Das Komplott (German Edition)
schließt die Tür auf und gibt mir den Schlüssel. Das Zimmer ist mit zwei großen Betten ausgestattet, auf einem davon liegt eine Kleidungsauswahl. Hanski und Surhoff schließen hinter uns die Tür.
»Ich habe mir vom Gefängnis Ihre Größen geben lassen«, erklärt Hanski und deutet mit dem Arm auf meine neue Garderobe. »Wenn Ihnen die Sachen nicht gefallen, ist das kein Problem. Dann gehen wir einkaufen.«
Es gibt zwei weiße Hemden und ein blau kariertes Hemd, alle mit Button-down-Kragen, zwei leichte Baumwollhosen und eine vorgewaschene, verblichene Jeans, einen braunen Ledergürtel, einen Stapel ordentlich gefalteter Boxershorts, zwei weiße T-Shirts, mehrere noch verpackte Socken, ein Paar einigermaßen tragbare braune Mokassins und die hässlichsten schwarzen Halbschuhe, die ich je gesehen habe. Alles in allem für den Anfang nicht schlecht.
»Danke«, sage ich.
»Zahnbürste, Zahnpasta, Rasierzeug, alles im Bad«, fährt Hanski fort. »Da drüben steht eine kleine Sporttasche. Falls Sie sonst noch was brauchen, besorgen wir es. Möchten Sie was essen?«
»Im Augenblick nicht. Ich will nur allein sein.«
»Geht klar, Mal.«
»Ab jetzt bitte Max.«
»Max Baldwin«, ergänzt Surhoff.
»Das ging aber schnell.«
Die beiden gehen, und ich verschließe die Tür. Ganz langsam lege ich die Gefängniskleidung ab – Hemd und Hose in Olivgrün, weiße Socken, schwarze Schnürschuhe mit dicker Sohle und ausgefranste, abgetragene Boxershorts. Ich ziehe ein Paar neue Boxershorts und ein T-Shirt an, krieche ins Bett und starre an die Decke.
Zum Mittagessen gehen wir in das Billigrestaurant nebenan, das sich auf Meeresfrüchte spezialisiert hat und Krabbenbeine »All you can eat« für 7,99 Dollar anbietet. Ich bin allein mit Hanski und Surhoff, und wir gönnen uns ein ausgiebiges Mahl mit mittelmäßigen Meeresfrüchten, das ich in vollen Zügen genieße. Jetzt, wo der Druck weg ist, reißen die beiden Witzchen und machen sich über meine Garderobe lustig. Ich revanchiere mich mit der Bemerkung, dass ich im Gegensatz zu den beiden nicht der Bruderschaft der Weißen angehöre und mir in Zukunft meine Kleidung lieber selbst aussuche.
Es wird spät, und die beiden sagen, wir hätten zu tun. Jede Menge Entscheidungen stehen an. Wir gehen ins Motel zurück, in das Zimmer neben meinem, wo eines der beiden Betten mit Akten und Dokumenten bedeckt ist. Hitchcock schließt sich uns an, wir sind also zu viert – angeblich ziehen wir alle an einem Strang, aber ich bin skeptisch. Ich sage mir immer wieder, dass diese Leute jetzt auf meiner Seite stehen, dass der Staat mein Freund und Beschützer ist, doch die Zweifel bleiben. Vielleicht gewinnen sie irgendwann mein Vertrauen, das halte ich jedoch für unwahrscheinlich. Als ich das letzte Mal längere Zeit mit Vertretern des Staates zusammen war, wurde mir versprochen, dass ich nicht strafrechtlich verfolgt werden würde.
Mittlerweile haben sich alle an den neuen Namen gewöhnt, und die Entscheidung ist endgültig.
»Max«, sagt Hanski, »wir reisen morgen früh ab und müssen wissen, wohin. Das hängt davon ab, was Sie an Ihrem Äußeren verändern wollen. Klar ist, dass Sie an Ihrem Gesicht Veränderungen vornehmen lassen wollen, was nicht ganz unproblematisch ist.«
»Sie meinen wegen meiner Zeugenaussage?«, frage ich.
»Ja. Durchaus denkbar, dass die Verhandlung gegen Rucker erst in sechs Monaten oder einem Jahr stattfindet.«
»Oder er bekennt sich schuldig, und es kommt gar nicht zu einer Verhandlung«, gebe ich zu bedenken.
»Kann schon sein. Gehen wir aber davon aus, dass er das nicht tut. Nehmen wir an, es kommt zur Verhandlung. Wenn Sie sich jetzt operieren lassen, wird Ihr neues Gesicht bei Ihrer Aussage zu sehen sein. Wenn Sie bis nach der Verhandlung warten, sind Sie sicherer.«
»Dann vielleicht – aber was ist mit jetzt?«, frage ich. »Was ist mit den nächsten sechs Monaten? Die Rucker-Gang wird mich aufs Korn nehmen, das wissen wir. Die überlegen schon fieberhaft, wie sie mich aus dem Weg räumen können, und je eher, desto besser für sie. Wenn sie mich vor der Verhandlung erwischen, sind sie einen wichtigen Zeugen los. Die nächsten sechs Monate sind die gefährlichsten, deswegen will ich mich jetzt operieren lassen. Sofort.«
»Okay. Was ist mit der Verhandlung?«
»Na hören Sie mal, Chris! Es darf mich eben keiner zu Gesicht bekommen, das lässt sich organisieren, und das wissen Sie auch. Ich kann hinter einem Wandschirm oder einem
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