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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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geblieben“, fluchte Christian jetzt. „Der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel hat längst seinen Frieden mit dem Kaiser gemacht und versucht, meine Truppen aus den weni- gen Gegenden, die sie in seinem Land noch besetzt halten, zu vertreiben.“
    Dabei traf er auf einen schwachen Gegner. Christian, der weder genug Lebensmittel und Geld für seine Leute aufbringen konnte noch ausreichend Pferde für seine Reiterei hatte, versuchte aus der Ferne angestrengt, Ordnung innerhalb seiner heruntergekommenen Truppen zu halten. Anfang August hatten sich schließlich die Überreste des Mansfeldschen Heeres in Bernstein ergeben. Neues Unheil drohte, als Tilly, Wallenstein und ein weiteres kaiserliches Heer unter dem Kommando des spanischen Generals von Pappenheim weiter nach Norden vorstießen.
    „Es ist schwer, diese Niederlage zu akzeptieren.“ Die kalten Augen Ellen Marsvins blickten ihn unergründlich an.
    Christian sah in die Nacht hinaus. Wieder zogen die Bilder der Ereignisse wie Schlachtengemälde in seinen Gedanken auf. Er hatte längst einsehen müssen, dass er gegen eine solche Übermacht die Elbe nicht lange würde halten können. Trotzdem überraschte ihn während eines zweiten Landtags in Rendsburg die Nachricht, dass Tilly seine Abwesenheit von der Elbe genutzt hatte, einen Pass bei Luttershausen zu überrennen. Nachdem er Boitzenburg und Lauenburg besetzt hatte, rückte er nach Hamburg vor.
    Die königliche Familie, die sich noch im nahe gelegenen Stade aufhielt, war sofort ausgeschifft worden. Über Büsum und Friedrichsstadt ging es nach Flensburg, wo Christian erfahren hatte, dass Pinneberg, die erste Stadt in seinem Hoheitsgebiet, sich nach achttägiger Belagerung ergeben hatte und dass auch Wallenstein in Holstein eingerückt sei und unaufhaltsam vordringe.
    Der König hatte sich zunächst bemüht, seine Truppen in Schleswig zusammenzufassen. Das versuchten die Kaiserlichen zu vereiteln und griffen verschiedene Heeresteile an. Mit Ausnahme der holsteinischen adligen Reiterfahne und des Regiments des Herzogs von Weimar wurden sie alle vernichtet. Wer nicht gefallen war, ergab sich, und nur wenige Männer konnten sich bis Rendsburg durchschlagen.
    Als der König diese Nachricht in Flensburg erhielt, hatte er das Festland verloren gegeben. Nun ging es darum, die Inseln, ja das Heiligtum Dänemark selbst, zu schützen. Die letzten, von Heiligenhafen auf Schiffen ankommenden Truppen wurden nach Fünen geschickt. Christians Reiterei jedoch musste sich noch auf dem Festland bei Halborg Wallensteins Truppen ergeben. Nur zweitausend Mann erreichten die rettende Insel im Lillebelt, wo sie ohne gegnerische Flotte unangreifbar waren.
    Nun saß Christian hier und fühlte sich wie ein Gefangener. Gefangen zwischen den Wassern und im Reich seiner Schwiegermutter, die aus Furcht vor dem anrückenden Feind alle ihre beweglichen Güter von Jütland auf die Insel hinübergeschafft hatte. Er wollte nicht nach Kopenhagen zurückkehren, sich nicht eingestehen, dass alles verloren war.
    Christian hasste es, zur Untätigkeit verdammt zu sein. Tagsüber mühte er sich vergeblich, in rastlosen diplomatischen Missionen neue Kräfte zu gewinnen. Er brauchte mehr Männer, neue Bündnispartner. Oft stand er aber auch stundenlang am Meer und blickte über die grünlich glitzernden Wellen des Belts, unter deren Oberfläche die silbrigen Schwärme der Heringe und Makrelen ihre Bahnen zogen. Niedrige Kiefergewächse beschirmten ihn, und das Wasser schlug spöttisch an den Strand. Er sehnte sich nach dem alten Leben, als sein Reich noch bis hinunter an die Elbe reichte und es sein einziger Wunsch war, Gott zu gefallen.
    An guten Tagen ließ er flache Steine über das Wasser hüpfen. Einmal, zweimal, dreimal, viermal. Dabei scherte er sich nicht um seine Leibwache, die verlegen in den Dünen stand und seinen kindischen Spielereien mit unbeweglichen Mienen folgte. An schlech- ten Tagen versenkte er sich in das Ecce homo, das er stets in einer der Satteltaschen bei sich trug.
    Er war froh, dass Kirsten in der Gesellschaft ihrer Mutter Halt und Abwechslung gefunden hatte, war das vergangene Jahr für seine Frau doch hart und entbehrungsreich gewesen. Sie hatte ihn oft wochenlang nicht zu Gesicht bekommen, und wenn er sich in Stade aufgehalten hatte, war er in seinen diplomatischen Bemühungen verstrickt gewesen. Er hatte zögerliche Gesandte empfangen, die er später wieder zum Teufel gejagt hatte, und so viele Depeschen verfasst, dass er

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