Das Komplott der Senatoren (German Edition)
ließe sich die Frau, der er mittle r weile jedes Verbrechen zutraute, auf lange Diskussionen ein.
Barabéri, Senegal
Der Lauf der Kalaschnikow vor der Nase ließ Lee keine Wahl. Wehrlos erduldete er die Hände des Bodyguards, die ihn nach Waffen abtasteten und seine Taschen leerten. Auch sein Handy verschwand in der Lederjacke des Mannes. Es war ihm gleic h gültig, denn diese Ve r bindung zur Außenwelt funktionierte hier unten ohnehin nicht. Nur eine Frage bestimmte seine Gedanken:
»Wo ist Marion?«
Alicia antwortete nicht. Sie drehte sich schmunzelnd auf den Absätzen und ging zurück zur Tür, aus der sie gekommen war.
Ein unsanfter Stoß zwischen die Schulterblätter bedeutete ihm, ihr zu folgen. Sie schritten durch einen hell erleuchteten Korridor mit nummerierten Türen auf beiden Seiten. Zarte Pa s telltöne an Decke und Wänden sollten wohl beruhigend auf die Gemüter der hier arbeitenden Maulwürfe wirken. Der Flur endete an einer dicken Panzerglastür. Der Bereich dahinter war nur mit Chipkarte und Zugangscode zu b e treten. Alicia blieb stehen. Statt die Glastür zu öf f nen, gab sie einem ihrer Männer ein Zeichen, worauf er die letzte der Seitentüren mit einem Sicherheitsschlüssel au f schloss.
»Angenehme Unterhaltung«, spottete sie. »Ich bin in einer Stunde zurück.« Der bu l lige Bodyguard versetzte ihm einen derben Stoß und schloss die Tür hinter ihm ab.
Er stand in einem Raum mit abstrakten Ornamenten an den Wänden, einem kleinen Schrei b tisch mit Stuhl und einem einfachen Sofabett. Eine postmoderne Klosterzelle. Er nahm j e doch die Umgebung nur unbewusst wahr, denn er starrte entsetzt auf die reglose Frau auf der Liege.
»Marion!«
Leichenblass lag sie da, Kopf und eine Hand mit Verbandszeug umschlungen. Er stürzte ans Sofa, beugte sich über sie. Ihre Augen waren geschlossen, aber er spürte, dass sie regelmäßig und ruhig atmete. »Um Himmels willen, was haben sie mit dir gemacht?«, rief er voller Sorge und Abscheu.
Sie regte sich, schlug die Augen auf, lächelte, hauchte verschlafen: »Lee«, und die Lider fielen ihr wieder zu.
»Wie geht es dir?«
Er küsste sie behutsam, berührte ihre Lippen kaum. Diesmal schaute sie ihn mit w a chen Augen an, als hätte sie erst sein Kuss geweckt.
»Die Blumen waren nicht von dir.« Er begriff erst nicht, wovon sie sprach. Seine G e danken beschäftigten sich mit dem Verband an ihrem Kopf. Blumen? Plötzlich eri n nerte er sich an die harmlose Episode aus einem früheren Leben.
»Ich habe nicht behauptet, dass sie von mir stammten«, grinste er verlegen. Sie setzte sich auf, schaute ihn mit undurchdringlicher Miene prüfend an, dann fiel die Maske von ihr ab. Sie umarmte ihn strahlend und seufzte glücklich:
»Gott, bin ich froh, dass du hier bist.«
»Vorsicht, dein Kopf«, mahnte er.
»Ach das, halb so wild. Ich hab mir eine Schramme geholt, als sie mich aus dem Taxi dieses Mad Max zerrten. Die haben wohl Angst vor Blutflecken auf ihrem teuren Sofa.« Mit diesen Worten wickelte sie die blutverschmierte Bandage ab und warf sie achtlos weg. Als er vorsichtig ihre verbundene Hand ergriff, errötete sie und mu r melte: »Ich glaube, ich muss dir ein i ges erklären.«
Der Bericht hörte sich trotz ihrer Beschwichtigungen haarsträubend an und stürzte ihn erneut in ein Wechselbad der Gefühle. Er zweifelte nicht mehr daran, dass die Hauptverantwortliche für die brutalen Übergriffe jetzt irgendwo da draußen in diesem geheimnisvollen Bunker ihre nächsten taktischen Manöver plante. Alicias Kille r truppe hatte mit Sicherheit auch den hinterhältigen Mord an Quan begangen. Der U n glückliche wollte auspacken und war zum Risiko für ihre schöne neue Welt g e worden. Lee machte sich auch nicht die geringsten Ill u sionen über sein und Marions Schicksal. Auch sie waren unberechenbare Risikofaktoren. Erstaunlich nur, dass man sie nicht längst eliminiert hatte. Die trüben Gedanken waren unschwer an seinem G e sicht abzulesen, denn Marion schloss mit der Frage, die mehr wie eine Feststellung klang:
»Sie werden uns umbringen, nicht wahr?«
»Fragt sich nur wann«, gab er leise zu. Es hatte keinen Sinn, ihr etwas vorzugaukeln. »Ich möchte zu gerne wissen, was hier wirklich vor sich geht, aber jetzt ist nur noch eines wichtig: Wir müssen verschwinden.«
»Wie willst du das anstellen? Die haben mir eine Spritze verpasst. Ich war die ganze
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