Das Komplott (German Edition)
amerikanische Zoll interessiere sich heute, im Zeitalter des Terrorismus, vor allem dafür, wer auf der No-Fly-Liste stehe, weniger für Leute mit zweifelhaften Papieren.
Weil es so eilig ist, zahlt Vanessa tausend Dollar in bar, und sie machen sich an die Arbeit. Ihr Fälscher ist ein nervöses Genie mit einem merkwürdigen Namen, den er nur widerwillig preisgibt. Wie seine Kollegen arbeitet er in einem engen, bestens gesicherten Kabuff, das nicht einsehbar ist. Die Atmosphäre ist von Misstrauen bestimmt, als wäre jeder mit irgendwelchen illegalen Machenschaften befasst und erwartete jeden Augenblick ein Sonderkommando. Diese Leute mögen keine Laufkundschaft. Sie verstecken sich lieber hinter der Fassade im Internet, damit niemand ihr zwielichtiges Geschäft zu Gesicht bekommt.
Vanessa übergibt die Speicherkarte aus ihrer Kamera, und die beiden sehen sich auf einem Zwanzig-Zoll-Monitor Aufnahmen eines lächelnden Nathan Cooley an. Eine davon wählen sie für Pass und Führerschein aus, dann überprüfen sie seine Angaben – Adresse, Geburtsdatum und so. Vanessa bestellt die neuen Dokumente auf den Namen Nathaniel Coley, nicht Cooley.
»Wie Sie wollen«, sagt das Genie. Dem Mann ist es egal. Bald arbeitet er mit Hochdruck an den neuen Papieren. Er braucht eine Stunde, um einen amerikanischen Pass und einen Führerschein des Bundesstaats Virginia zu produzieren, die jeden überzeugen würden. Der blaue PVC-Einband des Passes zeigt genau die richtigen Gebrauchsspuren, und unser Nathan, der noch nie eine Fernreise unternommen hat, war jetzt in ganz Europa und in den meisten Ländern Asiens.
Vanessa flitzt nach Washington, wo sie zwei Erste-Hilfe-Ausrüstungen, eine Pistole und ein paar Tabletten besorgt. Um 20.30 Uhr macht sie kehrt und fährt nach Süden in Richtung Roanoke.
33
Das Flugzeug ist eine Challenger 604, einer der besseren Privatjets im Chartergeschäft. In der Kabine finden acht Passagiere bequem Platz, und solange man nicht über einen Meter fünfundachtzig groß ist, kann man herumlaufen, ohne sich den Kopf zu stoßen. Eine neue Maschine kostet um die dreißig Millionen Dollar, wenn man Zahlen und Spezifikationen im Internet glauben will, aber ich bin nicht als Käufer unterwegs. Ich brauche nur eine Kurzmiete zu fünftausend Dollar die Stunde. Die Charterfirma hat ihren Sitz in Raleigh und ist mit einem auf eine Bank in Miami gezogenen Scheck von Skelter Films in voller Höhe bezahlt worden. Unser Start in Roanoke ist für fünf Uhr nachmittags angemeldet, nur zwei Passagiere – Cooley und ich. Den ganzen Freitagvormittag versuche ich, den Charterservice hinzuhalten, und verspreche, unsere Passkopien per E-Mail zu schicken, sobald ich meinen Pass finde. Angeblich habe ich ihn verlegt und stelle gerade meine Wohnung auf den Kopf.
Bei Flügen ins Ausland müssen private Charterfirmen die Namen der Passagiere und Kopien ihrer Pässe mehrere Stunden vor Abflug einreichen. Der amerikanische Zoll gleicht die Angaben dann mit seiner No-Fly-Liste ab. Ich weiß, dass weder Malcolm Bannister noch Max Reed Baldwin auf der Liste stehen, habe aber keine Ahnung, was passiert, wenn der Zoll eine Kopie von Nathaniel Coleys falschem Pass bekommt. Also spiele ich auf Zeit, weil ich hoffe und glaube, dass es sich nur zu meinen Gunsten auswirken kann, wenn der Zoll beide Pässe nur kurz prüfen kann. Schließlich teile ich der Charterfirma mit, dass ich meinen Pass gefunden habe, und warte noch eine Stunde, bis ich die beiden Kopien an das Büro in Raleigh maile. Ich weiß nicht, wie der Zoll reagiert, wenn er meine Passkopie erhält. Gut möglich, dass irgendein Alarm ausgelöst und das FBI benachrichtigt wird. Falls das passiert, ist es meines Wissens die erste Spur, die ich hinterlasse, seit ich vor sechzehn Tagen aus Florida verschwunden bin. Ich sage mir, das ist kein Problem, weil ich weder verdächtig noch flüchtig bin. Ich bin ein freier Mann, der ohne Einschränkungen überallhin reisen kann – oder?
Warum mache ich mir überhaupt Sorgen? Weil ich dem FBI nicht traue.
Ich fahre Vanessa zum Regionalflughafen Roanoke, wo sie einen Flug über Atlanta nach Miami nimmt. Nachdem ich sie abgesetzt habe, kurve ich herum, bis ich den kleinen Terminal für Privatflugzeuge finde. Ich muss noch mehrere Stunden totschlagen, also suche ich mir einen Parkplatz und verstecke meinen kleinen Audi zwischen zwei Pick-ups. Ich rufe Nathan in seinem Lokal an und teile ihm mit, dass unser Flug leider verspätet ist.
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