Das Komplott (German Edition)
einem Walgreens-Drugstore kaufe. Ich installiere in meiner Wohnung zwei versteckte Kameras, für den Fall, dass jemand hereinkommt, während ich unterwegs bin.
Paranoid sein ist alles. Ich lebe, als würde ich ständig beobachtet und belauscht, und versinke von Tag zu Tag tiefer in meiner eigenen Welt der Täuschung. Ich rufe Diana Tyler jeden zweiten Tag an und berichte ihr das Neueste aus meinem furchtbar langweiligen Leben, und sie scheint nicht den geringsten Verdacht zu schöpfen. Zumindest lässt sie sich nichts anmerken.
Murray Huggins ist Anwalt, und seiner kleinen Anzeige in den Gelben Seiten zufolge praktisch auf alles spezialisiert. Scheidung, Immobilien, Insolvenz, Strafrecht und so fort, dasselbe Brot-und-Butter-Geschäft wie damals bei Copeland, Reed & Bannister. Seine Kanzlei liegt unweit meiner Wohnung, und er sieht wie ein typischer Badeort-Anwalt aus, der um neun kommt und um drei schon wieder auf dem Golfplatz steht. Bei unserem ersten Termin erzählt mir Huggins seine Lebensgeschichte. Er war bei einer großen Kanzlei in Tampa sehr erfolgreich, aber mit fünfzig so ausgebrannt, dass er in Rente ging. Er zog nach Atlantic Beach, ließ sich scheiden, langweilte sich und beschloss, eine Kanzlei zu eröffnen. Jetzt ist er in den Sechzigern und zufrieden mit seinem kleinen Büro, in dem er ab und zu ein paar Stunden für handverlesene Mandanten arbeitet.
Wir gehen meine Biografie durch, und ich halte mich im Großen und Ganzen an die offizielle Version. Ein paar Exfrauen in Seattle und so weiter. Ich verleihe der Geschichte meinen ganz persönlichen Touch und gebe mich als angehender Drehbuchautor aus, der seinem ersten Werk den letzten Schliff verleiht. Durch einen glücklichen Zufall sei ich auf eine kleine, auf Dokumentarfilme spezialisierte Produktionsfirma gestoßen, die sich eine Option auf das Skript gesichert habe. Aus verschiedenen unternehmerischen Gründen müsse ich in Florida eine kleine Firma gründen.
Für zweitausendfünfhundert Dollar kann Huggins gleich mehrere Briefkastenfirmen gründen. Er wird in Florida eine Personengesellschaft mit beschränkter Haftung anmelden, mit M. R. Baldwin als alleinigem Inhaber. Diese wird dann in Delaware eine Kapitalgesellschaft gründen, mit Huggins als einzigem Gründungsmitglied und mir als Alleininhaber. Firmensitz wird seine Kanzlei sein, und mein Name wird in keinem der Unternehmensdokumente auftauchen.
»So was ist für mich Routine. Florida zieht Menschen an, die noch einmal von vorn anfangen wollen«, sagt er.
Er muss es ja wissen.
Ich könnte das auch selbst im Internet erledigen, aber es ist sicherer, es über einen Anwalt laufen zu lassen. Vertraulichkeit ist wichtig. Ich kann Huggins Dinge für mich tun lassen, die meinen Beschattern nie in den Sinn kommen würden und sich nicht nachverfolgen lassen. Mithilfe meines erfahrenen Beraters erblickt Skelter Films das Licht der Welt.
Zweieinhalb Monate nach der Verhaftung von Quinn Rucker und zwei Wochen nach meinem Umzug in die Wohnung am Strand teilt mir Diana Tyler eines Vormittags beim Kaffee mit, dass sich das FBI gern mit mir unterhalten würde. Dafür gebe es mehrere Gründe, vor allem aber solle ich über den Fall informiert und auf die Verhandlung vorbereitet werden. Meine Aussage solle geplant werden. Ich bin davon überzeugt, dass sich die Beamten auch Max Baldwin gründlich ansehen wollen, der übrigens gegenüber Malcolm Bannister eine echte Verbesserung ist.
Die Schwellungen sind abgeklungen. Nase und Kinn sind etwas markanter geworden. Die Augen wirken viel jünger, und die runde rote Schildpattbrille lässt mich wie einen coolen, intellektuellen Dokumentarfilmer aussehen. Ich rasiere mich einmal die Woche, sodass immer ein Bartansatz zu sehen ist, in den sich eine Prise Grau mischt. Der kahle Schädel muss jeden zweiten Tag rasiert werden. Meine Wangen sind jetzt schmaler, in erster Linie weil ich während meiner Genesung nicht viel gegessen und abgenommen habe. Dabei soll es auch bleiben. Alles in allem sehe ich völlig verändert aus, was mich zwar manchmal irritiert, aber im Grund beruhigend ist.
Diana schlägt vor, dass ich mich in Roanoke mit Stanley Mumphrey und seinen Leuten treffe, aber das lehne ich ab. Sie versichert mir, dass weder das FBI noch die Bundesstaatsanwaltschaft mein Versteck kennen, und ich tue so, als würde ich das glauben. Auf jeden Fall will ich nicht, dass die Begegnung in Florida stattfindet. Nach einiger Diskussion einigen wir uns auf ein
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