Das Komplott (German Edition)
sich an die Tequila-Runden und Unmengen von Bier: Er hatte sich mit Reed Baldwin besoffen. Am Freitag hatte er in seiner Kneipe schon ein paar Bier gezischt, um sich auf die Fahrt zum Flughafen und den Flug nach Miami vorzubereiten. Insgesamt waren es bestimmt zehn Bier und zehn Tequila gewesen. Wie hatte er so blöd sein können? Wieder mal ein Blackout, und jetzt hing er am Tropf. Er wollte aufstehen und sich umsehen, aber ihm dröhnte der Schädel, und seine Augen brannten wie Feuer. Am besten lag er ganz still.
An der Tür rührte sich etwas, und ein Licht flammte auf. Eine hochgewachsene, sehr dunkelhäutige Krankenschwester in makellos weißer Uniform kam herein.
»So, Mr. Coley, das war’s hier. Sie werden abgeholt.« Sie sprach Englisch, aber mit merkwürdigem Akzent.
Nathan wollte die Schwester fragen, wo er war, als drei Uniformierte ins Zimmer marschierten und ihn drohend ansahen. Alle drei waren sehr dunkelhäutig.
»Was ist denn hier los?«, stammelte Nathan und setzte sich auf.
Die Krankenschwester entfernte die Infusion und verschwand, wobei sie die Tür hinter sich schloss. Der ältere der Beamten trat vor und hielt Nathan einen Ausweis unter die Nase.
»Captain Fremont, Polizei Jamaika«, sagte er, wie im Fernsehen.
»Wo bin ich?«, fragte Nathan.
Fremont grinste, die beiden Beamten hinter ihm auch. »Sie wissen nicht, wo Sie sind?«
»Nein. Wo bin ich?«
»Jamaika, Montego Bay. Gegenwärtig noch im Krankenhaus, aber demnächst im städtischen Gefängnis.«
»Wie bin ich nach Jamaika gekommen?«, fragte Nathan.
»Mit einem Privatjet, und zwar einem sehr schönen.«
»Aber ich sollte doch nach Miami, nach South Beach. Da liegt ein Irrtum vor. Ist das ein Scherz?«
»Sehen wir so aus, als würden wir Witze machen, Mr. Coley?«
Nathan fand es merkwürdig, wie sie seinen Nachnamen aussprachen.
»Warum haben Sie versucht, mit einem falschen Pass nach Jamaika einzureisen, Mr. Coley?«
Nathan griff nach seiner Hosentasche und merkte, dass seine Brieftasche fehlte. »Wo ist meine Brieftasche?«
»Die haben wir, und alles andere auch.«
Nathan massierte seine Schläfen und versuchte, den Brechreiz zu unterdrücken. »Jamaika? Was mache ich in Jamaika?«
»Das wüssten wir auch gern, Mr. Coley.«
»Und was für ein Pass? Ich habe noch nie einen Pass besessen!«
»Den zeige ich Ihnen später. Es verstößt gegen jamaikanisches Recht, mit einem falschen Pass einzureisen, Mr. Coley. In Anbetracht der Umstände ist das jedoch Ihr geringstes Problem.«
»Wo ist Reed?«
»Wie bitte?«
»Reed Baldwin. Der Mann, der mich hergebracht hat. Finden Sie Reed, der kann alles erklären.«
»Ich kenne keinen Reed Baldwin.«
»Aber Sie müssen ihn finden. Er ist schwarz, wie Sie, und kann alles erklären. Ich bin gestern gegen sieben von Roanoke weggeflogen. Wir haben wohl zu viel getrunken. Wir wollten nach Miami, South Beach, und an seinem Dokumentarfilm arbeiten. Es geht um meinen Bruder, Gene, verstehen Sie? Hier liegt ein Riesenirrtum vor. Wir sollten nach Miami.«
Fremont drehte sich langsam um und sah seine Kollegen an. Sie wechselten Blicke, die deutlich besagten, was sie von diesem Bekloppten und seinem irren Gefasel hielten.
»Gefängnis? Haben Sie Gefängnis gesagt?«
»Das ist Ihre nächste Station.«
Nathan presste die Hände auf den Magen und spürte, wie ihm der Mageninhalt in die Kehle stieg. Fremont reichte ihm eilig einen Mülleimer und trat sicherheitshalber einen Schritt zurück. Nathan übergab sich, würgte, rang nach Luft und fluchte fünf Minuten lang, während die drei Beamten ihre Stiefel inspizierten oder an die Decke starrten. Als der Anfall endlich vorbei war, stand Nathan auf und stellte den Mülleimer ab. Er nahm ein Papiertuch vom Tisch, wischte sich den Mund ab und trank einen Schluck Wasser.
»Bitte sagen Sie mir, was los ist«, krächzte er.
»Sie sind verhaftet, Mr. Coley«, sagte Fremont. »Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz, Einfuhr von Betäubungsmitteln und Besitz einer Feuerwaffe. Wie kommen Sie dazu, mit vier Kilo reinem Kokain und einer Handfeuerwaffe nach Jamaika einzureisen?«
Nathan fiel die Kinnlade herunter. Sein Mund stand offen, aber außer Luft kam nichts heraus. Er kniff die Augen zusammen, runzelte die Stirn, sah die Beamten flehend an und versuchte erneut zu sprechen. Nichts. Schließlich brachte er ein schwaches »Was?« heraus.
»Stellen Sie sich nicht dumm, Mr. Coley. Wo wollten Sie hin? Zu einer unserer berühmten Hotelanlagen –
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