Das Komplott (German Edition)
lasse mir Zeit. »Er hat einen Cousin«, sage ich schließlich. »Seinen Namen weiß ich nicht, aber dieser Cousin besitzt zwei Striplokale in Norfolk, in der Nähe des Marinestützpunkts. Finden Sie den Cousin, dann finden Sie Quinn.«
»Unter welchem Namen?«
»Keine Ahnung, aber als Quinn Rucker bestimmt nicht.«
»Woher wissen Sie das?«
»Tut mir leid, aber das geht Sie nichts an.«
Daraufhin nickt Westlake einem Beamten an der Tür zu, der den Raum verlässt. Die Suche nach Quinn hat begonnen.
»Reden wir über Richter Fawcett«, schlägt Westlake vor.
»Okay«, erwidere ich. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich diesen Moment schon erlebt habe. Ich habe ihn in der Dunkelheit meiner Zelle geprobt, wenn ich nicht schlafen konnte. Ich habe ihn schriftlich festgehalten, dann alles wieder zerrissen. Ich habe die Worte laut ausgesprochen, bei langen, einsamen Spaziergängen auf dem Gelände von Frostburg. Es ist schwer zu glauben, dass er nun endlich gekommen ist.
»Ein großer Teil des Bandengeschäfts bestand darin, Kokain von Miami aus in alle größeren Städte an der Ostküste zu transportieren, vor allem im Süden – Atlanta, Charleston, Raleigh, Charlotte, Richmond und so weiter. Bevorzugte Route war die Interstate 95, wegen des hohen Verkehrsaufkommens, doch die Organisation hat auch anderen Highways und Nebenstraßen in diesem Teil des Landes benutzt. Der Transport erfolgte meistens über Drogenkuriere. Der Fahrer bekommt fünftausend Dollar dafür, dass er ein Auto mietet und einen Kofferraum voll Kokain zu einem Verteilerzentrum in irgendeiner Stadt bringt. Der Kurier liefert die Drogen ab, dann kehrt er um und fährt wieder nach Südflorida zurück. Quinn zufolge werden neunzig Prozent des Kokains, das in Manhattan geschnupft wird, von Drogenkurieren dorthin geschafft, die in Miami ein Auto mieten, die Drogen in den Kofferraum packen und dann nach Norden fahren, als würden sie ganz normale Handelsware transportieren. Dass dabei etwas schiefgeht, ist so gut wie unmöglich. Wenn ein Kurier geschnappt wird, dann nur, weil ihn jemand verpfiffen hat. Jedenfalls hatte Quinn einen Neffen, der gerade dabei war, sich im Familienunternehmen nach oben zu arbeiten. Der Junge war als Drogenkurier unterwegs, als er auf der Interstate 81 kurz vor Roanoke angehalten wurde, weil er zu schnell gefahren war. Er saß in einem gemieteten Van von Avis und gab an, Antiquitäten zu einem Geschäft in Georgetown zu bringen. In dem Van waren tatsächlich Antiquitäten, aber die richtige Fracht bestand aus Kokain mit einem Straßenwert von fünf Millionen Dollar. Der State Trooper wurde misstrauisch und rief Verstärkung. Der Neffe kannte die Regeln und weigerte sich, einer Durchsuchung des Vans zuzustimmen. Der zweite Trooper war ein Neuling, einer von den Übereifrigen, und fing an, sich im Laderaum des Vans umzusehen. Er hatte keinen Durchsuchungsbeschluss, keinen hinreichenden Verdacht und keine Erlaubnis für die Durchsuchung. Als er das Kokain fand, rastete er aus. Und dann war plötzlich alles anders.«
Ich mache eine Pause und trinke einen Schluck Wasser. Der Beamte mit dem Laptop hackt in die Tasten und verschickt mit Sicherheit Anweisungen für die gesamte Ostküste.
»Wie heißt der Neffe?«, fragt Westlake.
»Ich weiß es nicht, aber ich glaube nicht, dass sein Nachname Rucker ist. In seiner Familie gibt es mehrere Nachnamen und eine ganze Menge falscher Namen.«
»Und der Fall des Neffen wurde dann Richter Fawcett zugewiesen?«, erkundigt sich Westlake, der mich zum Weiterreden bewegen will, obwohl es niemand eilig zu haben scheint. Sie hängen an meinen Lippen und brennen darauf, Quinn Rucker zu finden, aber sie wollen die ganze Geschichte hören.
»Ja, und Quinn hat dann einen bekannten Anwalt aus Roanoke beauftragt, einen, der ihm versichert hat, dass die Durchsuchung des Laderaums verfassungswidrig war. Wenn Fawcett die Durchsuchung nicht gelten lässt, kann sie nicht als Beweis verwendet werden. Keine Beweise, kein Prozess, keine Verurteilung, nichts. Irgendwann während des Prozesses erfährt Quinn, dass Richter Fawcett den Fall des Neffen etwas wohlwollender sehen würde, wenn Bargeld den Besitzer wechselt. Eine Menge Bargeld. Quinn zufolge wurde der Deal von ihrem Anwalt eingefädelt. Und nein, ich weiß nicht, wie der Anwalt heißt.«
»Wie viel Bargeld?«, möchte Westlake wissen.
»Eine halbe Million.« Das stößt auf Misstrauen, was mich nicht überrascht. »Ich wollte es zuerst auch
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