Das Komplott (German Edition)
verlassen Rashford und ich sein Büro und fahren zum zehn Minuten entfernten Polizeipräsidium. Das städtische Gefängnis grenzt an das Gebäude an. Rashford stellt sein Auto auf einem überfüllten Parkplatz ab und deutet mit dem Kopf auf einen niedrigen Flachdachbau mit schmalen Fensterschlitzen, der von Stacheldraht verschönert wird. Wir folgen dem Fußweg dorthin, und Rashford wechselt ein paar freundliche Grußworte mit den Wachen.
Er geht zu einer Tür und redet in gedämpftem Ton mit einem Wärter, den er offenbar kennt. Ich beobachte ihn unauffällig, aber es wechselt kein Bargeld die Hand. Am Empfang müssen wir ein Formular auf einem Klemmbrett unterschreiben.
»Ich habe ihnen gesagt, Sie wären ein Anwaltskollege«, flüstert er mir zu, als ich einen meiner Namen eintrage. »Benehmen Sie sich also wie einer.«
Wenn der wüsste …
Rashford wartet in einem langen, schmalen Raum, der für Anwaltsgespräche genutzt wird, wenn die Polizei ihn nicht für andere Zwecke braucht. Es gibt keine Klimaanlage, und es herrscht eine Temperatur wie in einer Sauna. Nach einigen Minuten öffnet sich die Tür, und Nathan Coley wird ins Zimmer geschoben. Er sieht Rashford mit irrem Blick an und dreht sich nach dem Wärter um, der gerade wieder geht und die Tür hinter sich schließt. Nathan lässt sich langsam auf einen Metallhocker sinken und starrt Rashford an. Der Anwalt hält ihm seine Visitenkarte hin.
»Ich bin Rechtsanwalt Rashford Watley. Ihr Freund Reed Baldwin hat mich engagiert, damit ich Ihren Fall prüfe.«
Nathan nimmt die Karte und rückt seinen Hocker näher heran. Sein linkes Auge ist halb geschlossen, die linke Wange geschwollen. Im Mundwinkel klebt getrocknetes Blut.
»Wo ist Reed?«, fragt er.
»Er ist hier. Er macht sich große Sorgen und will Sie sehen. Geht es Ihnen gut, Mr. Coley? Ihr Gesicht ist geschwollen.«
Nathan blickt in das breite, runde schwarze Gesicht und versucht, die Worte in sich aufzunehmen. Das ist eindeutig Englisch, aber mit einem merkwürdigen Akzent. Er würde den Mann gern korrigieren und ihm sagen, dass er »Cooley« heißt, nicht »Coley«, aber vielleicht versucht der ja, »Cooley« zu sagen, und es klingt in Jamaika einfach anders.
»Geht es Ihnen gut, Mr. Coley?«, wiederholt der Anwalt.
»Ich hatte in den letzten beiden Stunden zwei Schlägereien. Beide Male habe ich verloren. Sie müssen mich hier rausholen, Mr. …« Er sieht auf die Worte, aber die Buchstaben verschwimmen vor seinen Augen.
»Watley. Mr. Watley.«
»Schön, Mr. Watley. Das ist ein einziges Missverständnis. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist, was schiefgelaufen ist, aber ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen. Ich habe keinen falschen Pass benutzt, und ich habe ganz bestimmt nicht versucht, Drogen und eine Waffe ins Land zu bringen. Irgendwer hat mir das Zeug in die Tasche gesteckt, verstehen Sie? Das ist die Wahrheit, das schwöre ich auf so viele Bibeln, wie Sie wollen. Ich nehme keine Drogen, verkaufe keine und schmuggle ganz bestimmt keine. Ich will mit Reed sprechen.« Er spuckt die Worte durch die zusammengebissenen Zähne aus und reibt sich beim Sprechen die Wange.
»Haben Sie sich den Kiefer gebrochen?«, fragt Rashford.
»Ich bin kein Arzt.«
»Ich versuche, Ihnen einen zu besorgen. Vielleicht kann ich Sie auch in eine andere Zelle verlegen lassen.«
»Die sind alle gleich – heiß, überfüllt und dreckig. Sie müssen was unternehmen, Mr. Watley. Und zwar schnell. Ich überlebe das hier nicht.«
»Soviel ich weiß, waren Sie schon mal im Gefängnis.«
»Ich war ein paar Jahre in einem Bundesgefängnis, aber das ist kein Vergleich. Und dabei fand ich es schlimm genug. Das hier ist die Hölle. In meiner Zelle sind fünfzehn Mann, alle außer mir schwarz, und es gibt nur zwei Betten und ein Loch in der Ecke zum Pinkeln. Keine Klimaanlage und nichts zu essen. Bitte, Mr. Watley, tun Sie etwas.«
»Ihnen werden schwere Straftaten vorgeworfen, Mr. Coley. Wenn Sie verurteilt werden, verbringen Sie möglicherweise die nächsten zwanzig Jahre im Gefängnis.«
Nathan lässt den Kopf hängen und holt tief Luft. »Das überlebe ich keine Woche.«
»Ich kann wahrscheinlich erreichen, dass Sie weniger bekommen, aber eine lange Freiheitsstrafe wird es mit Sicherheit. Und nicht in einem städtischen Gefängnis wie dem hier. Sie kommen in eines unserer Regionalgefängnisse, wo die Bedingungen nicht immer besonders angenehm sind.«
»Dann überlegen Sie sich was. Sie müssen dem
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