Das Königsmal
Kopenhagen schicken müssen, um dem Treiben ein Ende zu bereiten. Sein Stallmeister war seine rechte Hand und er vertraute dem patenten und ihm treu ergebenen Offizier uneingeschränkt. Sollte er seinem Sohn ins Gewissen reden oder besser noch das Weibsbild aus Kopenhagen entfernen und zurück auf ihre Güter nach Jütland verschiffen. Ein Schmuckstück aus seiner Schatzkammer würde ihr Schweigen gewiss erkaufen.
Kirsten hatte das Mienenspiel ihres Mannes aufmerksam beobachtet. Sie wusste, dass der Brief unangenehme Nachrichten enthielt, da seine Linke unablässig mit seiner heiligen Locke spielte. Wie sie diese Angewohnheit hasste. Er war doch kein Kind mehr, das seine Entscheidungen von einer Haarsträhne abhängig machte.
Überhaupt war ihr der Anblick ihres Mannes oft unerträglich. Alles, was sie früher an ihm toleriert, ja vielleicht sogar mit liebevoller Nachsicht betrachtet hatte, konnte sie inzwischen kaum noch aushalten. Seine rastlose Unruhe, das stetige Zappeln der Beine, seine vielen Ideen, die er mit ihr teilen wollte. Und seine ärgerliche Begierde, sein hungriger Blick nach Liebe.
Schon wieder sehnte sie sich nach ihrem süßen Rheingrafen, dessen kalte Gelassenheit ihr gegenüber sie unwiderstehlich fand. Der Offizier aus dem Gefolge ihres Mannes war schon seit mehr als einem Jahr ihr geheimnisvoller Galan, der sie in den kostbaren gemeinsamen Nächten so zu befriedigen wusste, dass sich ihr Körper vor Vergnügen wand.
Es war kaum zu glauben, zu welchen Empfindungen dieser schlüpfrige, unaussprechliche Bereich zwischen ihren Beinen fähig war. Schon der Gedanke an sein geschicktes Fingerspiel an dieser geheimnisvollen Knospe, seine heftigen Stöße, wenn er in sie eindrang und ihr Hinterteil mit den Händen anhob, um noch tiefer in sie vorzustoßen, ließ sie vor Wonne zerfließen.
„Otto von Solms, Otto von Solms, Otto von Solms“, murmelte sie beschwörend, nur um sich durch den Klang seines Namens seiner Existenz zu versichern. Sie wusste, dass sie ihm verfallen war, und sie wusste ebenso, dass sie dieser schöne, groß gewachsene Mann für ihre Schwäche verachtete. Doch auch er konnte nicht ohne sie. Oft genug hatte sie in seinen tiefen blauen Augen ein fast beängstigendes Verlangen gelesen. Er liebte die Macht, die er über sie hatte, genauso wie seine daraus resultierende Überlegenheit gegenüber Christian. Wie herrlich musste es sein, hinter dem König zu reiten und zu wissen, dass man gerade das Liebste seines Herrn besessen hatte?
Ja, er besaß sie und ließ es sie spüren. Wenn sie ihm einen ihrer verschlüsselten Briefe schickte und verriet, wann der König abwesend sein würde – ihn sozusagen einlud –, wusste sie nie, ob er kommen würde. Sie hasste es, im Dunkeln auf seine Schritte zu warten. Sie hasste es, der Ungewissheit ausgeliefert zu sein. Doch ihr Zorn war sofort verflogen, wenn er seine Lippen hart und rücksichtslos auf ihren Mund presste. Wenn er sie begehrte, die dreckigen Stiefel noch an den Füßen, die sie ihm erst vor dem zweiten oder dritten Akt wie eine Dienstmagd auszog.
Als Christian abrupt aufstand und den Stuhl polternd von ihrem Bett wegschob, zuckte sie zusammen.
„Ich muss gehen, meine Liebe“, murmelte ihr Mann zerstreut und griff nach dem Mops, um ihn wieder an ihre Seite zu setzen. „Das Kriegskabinett erwartet mich, und ich habe dringende Entscheidungen bezüglich des Kronprinzen zu fällen. Du musst mich entschuldigen.“
Kirsten ließ sich wieder träge in ihre Kissen sinken und überlegte, ob sie dem Rheingrafen eine Botschaft zukommen lassen sollte. Sie könnte Wiebke beauftragen, diese ins Lager zu bringen. Die Holsteinerin machte sich wirklich gut. Wie ärgerlich war sie gewesen, als Christian sie vor der Reise aufgefordert hatte, ihre Mädchen im Palast zu lassen – er habe eine kleine, allerliebste Wäscherin für ihre Wünsche engagiert. Was wusste er von ihren Wünschen?
Doch das junge Mädchen stellte sich recht geschickt an – und es war nicht dumm. Keine einfältige Gans, die stumpfsinnig ihre Befehle ausführte: „Bring dies dorthin, hol mir das, schenk mir Wein nach …“ Wiebke konnte sogar lesen und schreiben, und – was ihr am meisten gefiel – sie war ihrer Herrin treu ergeben.
Kirsten wusste genau, was das Gesinde über sie sprach. Sie hatte einen Spion in ihrer Mitte, der sich seine Dienste gut bezahlen ließ. Von ihm wusste sie auch, dass sie sich stets zurückhielt und nicht klatschte. Vielleicht würde
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