Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kommt davon, wenn man verreist

Das kommt davon, wenn man verreist

Titel: Das kommt davon, wenn man verreist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
Vom Netzwerk:
»Hier möchte ich aber lange
nach Pepe und Malinche suchen!«
     
    In der Küche fanden sie den antiken,
rostblühenden Eisschrank in dröhnendem Betrieb, mit Milch, Früchten, Tequila
und einem Wurstzipfel möbliert. Alles noch genießbar.
    »Also waren sie hier«, überlegte Bob. »Oder sind
es immer noch.«
    Rieke hob den Deckel von der stinkenden
Mülltonne im Hof und schaute hinein. Und stellte fest: »Keine Windeln drin.«
    »Das will nichts heißen«, meinte Bob. »Was
braucht ein Baby Windeln bei der Temperatur?«
    Rieke durchstöberte das Haus — drei Schlafzimmer
mit Bädern im Erdgeschoß, vier Schlafzimmer mit Bädern im ersten Stock, um eine
Terrasse gezäunt.
    Im Parterre fanden sie ein Doppelbett zerwühlt.
Mexikanische und amerikanische Zeitschriften lagen über den Boden verstreut.
Eine Badehose hing am Duschhahn. »Was meinst du?« Rieke sah sich gründlich um.
»Keine Zahnbürste, keine Seife...«
    »Das will nichts bedeuten«, meinte Bob, denn er
hatte auch seine Seife vergessen. »Es war eben eine überstürzte Flucht.«
    Sie suchten sich die schönsten Zimmer im ersten
Stock aus. Um diese Mittagsstunde war es in ihnen so mollig wie in einer
Kochkiste. Aber zur Nacht würden sich die Räume sicher abkühlen.
    Als Rieke ihr Nachthemd auspackte, stellte sie
fest, daß sie vom Bett aus durch die Gazetüren einen breiten Blick über die
Terrasse auf den See und die Berge dahinter hatte. Ganz rechts lugte der
schneeverzuckerte Rundkopf des Popocatepetl um die Kurve. Ihn kannte sie aus
der Geographiestunde.
    »Ich geh’ schwimmen«, rief sie in die Richtung,
in der sie Bobs Zimmer vermutete, und rannte so schnell zum See hinunter wie
früher als Kind am ersten Ferientag in die Ostsee.
    Bob sprang mit einer Minute Verspätung
hinterher. Nach dem ersten sportlichen Imponiergehabe trieben sie im braunen,
warmen Wasser am Ufer entlang, an verlassenen Villen vorbei zu einer kleinen
Bucht, in der schlappohrige Rinder und Ziegen badeten.
    »Schön hier?«
    »Sagenhaft«, lachte sie und bewarf ihn mit rohen
Kakteenfrüchten, die ihr über den Weg schwammen. Später lagen sie nebeneinander
in der steilen Sonne. Rieke war froh. So gut hatte sie es schon lange nicht
mehr gehabt. Wenigstens in den letzten Jahren nicht. Oder noch nie...
vielleicht sogar noch nie so gut... Bob lag neben ihr auf dem Bauch, über den
leicht versengten Schultern ein Handtuch, und sah Riekes Freude zu.
    Dieses bewußte Jeden-Augenblick-Genießen steckte
an. »Es macht einen Riesenspaß, dich hier zu haben«, sagte er. »Da lernt man so
viele Frauen kennen — nicht daß ich was mit ihnen haben müßte — ich meine nur —
man trifft viele, aber wann ist schon einmal eine dabei, mit der man wirklich
befreundet sein möchte?!«
    Rieke rollte den Kopf zur Seite und blinzelte
ihn an. »Meinst du mich?«
    »Warum erzähle ich dir’s denn sonst?«
    »Du meinst, ich bin ein richtig guter Kumpel?«
Sie wollte es genau wissen.
    »Ja«, sagte Bob.
    Ein Kumpel.
    Als er nach Rieke schaute, war das Handtuch, auf
dem sie eben noch gelegen hatte, leer. Sie hatte sich einfach von der Mole zwei
Meter tief in den See fallen lassen.
    Kumpel! Ich bin ein Kumpel...!
    Es fehlte bloß noch, daß er ihr kameradschaftlich
auf die Schulter klatschte.
     
    Am späten Abend zog ein Gewitter auf.
    Wildgewordene Fieberkurven zerrissen den
schwarzen Himmel. Der See tobte.
    Rieke und Bob saßen auf der offenen Veranda und
schauten zu. Aus der vom Sturm gebeutelten Vegetation flogen rote Blüten und
Früchte vorbei. Palmblätter klapperten wie exotische Instrumente. Es war Riekes
erstes tropisches Gewitter. Sehr gemütlich.
    »Wenn Pepe und Malinche jetzt mit dem Kind
unterwegs sind...«
    »Dann werden sie naß«, meinte Bob.
    Seine Antwort ärgerte Rieke. »Das mag ich nicht
an dir. Du nimmst ihre Flucht nicht ernst genug. Gib’s zu.«
    Er gab es zu, während er die Orangenscheibe aus
seinem Planterspunsch angelte.
    »Auf alle Fälle werden wir heute nacht die Tür
für sie offen lassen.« Und als er nichts darauf sagte: »Ich möchte nur wissen,
mit was für ‘m Vehikel sie unterwegs sind. Mit ‘nem Eselskarren? Pepe hat doch
noch keinen Führerschein!«
    »Oh«, sagte Bob, »das hat ihn schon mit vierzehn
nicht vom Autofahren zurückgehalten.«
    Das Gewitter war — so plötzlich, wie es
gekommen, weitergezogen. Palmwedel klapperten erschöpft. Man hörte wieder das
Pfeifen der Grillen. Und Wasserglucksen. »An sich wolltest du hier mit Vera
Ferien machen«,

Weitere Kostenlose Bücher