Das Komplott (German Edition)
wenn man nicht mehr hingeht«, sagt Nathan wie zu sich selbst.
Widerwillig zeigt er uns ein winziges, leer stehendes Häuschen mit vier Zimmern, in dem er und Gene irgendwann mal ein Jahr lang gewohnt haben.
»Das war das letzte Haus, in dem mein Vater noch mit uns zusammengelebt hat«, sagt er. »Ich war ungefähr sechs, also muss Gene zehn gewesen sein.«
Ich überrede ihn, sich auf die zerfallene Vordertreppe zu setzen und in die Kamera zu reden, über die vielen Umzüge, die er und Gene mitmachen mussten. Für einen Augenblick vergisst er sein glamouröses Schauspielerleben und mosert herum. Ich frage ihn nach seinem Vater, aber über das Thema will er nicht reden. Er wird sauer und fährt mich an, aber plötzlich ist er wieder ganz der Schauspieler. Ein paar Minuten später lobt ihn Gwen, die sich auf seine Seite geschlagen hat und mich misstrauisch beäugt, in den höchsten Tönen.
Während wir uns an der Hütte herumdrücken, tigere ich wie von tiefer kreativer Unruhe getrieben auf und ab. Schließlich frage ich ihn, wo seine Mutter jetzt wohnt.
Er zeigt mit dem Finger in die entsprechende Richtung. »Etwa zehn Minuten immer die Straße entlang, aber da fahren wir nicht hin, klar?«
Ich erkläre mich widerwillig einverstanden und trete wieder beiseite, um in mein Handy zu reden.
Nach zwei Stunden in Willow Gap und Umgebung haben wir genug gesehen. Ich lasse mir anmerken, dass ich mit den Aufnahmen überhaupt nicht zufrieden bin, und zeige meine gereizte Stimmung deutlich.
»Der beruhigt sich schon wieder«, flüstert Gwen Nathan zu.
»Wo war Genes Meth-Labor?«, frage ich.
»Das gibt es nicht mehr«, antwortet er. »Es ist kurz nach seinem Tod in die Luft geflogen.«
»Na toll«, brumme ich.
Schließlich laden wir alles wieder ein und lassen die Gegend hinter uns. Wie gestern besteht unser Mittagessen aus einem Burger mit Pommes an einer Interstate-Ausfahrt. Als wir wieder unterwegs sind, beende ich ein weiteres imaginäres Telefonat und stecke das Handy in die Tasche. Ich drehe mich zu Gwen um, und es ist offensichtlich, dass ich wichtige Neuigkeiten habe.
»So, der letzte Stand ist folgender. Carsloff war in ständigem Kontakt mit der Familie Alvarez in Texas und der Familie Marshak in Kalifornien. Ich habe die beiden Fälle ja erwähnt, Nathan, Sie erinnern sich bestimmt. Der Sohn der Familie Alvarez wurde von vierzehn DEA -Kugeln durchsiebt. Der Marshak-Junge schlief in seinem Zimmer im Studentenwohnheim, als die Beamten die Tür aufbrachen und ihn erschossen – im Schlaf. Das wissen Sie doch noch?«
Nathan nickt, während er fährt.
»Die Alvarez haben einen Cousin aufgetrieben, der gut Englisch spricht und bereit ist, mit uns zu reden. Mr. Marshak hat die DEA verklagt, und seine Anwälte raten ihm, nicht mit uns zu sprechen, aber er ist unglaublich sauer und will an die Öffentlichkeit gehen. Beide können dieses Wochenende in Miami sein, selbstverständlich auf unsere Kosten. Allerdings sind beide berufstätig, sodass die Dreharbeiten an einem Samstag stattfinden müssen. Zwei Fragen, Nathan: Erstens, wollen Sie mitkommen und die Sache durchziehen? Und zweitens, können Sie so kurzfristig weg?«
»Hast du ihm von den DEA -Akten erzählt?«, fragt Gwen, bevor er antworten kann.
»Noch nicht. Das habe ich erst heute Morgen herausgefunden.«
»Worum geht es?«, will Nathan wissen.
»Ich glaube, ich habe Ihnen erzählt, dass unsere Anwälte beantragt haben, dass uns Kopien der DEA -Akten zu bestimmten Fällen – auch dem von Gene – ausgehändigt werden. Gestern hat ein Bundesrichter in Washington zu unseren Gunsten entschieden, allerdings nicht in vollem Umfang. Wir bekommen Akteneinsicht, dürfen die Akten aber nicht mitnehmen. Daher schickt die DEA in Washington die Akten an das DEA -Büro in Miami, wo wir das Material einsehen können.«
»Wann?«, fragt Gwen.
»Schon am Montag.«
»Wollen Sie Genes Akte sehen, Nathan?«, fragt Gwen zartfühlend und mütterlich besorgt.
Da er sich mit der Antwort Zeit lässt, hake ich nach.
»Alles werden wir nicht vorgelegt bekommen, aber es wird jede Menge Fotos vom Tatort geben und Aussagen aller Beamten und wahrscheinlich auch des Informanten, der Sie beide ans Messer geliefert hat. Es werden Ballistikgutachten, ein Autopsiebericht und entsprechende Fotos dabei sein. Das könnte hochinteressant werden.«
Nathan beißt die Zähne zusammen. »Das würde ich gern sehen«, sagt er dann.
»Sie sind also dabei?«, frage ich.
»Was ist der
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