Das Komplott (German Edition)
erwähnt?«
»Und ob. Sie kann er erst recht nicht leiden. Er verdächtigt Sie, unser Informant zu sein und in der Verhandlung gegen ihn aussagen zu wollen.«
»Wann müssen Sie Ihre Zeugenliste vorlegen?«
»Sechzig Tage vor dem Verhandlungstermin.«
»Haben Sie Ruckers Anwalt mitgeteilt, dass ich aussagen werde?«
»Nein. Wir geben Informationen nur preis, wenn wir dazu gezwungen sind.«
»Ja, das weiß ich noch gut.« Diese Leute haben vergessen, dass ich selbst einmal Gegenstand eines Strafverfahrens auf Bundesebene war, dass FBI -Beamte jeden Aspekt meines Lebens auf den Kopf stellten, während die Bundesanwaltschaft damit drohte, nicht nur mich, sondern auch meine beiden unbescholtenen Partner hinter Gitter zu bringen. Die denken tatsächlich, wir wären Freunde, ein verschworenes Team, das im Gleichschritt auf ein gerechtes Urteil zumarschiert. Wenn ich könnte, würde ich ihnen Knüppel zwischen die Beine werfen und dafür sorgen, dass sie mit der Anklage nicht durchkommen.
Sie – die Bundesbehörden – haben mir fünf Jahre meines Lebens genommen, meinen Sohn, meine Frau und meine Karriere. Wie können sie es wagen, sich aufzuführen, als wären wir Partner.
Schließlich kommen wir zu meiner Aussage, mit der wir uns mehrere Stunden lang befassen. Das ist alles nichts Neues, und ich finde es mühsam. Mumphreys erster Staatsanwalt hat ein Skript, einen Fragebogen, den ich ausfüllen soll, und ich muss zugeben, dass er gut ist. Es fehlt nichts.
Ich versuche, mir die absurde Szene vorzustellen. Wenn ich in den Sitzungssaal geführt werde, werde ich eine Maske tragen. Ich werde hinter einem Wandschirm oder einer Trennwand sitzen, damit Anwälte, Angeklagter und Zuschauer mein Gesicht nicht sehen, wenn ich die Maske abnehme. Ich werde die Geschworenen ansehen. Verteidigung und Anklage werden mir über die Wand hinweg Fragen zuwerfen, die ich mit verzerrter Stimme beantworten werde. Quinn Rucker, seine Familie und ihre Handlanger werden da sein und sich bemühen, mich irgendwie zu identifizieren. Natürlich werden sie wissen, dass ich es bin, aber mein Gesicht werden sie nicht sehen.
So gewiss die Sache zu sein scheint, ich habe große Zweifel daran, dass es je so weit kommen wird.
24
Diana Tyler ruft mich an, um mir mitzuteilen, dass sie meinen neuen Führerschein für Florida und meinen neuen Pass in Händen hält. Wir treffen uns auf einen Kaffee, und sie übergibt mir die Dokumente. Dafür bekommt sie von mir einen Reiseplan mit vielen Lücken.
»Sie wollen weg?«, fragt sie, während sie ihn studiert.
»Ja, ich kann es gar nicht erwarten, den neuen Pass auszuprobieren. Die ersten drei Nächte, ab heute, verbringe ich in Miami, South Beach. Sobald ich meinen Kaffee ausgetrunken habe, fahre ich los. Von dort fliege ich für eine Woche oder so nach Jamaika, dann weiter nach Antigua und vielleicht Trinidad. Ich melde mich von jeder Station meiner Reise. Das Auto lasse ich in Miami am Flughafen, damit Sie dem FBI genau sagen können, wo es steht. Und wenn Sie schon dabei sind, richten Sie denen bitte auch aus, sie sollen mich auf meinem Karibiktrip in Ruhe lassen.«
»In Ruhe lassen?« Sie tut, als wüsste sie von nichts.
»Sie haben mich schon verstanden. Lassen wir die Spielchen. Ich will nicht sagen, dass ich der am besten behütete Zeuge im Land bin, aber ich stehe bestimmt ganz oben auf der Liste. Irgendwer beobachtet mich immer. Ein Typ, ich nenne ihn ›Bürste‹, ist mir in den letzten zwei Wochen fünfmal aufgefallen. Der Kerl kann nichts, geben Sie das bitte weiter, wenn Sie dem FBI Bericht erstatten. Einen Meter achtzig groß, achtzig Kilo, Ray-Ban-Brille, blonder Spitzbart, fährt einen Cooper und hat einen Bürstenhaarschnitt. Total schlampige Arbeit. Ich bin wirklich entsetzt.«
Sie auch. Sie hält den Blick unverwandt auf meinen Reiseplan gerichtet und weiß nicht, was sie sagen soll. Ertappt.
Ich bezahle meinen Kaffee und mache mich auf den Weg, fast sechshundert Kilometer auf der Interstate 95 schnurstracks nach Süden. Das Wetter ist heiß und schwül, der Verkehr dicht und zäh, und ich genieße jeden einzelnen Kilometer meiner Fahrt. Ich halte immer wieder an, um zu tanken, mir die Beine zu vertreten und nach verdächtigen Bewegungen hinter mir Ausschau zu halten. Allerdings rechne ich nicht damit. Da das FBI weiß, wo ich hinwill, werde ich bestimmt nicht beschattet. Außerdem gehe ich davon aus, dass ein GPS -Ortungsgerät geschickt irgendwo in meinem Auto versteckt ist.
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