Das Komplott (German Edition)
allmächtige Direktor bietet einem Gefangenen Kaffee an.
»Gern«, sage ich. »Schwarz, bitte.«
Er drückt auf eine Taste und leitet unsere Wünsche an eine Sekretärin weiter. Mir fällt auf, dass er heute Manschettenknöpfe trägt. Ein gutes Zeichen.
»Heute sind ein paar von den großen Tieren da, Mal«, informiert er mich selbstgefällig, als würde er sämtliche Ermittlungen in diesem Mordfall koordinieren. Da wir inzwischen so gute Freunde sind, redet er mich mit meinem Vornamen an. Bis jetzt hieß es Bannister hier, Bannister da.
»Wer?«, frage ich.
»Der Leiter der Taskforce, Victor Westlake, aus Washington und ein Haufen Anwälte. Ich würde mal sagen, Sie haben ihre Aufmerksamkeit.«
Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen, aber nur eine Sekunde lang.
»Der Typ, der Richter Fawcett umgebracht hat, war der schon mal hier, in Frostburg?«, erkundigt sich Wade.
»Tut mir leid, Direktor Wade, das kann ich nicht beantworten.«
»So, wie ich das sehe, war er entweder hier oder in Louisville.«
»Vielleicht. Aber vielleicht habe ich ihn ja schon vor dem Gefängnis gekannt.«
Er runzelt die Stirn und reibt sich das Kinn. »Verstehe«, murmelt er.
Der Kaffee wird gebracht, auf einem Tablett, und zum ersten Mal seit Jahren trinke ich aus einem Becher, der nicht aus Plastik oder Papier ist. Wir schlagen etwas Zeit tot, indem wir uns über Nichtigkeiten unterhalten. Um 11.05 Uhr meldet sich Direktor Wades Sekretärin über die Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch und teilt ihm mit, dass sie da seien. Ich folge ihm durch die Tür in den Konferenzraum, den ich schon kenne.
Fünf Männer in nahezu identischen dunklen Anzügen, dazu weiße Hemden mit Button-down-Kragen und langweilige Krawatten. Ich hätte sie selbst dann noch als Staatsbeamte identifizieren können, wenn ich sie aus fünfhundert Metern Entfernung inmitten einer Menschenmenge gesehen hätte.
Wir bringen die übliche steife Vorstellung hinter uns, und der Direktor entschuldigt sich widerstrebend. Ich setze mich auf die eine Seite des Tisches, meine fünf neuen Freunde auf die andere. Victor Westlake hat in der Mitte Platz genommen, Agent Hanski und ein neues Gesicht, Agent Sasswater, zu seiner Rechten. Keiner der beiden wird auch nur ein Wort sagen. Links von Westlake sitzen zwei stellvertretende Bundesanwälte – Mangrum aus dem südlichen Bezirk von Virginia, Craddock aus dem nördlichen. Der Anfänger Dunleavy musste zu Hause bleiben.
Kurz nach Mitternacht waren ein paar Gewitter durchgezogen, und Westlake beginnt die Besprechung mit den Worten: »Das Gewitter letzte Nacht war ganz schön heftig, finden Sie nicht auch?«
Ich kneife die Augen zusammen und starre ihn an. »Im Ernst? Sie wollen über das Wetter reden?«
Das ärgert ihn maßlos, aber er ist ein Profi. Ein Lächeln, ein Räuspern und dann: »Nein, Mr. Bannister, ich bin nicht hier, um über das Wetter zu reden. Mein Chef ist der Meinung, wir sollten einen Deal mit Ihnen machen. Deshalb bin ich hier.«
»Großartig. Ja, es war ein heftiges Gewitter.«
»Wir würden gern Ihre Bedingungen hören.«
»Ich glaube, die kennen Sie schon. Wir wenden Rule 35 an. Wir unterschreiben eine Vereinbarung, alle zusammen, in der ich Ihnen den Namen des Mannes nenne, der Richter Fawcett getötet hat. Sie schnappen ihn, verhören ihn, tun, was Sie in solchen Fällen immer zu tun pflegen, und wenn eine Anklagejury entschieden hat, dass er vor Gericht gestellt wird, verlasse ich das Gefängnis. Am selben Tag. Ich werde aus Frostburg verlegt, dann verschwinde ich im Zeugenschutzprogramm. Keine Haftstrafe mehr, kein Vorstrafenregister, kein Malcolm Bannister. Der Deal ist vertraulich und wird irgendwo vergraben. Und er wird vom Generalstaatsanwalt unterschrieben.«
»Vom Generalstaatsanwalt?«
»Genau. Ich vertraue weder Ihnen noch sonst jemandem in diesem Raum. Genauso wenig vertraue ich Richter Slater oder einem anderen Bundesrichter, Staatsanwalt, stellvertretenden Staatsanwalt, FBI -Beamten oder sonst jemandem, der für die Regierung arbeitet. Der Papierkram muss perfekt sein, der Deal wasserdicht. Wenn der Killer angeklagt wird, bin ich frei. Und Schluss.«
»Werden Sie einen Anwalt brauchen?«
»Nein. Das kann ich selbst.«
»Dagegen ist nichts einzuwenden.«
Plötzlich zieht Mangrum eine Mappe hervor und entnimmt ihr mehrere Kopien eines Dokuments, von denen er eine über den Tisch schubst. Sie bleibt direkt vor mir liegen, sogar gerade. Als ich einen Blick darauf werfe,
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