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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Rauschen der Wellen. Der Boden vibrierte leise und der Fahrtwind pfiff um die Luken, aber Stimmen waren keine zu hören.
     
    Er schlug die Augen auf und erhob sich. Vorsichtig, jeden Sichtschutz nutzend, schlich er zum Deckhaus. Hier an der Wand war er von der Brücke aus nicht zu s e hen. Als er an die Reling trat, trafen ihn die ersten Sonnenstrahlen. Die Spassky fuhr mit voller Kraft genau in die Gegenrichtung, nach Westen. Wie er befürchtet hatte, mussten sie sich mitten im Arabischen Meer befinden, auf Kurs zum Golf von Aden.
     
    Was sollte er tun? Je länger er darüber nachdachte, desto aussichtsloser erschien ihm seine Lage. Blinder Passagier auf offener See, unterwegs in eine Gegend, die er nur dem Namen nach kannte, auf einem Frachter mit Spitzbuben, die seine Ware gesto h len hatten. Saboteure waren sie, und er wagte sich nicht auszumalen, wozu sie sonst noch fähig waren. Wie lange würde die Überfahrt dauern? Welcher Hafen war das nächste Ziel der Spassky? Seine Geografiekenntnisse über diese Weltgegend waren mehr als mangelhaft. Er hatte keine A h nung, wie lange er auf diesem Kahn ausharren musste, bis er mit Hilfe rechnen konnte, zwei Tage, eine Woche? Aber eines wusste er genau: der Mannschaft war nicht zu trauen. Es blieb nichts anderes übrig, als sich zu verbergen, bis es eine Chance gab, zu türmen oder wenigstens jemanden anz u rufen. Er verfluchte seine Hartnäckigkeit innerlich, der er diese ausweglose Lage ve r dankte. Noch mehr ärgerte ihn, dass Anna Recht behielt.
     
    Die Strategie war also, möglichst lange unentdeckt zu bleiben, aber wie sollte er sie umse t zen? Auf dem Deck konnte er sich nicht lange ungesehen herumtreiben, zu gefährlich. Die beste Lösung schien ihm eine leere Mannschaftskabine, sofern so e t was existierte, möglichst in der Nähe der Kombüse oder Vorratskammer. Er brauchte Wasser, Nahrung und irgendwann müsste er ein paar Stunden ungestört schlafen kö n nen.
     
    Er lief an der Wand des Deckhauses entlang zur Tür. Als sich nichts regte, öffnete er sie einen Spalt und warf einen vorsichtigen Blick ins Innere. Ein leerer, dunkler Ko r ridor lag vor ihm. Er schlüpfte hinein und wollte die Tür hinter sich zuziehen, als er plötzlich Schritte hörte. Oberhalb der Treppe erschienen die schweren Schuhe eines Mannes, der ihn im näc h sten Augenblick bemerken musste. Lee blieb keine Zeit mehr, zur Tür hinaus zu fliehen. Mit einem Sprung rettete er sich in einen dunklen Seitengang, der von der Treppe wegführte, aber der Matrose musste die Bewegung gesehen haben. Er rief etwas Unverständliches, das ziemlich unwirsch klang. Ru s sisch, vermutete Lee, dem nichts Besseres einfiel, als sich möglichst klein zu machen. Er beugte sich vornüber, als suchte er etwas am Boden und streckte dem Fremden seinen Allerwertesten entgegen. Wieder sprach der Mann zu seinem Hintern. Ru s sisch, definitiv, und ohne zu überlegen, was er tat, antwortete Lee mit dem einzigen russischen Wort, das er kannte, James Bond sei Dank: »Da, da!« – »Ja, ja!«. Der a n dere lachte heiser und verließ das Deckhaus. Klopfenden Herzens begann Lee mit seiner Suche nach einer Unterkunft.
     
    Für einmal hatte er Glück. Zwei Treppen höher stieß er auf eine Reihe offensichtlich unb e nutzter Kabinen. Er wählte das Zimmer in der Nähe des Treppenhauses aus, das ihm die beste Fluchtmöglichkeit bot. Auf der eisernen Pritsche lag ein fleckiger, dü n ner Stofffetzen. I m merhin eine Matratze, dachte er grimmig. Ein Tischchen mit einem Plastikstuhl stand fes t geschraubt in der Ecke, und durch ein winziges Bullauge fiel gerade soviel Licht, dass er die Taschenlampe nicht brauchte. In der engen Kabine war kein Platz für Annehmlichkeiten wie eine Dusche, aber zu seiner freudigen Übe r raschung fand er hinter einer Tür ein funktionie r endes WC und ein Waschbecken, kaum größer als eine Kaffeetasse. Hier würde er zwei, drei Tage überleben, sollte es keinen anderen Ausweg geben. Zum ersten Mal an diesem Morgen fühlte er sich einigermaßen wohl und sicher. Er setzte sich auf die schmierige Matratze und scha l tete das Handy ein. Kein Antennensignal, wie befürchtet. Sie waren weit entfernt von jeder Küste, und so würde es wohl noch lange bleiben. Er konnte nichts anderes tun, als warten, bis es dunkel wurde. Nachts würde der größte Teil der Besatzung schl a fen. Die G e fahr, entdeckt zu werden müsste dann wesentlich geringer sein. Er streckte sich auf dem u n bequemen Bett aus,

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