Das Komplott (German Edition)
schlägt mein Herz schneller. In der Kopfzeile steht genau das Gleiche wie bei allen Anträgen und Beschlüssen, die mit meinem Fall zu tun haben: »U.S. Bezirksgericht von Washington, D. C., Vereinigte Staaten von Amerika gegen Malcolm W. Bannister.« Und in der Mitte in Großbuchstaben die Worte » ANTRAG RULE 35 «.
»Das ist ein Entwurf für eine gerichtliche Anordnung«, sagt Mangrum. »Es ist nur ein Anfang, aber wir haben uns ziemlich lange damit beschäftigt.«
Zwei Tage später werde ich auf den Rücksitz eines Ford SUV verfrachtet und weggefahren. Das ist mein erster Ausgang seit dem Tag vor drei Jahren, an dem ich nach Frostburg gekommen bin. Fußfesseln gibt es heute keine, aber Handschellen legen sie mir an. Ich werde von zwei U.S. Marshals begleitet, die mir ihre Namen verschweigen, aber ganz nett sind. Nachdem wir mit dem Wetter durch sind, fragt einer von ihnen, ob ich ein paar gute Witze gehört hätte. Wenn man sechshundert Männer einsperrt und ihnen eine Menge freie Zeit gibt, kommt dabei eine wahre Flut an Witzen heraus.
»Jugendfrei oder schmutzig?«, frage ich, obwohl im Gefängnis nicht viele Witze jugendfrei sind.
»Schmutzig natürlich«, meint der Fahrer.
Ich erzähle ihnen ein paar und ernte herzhafte Lacher, während wir Kilometer machen. Wir sind auf der Interstate und fahren gerade an Hagerstown vorbei. Das Gefühl von Freiheit ist berauschend. Trotz der Handschellen kann ich das Leben dort draußen fast schmecken. Ich beobachte den Straßenverkehr und träume davon, wieder ein Auto zu besitzen, hinzufahren, wo ich will. Ich sehe Fast-Food-Restaurants an den Anschlussstellen, und bei dem Gedanken an Hamburger und Pommes wird mir der Mund wässrig. Ich sehe ein Paar, das Hand in Hand in ein Geschäft geht, und kann fast ihre Haut unter meinen Fingern spüren. Eine Leuchtreklame für Bier im Fenster einer Bar macht mich durstig. Eine Plakatwand mit Werbung für Kreuzfahrten in der Karibik bringt mich in eine andere Welt. Ich komme mir vor, als wäre ich schon seit einem Jahrhundert eingesperrt.
Wir nehmen die Interstate nach Süden und erreichen nach einiger Zeit den Großraum Washington-Baltimore. Drei Stunden nach unserer Abfahrt aus Frostburg stehen wir vor dem Untergeschoss des Bundesgerichts im Stadtzentrum von Washington, D. C. Nachdem wir das Gebäude betreten haben, werden mir die Handschellen abgenommen; ab jetzt geht ein Marshal vor mir, der andere hinter mir.
Die Besprechung findet im Büro von Richter Slater statt, der so reizbar ist wie immer und in den letzten fünf Jahren um zwanzig Jahre gealtert zu sein scheint. Er hält mich für einen Verbrecher und ignoriert mich die meiste Zeit. Soll er, mir ist das egal. Es ist klar, dass es zwischen ihm, dem Bundesanwalt, dem FBI und dem Generalstaatsanwalt eine Menge Gespräche gegeben hat. Einmal sitzen elf Personen am Tisch. Der Rule-35-Antrag mit unserer Vereinbarung im Anhang ist umfangreicher geworden und hat inzwischen zweiundzwanzig Seiten. Ich habe jedes Wort fünfmal gelesen. Ich habe sogar durchgesetzt, dass ein paar Formulierungen von mir in den Text aufgenommen werden.
Die Vereinbarung garantiert mir, kurz gesagt, alles, was ich haben will. Freiheit, eine neue Identität, Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm und die Belohnung in Höhe von hundertfünfzigtausend Dollar.
Nach dem üblichen Räuspern übernimmt Richter Slater das Kommando. »Wir beginnen jetzt mit dem Protokoll«, sagt er. Seine Stenografin fängt an zu tippen. »Obwohl es sich hier um eine vertrauliche Angelegenheit handelt und die gerichtliche Anordnung versiegelt wird, lege ich Wert auf ein Protokoll dieser Anhörung.« Er legt eine Pause ein, in der er einige Papiere ordnet. »Wir haben hier einen Antrag der Vereinigten Staaten auf Strafmilderung nach Rule 35. Bannister, haben Sie den Antrag, die Vereinbarung und die vorgeschlagene Anordnung in Gänze gelesen?«
»Das habe ich, Euer Ehren.«
»Ich glaube, Sie sind selbst Anwalt, oder besser gesagt Sie waren mal Anwalt.«
»Das ist richtig, Euer Ehren.«
»Sind Sie mit dem Antrag, der Vereinbarung und der Anordnung einverstanden?«
Und ob ich einverstanden bin, alter Junge. »Ja, Sir.«
Sämtlichen anderen Personen am Tisch stellt er reihum die gleiche Frage. Das ist reine Formsache, denn es haben bereits alle zugestimmt. Und – das Wichtigste – der Generalstaatsanwalt hat die Vereinbarung unterschrieben.
Slater sieht mich an und sagt: »Mr. Bannister, falls der Name, den Sie uns
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