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Das Königsmal

Das Königsmal

Titel: Das Königsmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Burseg
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begehren. Schon seit Wochen versuchte er, in Wiebkes Träume einzubrechen.
    Kirsten fluchte leise. Sie suchte eins ihrer Colliers, ein besonderes Stück, das Christian ihr zu Anfang ihrer Ehe geschenkt hatte. Wundervolle Smaragde waren darin verarbeitet, einige so groß wie Taubeneier. Dazu Perlen und aufwändig geschmiedete Ornamente. Sie konnte sich noch genau daran erinnern, dass sie hatte keuchen müssen, als Christian ihr das schwere Schmuckstück um den Hals gelegt hatte. Das Funkeln der Steine hatte sie fast willenlos gemacht. Und die anschließenden Stunden waren wohl die leidenschaftlichsten gewesen, die der König und sie je erlebt hatten. Christian hatte sie langsam ausgezogen und die Kette immer wieder über ihren nackten Körper gleiten lassen. Die kalten, blitzenden Steine hatten ihr Innerstes berührt und Schauer über sie gejagt.
    Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Lange, lange hatte sie die Kette nicht mehr angelegt. Sie war ein Symbol vergangener Tage, und sie wollte sich nicht daran erinnern, dass sie sich Christian einst mit Wonne hingegeben hatte. Dem Mann, dem sie jetzt entfliehen wollte. Nicht nur in Gedanken.
    Kirsten öffnete die letzte Schmuckschatulle, die sie noch nicht durchwühlt hatte, und blickte hinein. Ja, ich will fliehen, dachte sie. Fort von hier, fort von ihrer Mutter und dem König. Die entsetzliche Schwangerschaft, die Schmach der Geburt und die erniedrigende Rückkehr nach Dalum hatten dieses Gefühl nur noch verstärkt. Sie hatte es satt, ihr Leben den Gelüsten Christians zu opfern. Wo war er denn? Weg, leidenschaftlich verbunden mit seinem Krieg.
    Und ihre Mutter? Kein Gefühl mehr hatte sie für diese Frau, die sie verraten hatte. Und kein Wort. Seit einhunderteinundsechzig Tagen hatten sie nicht miteinander gesprochen, sie wusste es genau. Johanna und Wiebke waren ihre Instrumente, wenn es darum ging, sich zu verständigen. Doch auch sie ahnten nicht, dass sie ihre Flucht vorbereitete. „Alles geheim, so geheim“, summte sie und suchte weiter.
    Schon den ganzen Sommer über hatte sie über ihre Mittelsmänner einige unauffällige Schmuckstücke verkauft. Die Erlöse trug sie Tag und Nacht bei sich, in einem Lederbeutel, der sich mit Goldtalern füllte. Und jetzt die Smaragde, sie wollte den Schatz in eins ihrer Kleider einnähen. Die Steine könnte sie einzeln verkaufen, später, wenn sie mit Otto in Sicherheit sein würde.
    Auch der Rheingraf bereitete alles für die gemeinsame Flucht vor. Ihr Briefwechsel war voll von verschlüsselten Plänen und versteckten Andeutungen. Frankreich war ihr Ziel, die Gärten der Bourbonen. Otto hatte bereits begonnen, sein Vermögen zu transferieren. Zu einem geeigneten Zeitpunkt wollte er sich auf Wallensteins Seite schlagen und später in den Kriegswirren ganz untertauchen.
    Sie selbst sollte an Bord eines Fischkutters in die Niederlande gelangen und von dort weiter nach Frankreich reisen. Einige Männer des Rheingrafen waren mit der Planung beauftragt. Und die Signale, dass es bald losgehen sollte, wurden immer deutlicher. „Warte auf mein Zeichen. Ich werde ein Bouquet schicken, weiße Rosen, und nur Du wirst seinen Sinn verstehen. “
    Kirsten widmete ihre Aufmerksamkeit erneut dem Kästchen. Einige Schmuckstücke des Königs und Orden, die man ihm verehrt hatte, befanden sich auch darin. Sie zog den Elefantenorden heraus – ein wahrlich prächtiges, aus Gold, Email und Perlen gefertigtes Schmuckstück, in dessen Mitte vier große, in Karreeform geschliffene Diamanten ein Kreuz bildeten. Die Ordenskette aus goldenen Elefanten und zinnenbewehrten Türmen lag schwer in ihren Händen und lenkte sie für einen Moment von ihren Fluchtplänen ab. Nur wenige Männer waren Träger des Ordens, der König, die Prinzen und dreißig Ritter.
    Christian hatte ihr den kostbaren Schmuck zur Aufbewahrung gegeben, damit sie abgesichert war, falls ihm etwas zustoßen sollte. Durfte sie ihn auch an sich nehmen? Sie überlegte. Niemand würde den Verlust entdecken, da war sie sich sicher. Vielleicht später, wenn dem König der Schmuck wieder einfallen würde. Doch bis dahin sollte sie tausende Meilen zwischen sich und ihren Mann gebracht haben.
    Dennoch zögerte sie. Etwas hielt sie davon ab, das Stück einzustecken. Sie zweifelte, überlegte weiter. Angespannt zerrte sie an den Kettengliedern, als wollte sie ihren Widerstand prüfen. Plötzlich gab das Metall nach, und die Kette zerriss in ihren Händen. Ihre Bestandteile sprühten wie

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