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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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mit Quecksilber versetzte Schwitzbäder, die offensichtlich nur vorübergehende Erleichterung brachten. Häufig blieb ihnen nichts anderes übrig, als das faulende Fleisch herauszuschneiden.
    „Das Gehen fällt ihm zunehmend schwer und er kann nur noch mit Mühen sein Pferd besteigen“, setzte Gustav Adolf wieder an. Dann sah er Christian in die Augen. „Ihr wisst, was man sich über die Lustseuche erzählt? Am Ende verändert sich der Kern des Menschen, man neigt zu kruden Gedanken, zu Größenwahn und Zügellosigkeit.“
    Die Lustseuche, also doch, dachte Christian. Konnte es sein, dass ausgerechnet diese Strafe Gottes den unerschrockenen Kämpfer getroffen hatte?
    „Seid Ihr Euch sicher?“, fragte er gepresst. Gleichzeitig dankte er Gott dafür, selbst von dieser rätselhaften Krankheit verschont geblieben zu sein. „Man sagt, die Seuche befalle den, der die Liebe über alle Maßen goutiere.“
    Gustav Adolf sah in spöttisch an. „Das sagt man, in der Tat“, er- widerte er, und zum ersten Mal verzog sich sein Mund zu einem Lächeln.
    Doch Christian ließ sich nicht irritieren. „Ich verstehe nicht, was diese Gerüchte mit unserer Zukunft zu tun haben.“
    „Sie geben uns Zeit. Wir sollten abwarten, nichts überstürzen.“
    „Zeit. Pah …“ Christian schlug mit der Rechten in die Luft, als ob er das flüchtige Wesen, das niemand halten konnte, am Schopfe packen wollte. „Es ist unserer nicht würdig, allein auf die Zeit zu vertrauen. Ich habe genug Zeit vertan, um nach Lösungen zu suchen. Und glaubt mir, nur ein Angriff kann uns helfen.“
    „Denkt nach! Die Kurfürsten im Deutschen Reich begehren seit Langem gegen die Macht Wallensteins auf. Wenn der Kaiser ihm nun auch noch die mecklenburgischen Fürstentümer mit allen Privilegien verleiht – und er kann nicht anders, will er seine immensen Schulden bei ihm abtragen –, provoziert er die Reichsfürsten weiter. Ich bin überzeugt, dass Maximilian von Bayern unverhohlen gegen ihn intrigieren wird. Nun denkt Euch das böse Geflüster des Bayern und fügt das immer merkwürdigere Verhalten des Generalissimus hinzu. Wie lange wird der Kaiser zu seinem Feldherrn halten können, der ihm doch heute schon viel zu mächtig und unkontrollierbar erscheint?“
    Christian dachte nach. Er beurteilte die Situation im Reich ähnlich, doch er wollte einen isolierten Wallenstein mit einem gemeinsamen, großen Angriff wieder hinter die Elbe jagen.
    „Aber was ist mit dem Bau der Flotte, der angestrebten Allianz mit den Hansestädten?“, versuchte er, Gustav Adolf doch noch für seinen Plan zu gewinnen.
    „Ich bin mir sicher, dass die Hanse nicht in ein Bündnis einwilligt. Die Städte taktieren und Stralsund wird die Aufnahme kaiserlicher Besatzung ablehnen, das werde ich mit meinen Verhandlungen erreichen. Die Stadt ist strategisch wichtig für Wallenstein, aber sie ist gut befestigt. Wenn er sie nicht nimmt, ist sein Ruf beschädigt. Und der Kaiser wird nicht mehr an seine von Gott gesandte Unfehlbarkeit glauben.“
    Jetzt stand auch Christian auf. Er war erregt, sein Körper verlangte nach Bewegung. Ratlos tastete er nach seiner heiligen Locke.
    „Sir“, kam ihm von Tillmanns zur Hilfe. „Die Ostseepläne der Kaiserlichen sind eine ungeheure Provokation für alle Dänen. Und Schweden“, fügte er mit einem Seitenblick auf Gustav Adolf hinzu. „Können wir das hinnehmen?“
    Christian schüttelte unwirsch den Kopf. Ihm stand der Schweiß auf der Stirn, obwohl es kühl im Zelt war, dessen dünne Bahnen kaum vor dem eisigen Wind schützten. Was hatte der Schwedenkönig mit ihm vor? Denk nach, zwang er sich. Diese Ruhe ist Fassade, muss Fassade sein. Was sind seine Pläne? Er blickte wieder auf die Karte zu seinen Füßen.
    Solange Wallenstein aktiv war, konnte Gustav Adolf kaum weitere Eroberungen an der Ostsee für sich verbuchen. Doch wenn der kaiserliche General seinen Oberbefehl niederlegen musste, wäre die Stunde des Löwen gekommen. Mit seinen starken Truppen könnte er Pommern und Mecklenburg im Handstreich besetzen und damit beinahe die gesamte Ostsee unter schwedische Oberhoheit bringen. Und er, Christian, König aller Dänen und Norweger, müsste hilflos zusehen, denn die kümmerlichen Truppenteile, die ihm geblieben waren, hätten der schwedischen Streitmacht nichts entgegenzusetzen. Doch wie sollte er dann seine Schatztruhen wieder auffüllen, wenn die Sundzölle ausblieben und alles Gold und Silber in schwedische Hände gelangte?
    Christian

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