Das Königsmal
vorantreiben und seine Gegner zum Schweigen bringen.
Der Aufmarsch hatte die Hanse aufgescheucht. Doch entgegen allen kaiserlichen Erwartungen hatten sie seine Freundschaft nicht angenommen, sondern Wallenstein lediglich achtzigtausend Taler für seinen Rückzug angeboten. Der Feldherr hatte geschäumt und geschworen, er werde die Stadt einnehmen – „und wenn sie mit Ketten an den Himmel angeschlossen wäre“. Er ließ sich in seinen Plänen nicht beirren und traf mit seinen Soldaten vor Stralsund ein.
Dort waren die Stadtherren nicht untätig geblieben. Drei Tage vor Wallensteins Ankunft hatten sie ihre Verhandlungen mit Gustav Adolf beendet und einen Vertrag unterzeichnet. Der schwedische König sagte Stralsund auf dreißig Jahre seinen Schutz zu, wenn es ihm einen Landeplatz für seine Flotte stellte. Mit den Schiffen des Schwedenkönigs im Rücken und verschanzt hinter ihrer Stadtmauer fühlten sich die Stralsunder Herren so sicher wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Man ließ die Frauen und Kinder aus der Stadt ziehen, verriegelte die Land- und Seetore und wartete ruhig ab.
Alles, was Wallenstein von der backsteinernen Schönheit Stralsunds zu sehen bekam, waren die Kirchtürme, deren Glockengeläut ihn höhnisch begrüßte. Dazu regnete es Feuer vom Himmel, siedend-heißes Pech, das die Stralsunder auf den Sturm der Männer herabkippten. Nach zwei vergeblichen Angriffen hatte er schließlich erkennen müssen, dass die Stadt ohne eigene Flotte nicht zu nehmen war. Ende Juli reiste Wallenstein ab, und eine Woche später brach auch sein Heer das Lager vor den Festungsmauern ab. Der Mythos Wallenstein begann zu bröckeln.
Der Feldherr hatte sich mit seinen Söldnern ins Landesinnere zurückgezogen, und Christians Männer begleiteten die Schmach des Kaisers und seines Feldherrn mit höhnischen Worten. „Adler können nicht schwimmen“, verspotteten sie den Habsburger und unkten, dies sei der Anfang vom Ende.
Auch Christian selbst war optimistisch. „Wenn sich jetzt eine starke Front gegen den General und die kaiserliche Politik stellt, können wir allem ein Ende bereiten“, hatte selbst von Tillmanns bestätigt. Doch er mahnte: „Es stehen immer noch zwei Parteien gegen den Kaiser, nicht eine. Maximilian und die katholischen Fürsten verlangen, dass Deutschland unter Verhältnissen gefestigt wird, wie sie nach der Schlacht bei Lutter bestanden.“
„Und die Protestanten unter Johann Georg von Sachsen fordern die Wiedereinsetzung Friedrichs in der Pfalz“, fügte Christian seufzend hinzu. „Wenn sich doch beide Parteien vereinigen würden, dann wäre es möglich, dem Kaiser den Willen der Kurfürsten aufzuzwingen und den Krieg zu beenden.“
Doch alle Gespräche zwischen den Lagern blieben ohne Ergebnis. Auch Gustav Adolf wollte sich von Christian nicht zum Eingreifen drängen lassen. Noch sei die Zeit nicht gekommen, ließ er dem Dänen übermitteln. Hatte er ihren Pakt schon wieder vergessen?
„Zeit, Zeit“, murmelte Christian jetzt und der Wein befeuerte seine Gedanken. Seine Männer waren ausgeruht, bereit. Und auch er hatte sich nie besser gefühlt. Vor einigen Wochen hatten sie Wolgast eingenommen. Nun lagerten sie südöstlich von Stralsund in den Dünen, während Wallensteins Truppen weiter im Landesinneren standen. Immer stärker wurde sein Drang, in Mecklenburg einzufallen. Land zu gewinnen, wieder in die Mitte Deutschlands vorzustoßen.
„Warum nicht angreifen?“, flüsterte er. Und Buchwald, der ihn wohl gehört hatte oder die Worte von den Lippen las, nickte.
„Es gilt, es gilt“, antwortete er. „Wir haben fünftausend Mann unter Waffen. Starke Männer, gute Kämpfer. Und Wallenstein ist nicht mehr der Alte.“
„Sein Gott hat ihn verlassen, ich weiß es“, murmelte Christian weiter, und die Hitze des Weins breitete sich in seinem Körper aus. Er nahm noch einen Schluck und zeichnete dann die Küstenlinie Mecklenburgs in den Sand. „Ruft das Kommando zusammen!“
Buchwald erhob sich und winkte die Truppenführer heran. Auch Christian hatte sich aus dem Sand gestemmt und stand leicht schwankend da. „Morgen schlagen wir los“, befahl er. „Bevor die Sonne aufgeht.“ Mit dem Schwert zeichnete er seine Pläne in den Sand. Dann wankte er müde in sein Zelt. In den Stunden zwischen Schlaflosigkeit und Morgen galten seine Gedanken der kleinen Wäscherin, seinem Engel. Vor seinem inneren Auge sah er ihr lieb gewonnenes Gesicht und er konnte sich nicht dagegen wehren, sie zu
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