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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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meinte, den Ärmelkanal damit zupflastern zu können. Doch weder England noch Frankreich waren ihm über diese Brücke entgegengekommen.
    Zum Jahresende hatte Kirsten ihm Zwillinge geboren, zwei gesunde, starke Mädchen, deren Ankunft sich erst sehr spät abgezeichnet hatte. Noch in Wolfenbüttel war von einer Schwangerschaft nichts zu spüren gewesen, die beiden Mädchen hatten im Bauch ihrer Mutter in stiller Umarmung geruht und keinerlei Übelkeiten, Launen oder andere Beschwerden verursacht. Erst als sich Kirstens Taille im Laufe des Herbstes mit plötzlicher Heftigkeit rundete, hatte Fueren nach einer eingehenden Untersuchung verkündet, die Gräfin sei wieder guter Hoffnung, und wenn ihn nicht alles täuschen würde, müssten noch vor der Heiligen Nacht zwei Engel das Licht der Welt erblicken.
    Die Geburt hatte Christian seiner Frau wieder ein wenig nähergebracht. Er war entzückt gewesen, als er seine Töchter das erste Mal betrachten durfte. Christiane und Hedwig waren das erstaunliche Spiegelbild ihrer Mutter, die die Niederkunft wie immer kreischend und fluchend, aber bei bester Gesundheit überstanden hatte. Ein dunkler Flaum bedeckte ihre Köpfchen, und die Augen leuchteten in klarem Blau. Auch in ihrer Wiege suchte die eine die Nähe der anderen, und so wuchsen zwei unzertrennliche Geschöpfe heran, die keinerlei Ansprüche stellten, solange sie nur beieinander waren.
    Es schien, dass selbst Kirsten eine außergewöhnliche Zuneigung zu den Kindern empfand, auch wenn diese wohl nur in der Dopplung der beiden Wesen begründet lag, die den Kindern die Aura einer seltenen Kostbarkeit verlieh. Eine weitere Trophäe in ihrer Kuriositätensammlung.
    In einem stillen Moment hatte Christian gegrübelt, wann Kirsten die Kinder empfangen haben konnte. Er erinnerte sich nur an eine oder zwei intime Begegnungen mit seiner Frau, doch sein Samen musste stark und voller Kraft sein, wenn sie sofort wieder schwanger geworden war. Und war nicht auch Anna, sein Liebchen aus Wolfenbüttel, nach nur wenigen gemeinsamen Stunden froher Hoffnung gewesen? Es befriedigte ihn, dass er Gottes Auftrag einmal mehr in Fleisch und Blut verwandelt hatte. Vielleicht würde seine Liebe wieder über ihn und alle Dänen kommen?
    Er nahm noch einen Schluck Wein, dann rollte er seine Karten zusammen, schob den Stuhl zurück und stand auf.
    „Gute Nacht, Ellen“, sagte er in Richtung seiner Schwiegermutter, die grüßend eine Hand hob, den Blick aber nicht mehr von ihren Büchern wandte. Leise schloss er die Tür hinter sich, dann durchquerte er die Halle und ging die breite Haupttreppe in den ersten Stock zu den Schlafgemächern hinauf. Vor der Tür zu Kirstens Zimmer zögerte er, schließlich drückte er die Klinke herunter und trat ein. Er weckte Johanna, die zusammengerollt am Fußende des Bettes lag, und schickte sie fort. Leise entkleidete er sich, dann glitt er mit einem wohligen Seufzer unter die Decke zu seiner schlafenden Frau.
    Wiebke war aufgewacht, als sie die vertrauten Schritte des Königs auf der Treppe hörte. Sie horchte und verfolgte seinen Weg den Flur entlang, vorbei an der Kinderstube, in der sie mit den Kleinsten schlief. Für gewöhnlich zählte sie an die dreißig Schritte, bis er sein Schlafgemach erreicht hatte. Heute jedoch stoppte Christian vor der Tür zum Zimmer der Gräfin, das sich an das Kinderzimmer anschloss. Erstaunt setzte sie sich auf. Wann hatte das Paar die letzte gemeinsame Nacht verbracht?
    Seit der Flucht aus Wolfenbüttel konnte sie sich an keine liebevolle Begegnung erinnern, ja selbst die überraschende Schwangerschaft mochte sie nicht dem königlichen Samen zuschreiben. Die Zwillinge waren nicht nur Kirsten wie aus dem Gesicht geschnitten, sondern trugen auch die gleichmäßigen und edlen Züge des Rheingrafen. Sie selbst hatte beobachtet, wie die Gräfin ihren Liebhaber vor einiger Zeit an die Wiege geführt und Otto von Solms dabei mit einer Mischung aus Stolz und Triumph angeschaut hatte.
    Der Rheingraf konnte im königlichen Haushalt inzwischen ungehindert ein- und ausgehen. Christian hatte ihn nach der Schlacht von Lutter, in der er sich durch besondere Tapferkeit und Wagemut ausgezeichnet hatte, zu einem seiner obersten Befehlshaber befördert. Im Hauptquartier auf Fünen war er gern gesehener Gast an der abendlichen Tafel. Selbst Kirstens Mutter hielt ihr Misstrauen in Schach, denn nach der Geburt der Zwillinge glaubte sie, dass diese Episode der Vergangenheit angehörte.
    In der Tat

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