Das Kommando
unter dem Arm gehalten hatte, und schleuderte zwei Fotos auf den Tisch. Es waren Porträts der beiden toten SEALs. »Haben Sie eine Vorstellung, wer diese beiden Männer sind?«
»Nein«, gab Petry entrüstet zur Antwort.
»Irv McGee und Anthony Mason. Diese beiden Angehörigen der Marine der Vereinigten Staaten sind vorige Woche an einem kleinen Sandstrand auf den Philippinen erschossen worden. Sie waren verheiratet und hinterlassen insgesamt fünf Kinder.« Er ließ die Fotos mitten auf dem Tisch liegen. Keiner der Anwesenden würde je näher an die beiden toten SEALs herankommen, und er wollte sicher sein, dass sie alle deren Gesichter ansahen.
»Ms. Petry, können Sie mir sagen, warum diese beiden Männer umgekommen sind?« Rapp ließ eine Pause eintreten, die gerade lange genug war, um ihm zu zeigen, dass sie darauf nicht antworten würde. »Dann sage ich es Ihnen«, fuhr er mit zorniger Stimme fort. »Jemand in diesem Raum hat sich nicht an die bei solchen Unternehmungen geltenden Sicherheitsvorschriften gehalten, wohl weil dieser Jemand der Ansicht war, dass sie für ihn nicht gelten.« Petry verzog keine Miene, und so fragte Rapp sie: »Sie haben wohl keine Vorstellung von dem, was Sie getan haben?«
Zwar war ihr Gesicht jetzt gerötet, doch schien sie nach wie vor nicht erfasst zu haben, was da geschah. Durchdrungen von der Überzeugung, ihr geschehe Unrecht, sagte sie: »Ich hoffe, dass Sie eine gute Erklärung für Ihr Verhalten haben, Mr. Rapp.«
Jetzt klappte er den roten Aktendeckel auf und nahm die Kopien von Petrys E-Mail an Botschafter Cox heraus. Er warf sie zu den Fotos auf den Tisch und brüllte:
»Der Präsident hat in der vorigen Woche entschieden, dass unsere Botschaft in Manila nicht von der bevorstehenden Geiselbefreiung in Kenntnis gesetzt werden sollte! Darüber haben Sie sich hinweggesetzt und Botschafter Cox eine E-Mail mit Einzelheiten über die Aktion geschickt! Vermutlich sind Sie der Ansicht, dass Sie sich an die bei solchen Einsätzen üblichen Sicherheitsvorschriften nicht zu halten brauchen, weil Sie so hart arbeiten und Ihnen das Wohl dieses Landes so sehr am Herzen liegt!«
Petry sah auf ihre E-Mail. Nach wie vor nicht bereit, ein Fehlverhalten einzugestehen, erklärte sie: »Mir ist nicht klar, in welchem Zusammenhang das mit dem Tod der beiden Männer da stehen soll.«
»Dann erkläre ich es Ihnen!«, wütete Rapp. »Botschafter Cox hat Präsidentin Quirino von dem bevorstehenden Einsatz erzählt, die ihrerseits General Moro ins Bild setzte. Moro aber war ein bezahlter Zuträger der Abu Sayyaf! Hätten Sie getan, was Ihre Pflicht war, würden diese beiden Männer noch leben. Sie mit Ihrer verdammten diplomatischen Hochnäsigkeit haben sie umgebracht, und genau das ist der Grund, warum man diesem Ausschuss nichts von dem neuen Einsatz gesagt hat.«
Mit geballten Fäusten stand Rapp am Ende des langen Konferenztischs. Niemand sagte ein Wort. Amanda Petry saß da, den Blick entsetzt auf die beiden Fotos gerichtet. Sie war nach wie vor nicht bereit zu glauben, dass eine einfache E-Mail den Tod dieser Männer verursacht haben könnte. Rapp wusste, dass manchen in Washington sein Verhalten als unprofessionell und gefühllos galt, aber das war ihm gleichgültig. Seiner Überzeugung nach wäre es gar nicht schlecht, wenn das Gefühl in dieser Stadt, vor allem aber im für die nationale Sicherheit zuständigen Behördenapparat, eine deutlich geringere Rolle spielte.
Er drehte sich um und öffnete die Tür. Zwei FBI- Beamte, die Petry festnehmen sollten, warteten davor. Während er in den Korridor eilte, wandten sich seine Gedanken den beiden toten SEALs zu. Mitgefühl verdienten deren Angehörige, nicht aber Petry.
49
David hatte sein Vorgehen genau achtmal geübt. Während er entschlossen die Park Avenue entlangging, den Kragen des schwarzen Trenchcoats hochgeschlagen, um sein Gesicht zu verdecken und sich vor der beißenden Abendkälte des Märztages zu schützen, sah er aus wie jeder beliebige New Yorker. Die Zahl der Passanten hatte gegenüber der Spitzenzeit zu Feierabend stark abgenommen, doch war er um Viertel vor sieben keineswegs allein auf der Straße.
Anders als in Jerusalem hatte er nicht den Eindruck, beobachtet zu werden. Zwar bestand eine geringe Möglichkeit, dass ihn das FBI beschattete, und eine noch geringere, dass ihm der Mossad auf die eine oder andere Weise bis nach Amerika gefolgt war, doch vertraute er auf seine Fähigkeit, Menschen zu entdecken und
Weitere Kostenlose Bücher