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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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Engel war. Und ihre wenigen zärtlichen Stunden waren gesegnet gewesen. Bei ihrem letzten Treffen vor dem Feldzug hatte sie ihm gesagt, dass sie schwanger sei. Er war glücklich gewesen. Ein kurzer Moment des Glücks inmitten dieses Wahnsinns. Jedes Kind ist doch ein Geschenk Gottes, dachte er, und hatte sie lange in seinen Armen gehalten.
    Später hatte er ihr großzügig einige Goldtaler zukommen lassen und mit ihrem Vater eine vorteilhafte Hochzeit arrangiert. Vor wenigen Tagen hatte sie Jacob Johannson, einen hübschen, jungen Offizier aus seinem Gefolge, geheiratet, den er vom Zug gegen Tilly freigestellt hatte. Er hoffte, dass die beiden wie geplant nach Jütland abgereist waren, um dort zu leben. Er betete, dass sein Samen in ihrem Bauch zu einem prächtigen, kleinen Menschen heranwachsen durfte. Ein temperamentvoller, stolzer Gyldenløve, mit den dunklen Augen des Südens.
    Er seufzte und atmete noch einmal den süßen Duft seiner Frau ein. Früher hatte er gedacht, dass sich in ihren Haaren die Träume der Nacht verfingen. Süße Begierden, die er am Morgen aus den Flechten herauslöste: ein Kuss, lang und verschwenderisch. Eine Umarmung, die ihn direkt zu ihr führen konnte, hinein in ihren köstlichen, fruchtbaren Leib.
    Was ist das Leben, wenn nicht der göttliche Auftrag, Leben zu schenken, dachte er. Neues Leben in diese Welt zu setzen und sie in einen Ort der Zuversicht zu verwandeln. Und jetzt hatte er sie an einem einzigen Tag in einen Ort des Todes, des tausendfachen Todes, verkehrt. Christian begann zu weinen. Als er drei Tage später an Bord des Schiffes ging, das ihn nach Stade bringen sollte, schimmerten die Tränen noch immer in seinen Augen.

     
Johanna von Krabbe, erste Hofdame am Hof Christians IV.: Aus ihren geheimen Aufzeichnungen
    Die Flucht aus Wolfenbüttel war schrecklich. Die Nachricht von der Niederlage des dänischen Heeres schreckte uns aus dem Schlaf, und albtraumhafte Dunkelheit lag über allen Berichten. Wir konnten uns nicht vorstellen, was geschehen war. Wie hatte der König diese Schlacht verlieren können? Warum hatte Gott uns verlassen? Es waren doch die Protestanten, die für seine Herrlichkeit kämpften. Das schreckliche Geschehen erschütterte unseren festen Glauben und ließ uns zweifeln.
    „Was wird nun geschehen?“, fragte Wiebke ängstlich, als wir im fahlen Morgenlicht endlich in der Kutsche saßen und die Stadt hinter uns ließen. „Wo werden wir enden?“
    Ich wusste, dass der König seine Männer weiter nördlich, an der Elbe in Stade zusammenziehen wollte, und so geschah es. König Christian sammelte die Überreste seines Heeres in den Elbniederungen, Stade selbst hatte er eiligst befestigen lassen. An einen neuen Angriff war nicht zu denken, doch der König versuchte, zumindest eine Elbquerung des Feindes nach Norden zu verhindern und Holstein vor den Kaiserlichen zu schützen.
    Wir beteten unablässig für das Reich. Wiebke, die ihre Familie in großer Gefahr wusste, war vor Sorge elend und still. Mitgefühl für das Leid des Königs überschwemmte sie, die Furcht vor der Zukunft nagte an ihr, doch sie zerbrach nicht. Immer wieder blitzte ihre Stärke hervor. Sie schenkte den Kindern Geborgenheit auf der Flucht, sie ertrug die Launen der Gräfin geduldig und auch meine Ängste, die sie mit kleinen Gesten davonscheuchte. Ich beobachtete sie und sah, wie sie gegen ihre eigene Angst ankämpfte.
    „Die Hoffnung ist stärker als das Meer“, flüsterte sie mir zu, wenn sie meine Blicke auffing.
    Ach, wie beharrlich die Erinnerung ist. Schließlich hatte der Kronprinz seinem Vater viertausend Mann aus Dänemark schicken können, und auch Holstein hatte sich gerüstet. Auf einem Landtag in Rendsburg hatte der Stadthalter, der greise Graf Gerhard zu Rantzow, eine flammende Rede an die Landesstände gehalten. Er hatte den Adel beschworen, das eigene Land und die reine Lehre Christi zu verteidigen. Er selbst, so hatte er erklärt, wollte der Erste sein, der sein weißes Haupt gegen den Feind ins Feld führte, und alle sollten seinem Beispiel folgen. Der König hatte ihn gerührt in die Arme geschlossen.
    Der holsteinische Adel hatte sich einstimmig verpflichtet, König Christian weiterhin zu unterstützen. Stadt und Land steuerten Geld und Männer bei, um ein neues Heer zu rüsten. Dieses war bald zweitausend Reiter und tausend Mann Fußvolk stark und wurde vom König gemustert. Ein halbes Jahr nach der Schlacht bei Lutter konnte Seine Majestät wieder über ein

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