Das Königsmal
auf den intriganten Kapuzinerpater Valeriano Magni, der den Feldherrn aus früheren Jahren kannte. Gemeinsam sammelten sie Stoff für Verleumdungen, um Stimmung gegen den Liebling des Kaisers zu machen.
Und Wallenstein hat seinen Gegnern ein ganzes Bündel an Schwächen geliefert, die ihren Weg ganz wunderbar in die brisanten Dokumente und Gutachten gefunden haben, dachte Christian spöttisch. Seine luxuriösen Ausschweifungen etwa, mit denen er den Neid der Habsburger provozierte. So hatte er unterhalb der Prager Burg ein ganzes Stadtviertel abreißen lassen, um dort ein unverschämtes Palais zu errichten. Den großen Festsaal, so hatten die Flugblätter berichtet, zierte ein Deckenfresko, das Wallenstein als Kriegsgott Mars im Streitwagen feierte. Auch die Ausstattung seines Palastes sollte jedermann staunen lassen: Tafelsilber aus Genua schmückte die Tische, Gobelins aus Flandern prunkten an den Wänden, und Teppiche aus Venedig bedeckten die Böden in verschwenderischer Zahl. In einer eigens angelegten Felsengrotte, so hieß es, vergnügte sich der General mit Schwänen und Sirenen beim Bade, während die Habsburger oben auf dem zugigen Hradschin froren.
Auch seinen Glauben an die Wahrheit der Sterne nahm man ihm übel. Es hieß, er habe Astrologen kommen lassen, die öffentlich erklären sollten, seine Sternenkonstellation sei nur für wenige Jahre günstig gewesen und diese Zeit sei jetzt um. Doch das falsche Spiel wurde verraten und die Empörung wuchs.
„Die Reichsfürsten fürchten, dass Wallenstein Reichstag wie Konvent abschaffen will“, meldete von Tillmanns weiter. „Diese Versammlungen sind ihre Bühne, die Institutionen ihrer Macht. Wer die Herrschaftsform im Reich ändern will, macht sich die Fürsten zum Feind.“
Listig spielten Maximilian von Bayern und sein Gehilfe Magni mit den Ängsten im Reich. Sie schürten die Stimmung gegen den Generalissimus. Ein wütendes und anklagendes Lamento war angeschwollen und echote durch die Lande.
Von Tillmanns hatte gejubelt. „Die Kurfürsten setzen den Kaiser unter Druck. Sie drohen, seinen Sohn Ferdinand nicht zum römischen König und damit zu seinem Nachfolger zu wählen. Sie fordern, dass Wallenstein seine Armee verkleinert, sonst wollen sie die Dynastie schwächen.“
Das Blatt beginnt sich zu wenden, stellte Christian befriedigt fest. Er leckte sich den Wein von den Lippen. Schon fühlte sich seine Welt leicht an, fast beschwingt. Und frei. Die Fesseln des Kriegs, die jeden seiner Gedanken in den zurückliegenden Jahren beherrscht hatten, spürte er plötzlich nicht mehr. Da war nur noch ein leuchtender Gedanke: War Wallenstein tatsächlich eine verdammte Seele?
Gemeinsam mit seinem Gesandten von Tillmanns hatte er in den vergangenen Wochen über die Pläne des Generals gerätselt. Christian konnte nicht verstehen, warum sich der Generalissimus nicht mit den Erfolgen begnügte und sich im Triumph zurückzog. „Was treibt ihn nur an?“, hatte er gefragt.
Von Tillmanns hatte die Augenbrauen hochgezogen. Sein fülliges Gesicht nahm den Ausdruck eines Kauzes an. „Wallenstein will alles beherrschen und kontrollieren“, erwiderte er. Dann flüsterte er: „Und man glaubt, er sei ein Monstrum. Ein Todeswesen. Die Welt hat keinen Raum für einen wie ihn. Deshalb kennt er keine Grenzen.“
„Sein Gott hat ihn also verlassen?“ Christian hatte an die vielen kursierenden Berichte über merkwürdige Anfälle gedacht. Zeugen beschrieben ihn als launenhaft und zügellos, wie vom Wahn getrieben. Die todbringende Krankheit, von der Gustav Adolf gesprochen hatte, sollte sie das Leben und die Gedanken des Feldherrn tatsächlich schon beherrschen? Ihn quälten Schmerzen, das hatte man beobachtet. Sein unsicherer Gang zeugte davon, dass die Quecksilberkuren seiner Ärzte nicht halfen.
Er muss doch zur Ruhe kommen wollen, wunderte sich Christian. Doch an Schonung war nicht zu denken, Tag für Tag verbrachte Wallenstein viele Stunden im Sattel. Ein neuer Kriegsschauplatz war eröffnet worden, nur wenige Meilen von diesem Strand entfernt. Im Zuge seines Ostseeplans hatte Ferdinand den Hansestädten Lübeck und Hamburg Bündnisse angeboten. Doch als sein Werben um die Hanse, diese reiche, mächtige Braut, fehlschlug, sandte Wallenstein sein Heer gegen Stralsund. Wie Gustav Adolf es vorausgesagt hatte, wollte er diese Stadt, ihren natürlich geschützten Hafen an der Ostsee, um jeden Preis. Ihre Eroberung sollte die maritimen Pläne des Kaisers endlich
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