.
„Ich gebe das Brot an der Küchenpforte ab. Entlohnt werde ich nicht, der Meister stellt die Lieferungen wöchentlich in Rechnung.“
„Was sagst du am Tor?“
„Nichts. Ich zeige den Korb, manchmal schaut eine Wache hinein.“
„Gut, dann warte hier, ich bin bald wieder zurück.“
„Viel Glück“, sagte das Mädchen, und das Rot seiner Wangen vertiefte sich.
Die Gräfin sah sie erstaunt an. Dann begriff sie. „Ja“, murmelte sie und zwinkerte mit den Augen. „Diesen Kuss wird mein Liebster nie vergessen.“
Sie drehte sich um und lief wieder über den Marktplatz in Richtung Schloss. Als ihr auf halbem Wege die Kutsche des Gouverneurs entgegenkam, drückte sie sich in den Schatten einer Hofeinfahrt und zog die Haube tief ins Gesicht.
Sie hatten sich noch nie zu so früher Stunde getroffen, und Wiebke dachte, dass das Morgenlicht Christian von Pentz gut zu Gesicht stand. Der Gouverneur wirkte ausgeruht, und seine wachen Augen strahlten.
„Guten Morgen, Madame Kruse“, wünschte er und half ihr ins Innere der Kutsche. „Ich hoffe, Ihr habt ein wenig schlafen können.“
„Ja“, antwortete sie einsilbig und hoffte, dass er nicht weiter fragte. Sie hatte kaum geschlafen. Christians Nähe hatte ihr gefehlt. Er hatte ihr eine gute Nacht gewünscht, doch später war er nicht an ihre Seite gekommen. Er hat die Distanz des Nachmittags aufrechterhalten, dachte sie. Er hat mir seinen Respekt gezeigt, aber auch deutlich gemacht, dass er nicht gewillt ist, sich mit meiner Haltung einverstanden zu zeigen. So war Johanna schließlich an ihre Seite geschlüpft, und Wiebke hatte ihr flüsternd von den Ereignissen des Nachmittags erzählt.
„Er wird zu dir zurückkommen“, hatte Johanna gesagt. „Er liebt dich mehr als alles andere. Aber ich kann nicht glauben, dass die Gräfin gekommen ist. Du musst dich getäuscht haben. Eine Ähnlichkeit vielleicht, der Blick … Du glaubst es nur.“
„Dann lass mich es glauben. Und lass es mich herausfinden.“
„Du wirst keine Ruhe geben, ich weiß. Aber ich bin froh, dass der Gouverneur an deiner Seite ist. Er wird auf dich aufpassen.“ Johanna hatte ihre Hand genommen und diese geküsst. Wenig später war ihre Freundin eingeschlafen, während sie selbst mit klopfendem Herzen wach gelegen hatte.
Sie wusste nicht, ob sie überhaupt eingeschlafen war. Verzerrte Bilder waren in ihrem Kopf herumgewirbelt und hatten sie nicht zur Ruhe kommen lassen. Erinnerungen an die Gräfin, Erlebnisse, die sich in absurder Abfolge aneinanderreihten und sie ängstigten. Sie war froh gewesen, als sie aufstehen konnte. Nachdem sie Johanna und ihren Sohn geküsst hatte, war sie aus dem Schloss geschlichen.
Von Pentz ließ die Kutsche in Richtung Marktplatz rollen.
„Am besten, wir fangen mit dem
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