Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
Vom Netzwerk:
konnten.
    Doch das hatte Zeit, zunächst galt es, sich den schlammigen Niederungen dieses Krieges zu widmen. Als es fest an der Tür klopfte, ließ er das Kabinett, die Befehlshaber der einzelnen Truppenkörper, eintreten. Nacheinander kamen Buchwald und Pogwisch durch die niedrige Tür und stellten sich an den Kartentisch. Dahinter folgten Christian von Braunschweig sowie Adolph Friedrich und Johann Albrecht von Mecklenburg, Philipp Fuchs, Christian Wilhelm von Brandenburg und Marquard Penz. Acht Männer drängten sich in die Turmkammer, um das weitere Vorgehen zu beraten und die Anweisungen des Königs entgegenzunehmen. Ihre Uniformen, die Degen mit den tödlichen Klingen und das Knarren der Lederstiefel veränderten die Stimmung und verliehen dem Raum sofort eine ernste und bedrohliche Atmosphäre.
    Christian blickte in die Runde. Penz war ihm im letzten Schwedenkrieg einer der wichtigsten Ratgeber gewesen und hatte sich bei der Einnahme der Stadt Kalmar durch besondere Tapferkeit empfohlen. Jetzt organisierte er als Generalkriegskommissar die Operationen in Norddeutschland. Auch Fuchs, ein fränkischer Edelmann, war kriegserfahren und zeichnete sich durch großes strategisches Gespür und eine Führungsstärke aus, die Christian zu schätzen wusste.
    Selbst der „tolle Halberstädter“, Christian von Braunschweig, besaß das Zeug zu einem großen Heerführer. Doch seine Jugend lässt ihn einfach nicht die Geduld aufbringen, dieses Handwerk richtig zu erlernen, dachte Christian und seufzte leise. Stattdessen verließ er sich auf sein ungestümes Draufgängertum und Glück.
    Christian wusste, dass seinen sechsundzwanzigjährigen Neffen vor allem seine Feindschaft gegen die katholische Kirche und seine Liebe zum Soldatenleben antrieben. Zudem vergötterte er Elisabeth Stuart, die schöne und lebenslustige Gemahlin des gestürzten Böhmenkönigs. Im Volk erzählte man sich, dass er allein aus ritterlicher Hingabe zu ihr kämpfte. Als sie bei einer Begegnung einen seidenen Handschuh fallen ließ, war er mit großer Geste darauf zugestürzt, und als die Königin ihn lachend zurückforderte, hatte er gerufen: „Madame, in der Pfalz werde ich ihn zurückgeben.“
    Seitdem trug er die zarte Trophäe wie eine Feder an seinem Hut und seine Fahnen schmückte das Motto Pour Dieu et pour elle. Diese Gotteslästerung – wie konnte man es wagen, Gott in einem Atemzug mit einem Weibsbild zu nennen? – erbitterte vor allem den frommen General Tilly. Und so hatte der Marienverehrer dann auch prompt geschimpft, die verführerische Engländerin sei doch nur ein „Sack irdischer Verderbtheit.“
    Christian jedoch kannte auch die weniger ritterlichen Seiten des Engagements. Sein Neffe kämpfte seit fast vier Jahren gegen die Truppen Tillys und hatte mit seinen schlecht bewaffneten Soldaten empfindliche Niederlagen einstecken müssen. Inzwischen waren seine Besitztümer allesamt verpfändet, zwei seiner drei Kanonen waren unbrauchbar, und der eitle Herzog konnte sich noch nicht einmal mehr einen eigenen Haushalt leisten, sodass Christian ihn an seiner Tafel durchfütterte.
    Trotzdem schätzte er den Mut und die Entschlossenheit des jungen Mannes. Christian von Braunschweig brachte es immer wieder fertig, frische Kräfte für den Kampf zu mobilisieren. Selbst eine schwere Verwundung vor einigen Jahren, nach der ihm der linke Arm abgenommen worden war, hielt ihn nicht zu- rück. Im Gegenteil: Nach der Amputation, die der Braunschweiger sturzbetrunken und unter lautem Trommelwirbel über sich ergehen ließ, hatten die Chirurgen aus den Knochen des abgesägten Armes eine Prothese fertigen müssen. Alle Teile, auch die einzelnen Fingerknochen, waren kunstvoll durch Kupferdrähte miteinander verbunden worden.
    Natürlich konnte das Knochengestell den verlorenen Arm nicht ersetzen, doch es wurde zu einem makabren Symbol seines Heldenmutes. Zudem konnte es der Herzog nicht lassen, das Personal und die Kinder auf Steinburg mit seinem klappernden Arm zu erschrecken.
    Christian Wilhelm schließlich, Prinz aus dem Hause Brandenburg, war bereits als elfjähriger Knabe zum Administrator der freien Reichsstadt Magdeburg gewählt worden. Jetzt, mit seinen zweiunddreißig Jahren, stand er im Kampf gegen den Kaiser unerschrocken an der Seite des dänischen Königs. Auch die beiden Herzöge von Mecklenburg, tapfere Feldherren und treue Verbündete, waren unversöhnlich gegen die kaiserliche Gewalt, nachdem Walleinsteins Truppen schon weite

Weitere Kostenlose Bücher