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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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ritten die Männer den Hauptwall ab, der schon zu einem imposanten Bollwerk gewachsen war. Wie ein Ring legte er sich um die Stadt – undurchdringlich für den feindlichen Kugelsturm. An einer Stelle des etwa zwanzig Fuß hohen Walls bemerkte General Fuchs jedoch einen Schaden. Lockere Erde rieselte unter Bohlen hervor, die die brüchige Passage provisorisch bedeckten. Eine Einladung an jeden Feind, der nach einem Schlupfloch suchte. Ein paar gezielte Kanonenschläge, schimpfte er, und der Wall wäre durchbrochen.
    Vorsichtig führte er sein Tier über den Steg, um nach der Ursache für die schadhafte Passage zu forschen. Auch der König ritt heran und besah sich den Abschnitt. Langsam dirigierte er sein Pferd über das schwankende Provisorium. Nach ihm sollten Pogwisch, Buchwald und die Leibwache folgen.
    Zögernd bewegte sich der Wallach über die Bohlen, die Ohren aufmerksam aufgestellt. Christian vertraute dem Gespür des Tieres und hielt die Zügel nur locker in der Hand. Pferd und Reiter hatten die Stelle schon fast passiert, als eines der nachfolgenden Tiere scheute und sich aufbäumte. Lautes Wiehern und das Donnern der Hufe auf den hohl liegenden Planken ließen auch Henning zusammenfahren. Erschreckt setzte das sonst unerschütterliche Pferd zur Seite und brachte die schweren Bohlen ins Rollen. Die Planken polterten den Wall herab und legten die beschädigte Stelle frei.
    Die Männer schrien auf, doch es war schon zu spät. Der König spürte, wie der Boden unter seinem Pferd nachgab und die Hufe des Tieres verzweifelt nach Halt suchten. Auch seine Hände griffen ins Leere, das Leder der Zügel war ihm entglitten. Erde prasselte hinab, dann stürzte Henning und riss seinen in den Steigbügeln gefangenen Reiter mit sich. Der König fiel. Und für einen Moment sah es so aus, als würde die Erde ihn verschlingen.
    Nur ein Sturz, wunderte sich Christian. Und mit plötzlicher Klarheit sah er das unwürdige Ende voraus, das sich der Tod in seiner grausamen Banalität für den König aller Dänen und Norweger ausgedacht hatte. Er wollte laut auflachen. Dann schlug er hart auf und verlor über dem Schmerz das Bewusstsein.
    Im Hof herrschten Aufregung und Durcheinander, lautes Stimmengewirr drang herauf.
    „Es muss etwas passiert sein“, rief Johanna, die in das Zimmer der Gräfin stürzte, wo Wiebke das Bett für die Nacht bereitete. Auch sie hatte innegehalten und Kirsten Munk, die am Feuer saß und an einer Stickerei arbeitete, ängstlich angeblickt. Die Gräfin, bleich und zitternd, erhob sich, trat ans Fenster und schob die Überhänge zur Seite.
    Fackelschein leuchtete ihnen entgegen, helle Lichtpunkte, die sich kreuz und quer über den Hof bewegten und ihnen verrieten, dass die Männer dort unten in großer Verwirrung hin und her rannten.
    „Was zum Teufel ist da los?“, zischte Kirsten leise, bevor sie sich mit einem Ruck zur Tür drehte, um nach einer Antwort zu suchen. Doch noch bevor sie die Klinke erreicht hatte, stürzte General Fuchs ins Zimmer. Er hatte sich noch nicht einmal die Zeit genommen anzuklopfen.
    „Gräfin“, keuchte er und rang nach Worten. „Gräfin, Seine Majestät, Seine Majestät … Der König hatte einen Unfall.“
    „Was ist passiert?“ Die Gräfin packte Fuchs an den Armen, als wollte sie die Worte aus ihm herausschütteln. „Sprecht endlich!“
    „Der König ist mit seinem Pferd den Wall hinabgestürzt und wurde unter dem Tier begraben. Das Pferd ist tot, doch Seine Majestät atmet schwach. Er lebt, aber er hat das Bewusstsein verloren.“
    „Wo ist er?“
    „Die Männer bringen ihn gerade auf einer Trage in den Hof. Ich bin vorausgeeilt, um Euch zu informieren und den Arzt zu benachrichtigen.“
    „Lasst den König in sein Schlafgemach bringen“, befahl Kirsten Munk, doch sie klang ängstlich und verwirrt. Dann eilte sie voran, um ihren Mann zu empfangen.
    Auch Wiebke war zunächst gefolgt, doch ein innerer Zwang hatte sie an der Treppe zögern lassen und sie war in den Hof hinuntergestürzt. Ihr Herz pochte, die Hände flogen zitternd über das Treppengeländer. Auf jeder Stufe, die sie nahm, schickte sie ein Stoßgebet in den Himmel. „Herr, lass ihn nicht sterben. Gott, lass ihn nicht gehen.“ Der atemlose Abzählreim eines kindlichen Glaubens.
    Im Hof lief sie auf die Trage zu, die eben durch das Tor hereingebracht wurde. Christian war blass, seine Augen geschlossen. Je- mand hatte ihm die Hände über der Brust gefaltet, sodass es aussah, als

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