Das Komplott (German Edition)
treffen eine schriftliche Vereinbarung, die von den Büros des Bundesanwalts im nördlichen Bezirk, wo ich strafrechtlich verfolgt wurde, und im südlichen Bezirk, wo die Ermittlungen zum Mord an Richter Fawcett laufen, genehmigt wird. Richter Slater, der mich verurteilt hat, wird die Vereinbarung absegnen müssen. Wenn wir uns einig sind, nenne ich Ihnen den Namen des Killers. Sie verhaften ihn, ermitteln gegen ihn, und wenn die Anklagejury entschieden hat, ihn vor Gericht zu stellen, werde ich ganz plötzlich in ein anderes Gefängnis verlegt. Allerdings werde ich keinen einzigen Tag mehr sitzen. Ich verlasse Frostburg, als würde ich verlegt werden, aber stattdessen werde ich in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen. Mein Strafmaß wird herabgesetzt, meine Akte gelöscht, mein Name geändert. Wahrscheinlich brauche ich eine Gesichtsoperation, um mein Aussehen zu verändern. Ich bekomme neue Papiere, ein neues Gesicht, einen netten Job bei irgendeiner Bundesbehörde und die Belohnung.«
Drei versteinerte Gesichter starren mich an. »Ist das alles?«, fragt Dunleavy schließlich.
»Das ist alles. Und es ist nicht verhandelbar.«
»Wow«, murmelt er, als wäre er völlig schockiert. »Sie hatten vermutlich viel Zeit, um darüber nachzudenken.«
»Erheblich länger als Sie.«
»Und wenn Sie sich irren? Wenn wir den Falschen verhaften, irgendwie eine Anklage zustande bringen und dann nichts finden können, um ihm den Mord nachzuweisen?«
»Das ist dann Ihr Problem. Wenn Sie die Anklage vermasseln, ist es Ihre Schuld.«
»Okay, aber wenn wir unseren Mann haben – wie viele Beweise wird es geben?«
»Ihnen steht der gesamte Polizeiapparat des Landes zur Ver fügung. Sie werden es wohl noch schaffen, genügend Beweise zu finden, wenn Sie den Mörder in Gewahrsam haben. Ich kann nicht alles allein machen.«
Dunleavy steht auf, streckt sich ausgiebig und läuft langsam zum anderen Endes des Raums, als wäre er gefoltert worden und nun tief in Gedanken versunken. Dann kommt er wieder, setzt sich und starrt mich an. »Ich glaube, wir verschwenden unsere Zeit«, stößt er hervor. Der dilettantische Bluff eines kleinen Jungen, der in diesem Raum überhaupt nichts zu suchen hat. Hanski, der erfahrene FBI -Beamte, senkt leicht den Kopf und blinzelt ein paarmal. Er kann nicht glauben, wie schlecht der Typ ist. Erardi behält mich die ganze Zeit im Auge, ich sehe ihm an, wie verzweifelt er ist. Und mir wird klar, wie angespannt das Verhältnis zwischen dem FBI und dem Büro des Bundesanwalts ist, was aber alles andere als ungewöhnlich ist.
Ich stehe langsam auf. »Sie haben recht«, stelle ich fest. »Wir verschwenden unsere Zeit. Ich werde erst wieder mit Ihnen reden, wenn das FBI jemanden schickt, der trocken hinter den Ohren ist. Ich habe Ihnen gesagt, wie unsere Vereinbarung aussieht, und wenn wir uns das nächste Mal unterhalten, sitzt Mr. Victor Westlake mit am Tisch, zusammen mit einem Ihrer Chefs, Mr. Dunleavy. Und falls Sie im selben Raum sind, stehe ich auf und gehe.«
Damit verlasse ich das Zimmer. Als ich die Tür hinter mir zumache, werfe ich einen Blick zurück und sehe, wie Hanski sich die Schläfen massiert.
Sie werden wiederkommen.
Die Besprechung hätte auch im Hoover Building in Washing ton stattfinden können. Victor Westlake hätte sich sicher ge freut, kurz nach Hause zu kommen, mit seinem Chef zu reden, nach seinen Mitarbeitern zu sehen, mit seiner Familie zu Abend zu essen und so weiter. Aber der Direktor des FBI , George McTavey, wollte unbedingt eine kleine Dienstreise machen. Er musste für ein paar Stunden aus dem Büro, und daher verfrachtete er seine Entourage in einen eleganten Privatjet – einer von vier, die dem FBI zur Verfügung standen – und flog nach Roanoke, was vierzig Minuten dauerte.
McTavey war einundsechzig Jahre alt und gehörte nicht zu den Leuten, die aus politischen Gründen auf ihren Posten gehievt worden waren. Er hatte sich nach oben gearbeitet, sich durch seine Amtsführung aber Ärger mit dem Präsidenten eingehandelt. Der erbarmungslosen Gerüchteküche von Washington zufolge saß McTavey auf einem Schleudersitz. Der Präsident wollte einen neuen FBI -Direktor ernennen. Nach vierzehn Jahren musste McTavey gehen. Die Stimmung im Hoover Building war schlecht, so erzählte man sich jedenfalls. In den letzten Monaten hatte McTavey kaum eine Gelegenheit ausgelassen, Washington zu verlassen, selbst wenn es nur für ein paar Stunden gewesen war.
Außerdem war es fast
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