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Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Das Komplott der Senatoren (German Edition)

Titel: Das Komplott der Senatoren (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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könnte Gedanken lesen. Auch jetzt drang er nicht weiter in sie ein und sagte nur:
     
    »Ich bin nachher noch in der Cafeteria.«
     
    Der Schock des kalten Wassers weckte ihre Widerstandskraft. Sie fühlte sich wieder stark genug, über ihren sehr persönlichen Konflikt zu sprechen. Scott saß am Fenster und nippte an seinem unvermeidlichen Grapefruitsaft, als sie die Cafeteria betrat. Er lächelte ihr au f munternd zu, und sie setzte sich zu ihm.
     
    »Soll ich dir etwas zu trinken holen?«
     
    »Nein, lass nur, ich mag nichts.« Sie betrachtete ihre Fingernägel eingehend, wusste nicht, wie sie beginnen sollte, während Scott einfach wartete. Sein Schweigen setzte sie mehr als jede Frage unter Druck.
     
    Schließlich sagte sie fast unhörbar: »Lee kommt nächste Woche zurück.«
     
    »Schön, das ist gut.«
     
    »Und ich freue mich gar nicht«, fuhr sie fort, als hätte sie ihn nicht gehört. Scott schien nicht überrascht. Er fragte nur:
     
    »Warum?«
     
    »Ich – weiß es selbst nicht«, murmelte sie in Gedanken versunken. »Es ist, als lese ich von der Reise eines Fremden. Ich nehme sie zur Kenntnis, aber sie berührt mich nicht.«
     
    »Vermisst du ihn?« Typisch Scott. Diese Frage verlangte ein klares Ja oder Nein. Sie ließ keine Ausflüchte zu wie »liebst du ihn?« oder andere Allgemeinplätze. Sie ließ sich lange Zeit mit der Antwort. Was würde sich ändern wenn er wieder in Chicago wohnte? Sicher, sie würden sich ab und zu in einem teuren Restaurant gegenübe r sitzen, manchmal im Bett la n den, aber sonst würde jeder sein Leben weiterführen wie bisher. Hatte sie ihn vermisst? Sie schüttelte den Kopf und sagte mit fester Stimme:
     
    »Nein, wenn ich ehrlich bin, habe ich Lee nicht vermisst.«
     
    »Was meinst du, wie denkt er darüber?«
     
    Sie wusste es nicht. Sie fühlte sich stets zu ihm hingezogen, wenn sie zusammen waren, aber im Grunde kannte sie ihn nur oberflächlich, und das Gleiche galt wohl für ihn. Ihre Seelen hatten sich noch nicht gefunden.
     
    »Wir sind verlobt«, sagte sie traurig.
     
    »Die Gefühle sind wichtiger.«
     
    »Ich weiß, aber – ach ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.« Er nahm ihre Hand und schaute ihr eindringlich in die Augen.
     
    »Sag ihm einfach, was du mir gesagt hast«, riet er.
     
    »So einfach ist das nicht«, murmelte sie tonlos, aber sie wusste, dass es ein guter Rat war.
     
    Nach dem misslungenen Training fuhr sie nicht zu ihrem Apartment, sondern gleich nach Lincoln Park, an die exklusive Cleveland Avenue zum Haus ihrer Eltern. Einmal in der Woche trafen sich die Familienmitglieder, die es einrichten konnten, zum Di n ner in der mit reichen Ornamenten und Zwiebeltürmchen verzierten viktorianischen Villa der Douglas’. Jedesmal, wenn sie durch den kleinen Vorgarten auf das Haus zuschritt, in dem sie aufg e wachsen war, stellten sich die gleichen, widerstrebenden Gefühle ein. Oben der Himmel, das Paradies mit ihrem Zimmer, wo alles stimmte, wo sie sich noch immer sofort zu Hause fühlte, wenn sie es betrat, und unten die ka l ten, strengen, kaum geschmückten Räume, wo sich das offizielle Leben der Familie des Senators abspielte. Das Erdgeschoss erinnerte eher an das kahle Innere einer ca l vinistischen Kirche, und das war wohl auch die Absicht des streng presbyterianischen Patriarchen.
     
    Ihre Mutter öffnete die Tür, bevor sie die sechs Stufen der Eingangstreppe erklo m men hatte. »Gott sei Dank, dass wenigstens du Zeit hast«, rief sie erfreut.
     
    »Sind wir allein?«
     
    »Ja, Vater war kurz da, musste aber gleich wieder weg. Irgend ein Geschäftsessen im Lincoln Park.« Der Senator hielt seine Sitzungen mit Vorliebe im nahen Lincoln Park Jachtklub ab, wenn er in der Stadt war, nicht selten verbunden mit einer ausgedehnten Bootsfahrt auf dem Michigansee. Anna umarmte ihre Mutter und sie gingen ins Haus. Täuschte sie sich, oder registrierte ihre empfindliche Nase einen feinen Geruch nach Alkohol? Sollte die alte Kran k heit wieder ausgebrochen sein? Sie blieb stehen und schaute ihre Mutter besorgt an.
     
    »Was ist los?«
     
    »Ma, hast du getrunken?«
     
    Myra wandte sich unwirsch ab und ging in die Küche. »Dummes Zeug, ich habe nur den Wein probiert«, sagte sie, ohne sie anzusehen.
     
    »Aber – das sollst du doch nicht. Du weiß, wie ...«
     
    »Willst du dich mit mir streiten oder hilfst du mir in der Küche?« Sie gab auf und schwieg. Streit mit der Mutter war so ziemlich das Letzte, was sie jetzt

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