Das Komplott (German Edition)
nicht. Sie ist ganz nett und erklärt mir beim Salat, wie die Sache läuft. Sie lebt »in der Gegend« und betreut noch ein paar andere, die in derselben Situation sind wie ich. Sie ist rund um die Uhr verfügbar und möchte mindestens einmal pro Woche mit mir telefonieren. Ihr ist klar, was ich durchmache, und sie meint, es sei nur natürlich, dass ich mich ständig verfolgt fühle. Mit der Zeit würden diese Ängste nachlassen, und mein Leben werde sich normalisieren. Sollte ich verreisen wollen – die beiden betonen, dass mir dies jederzeit freisteht –, solle ich ihr meinen Reiseplan im Voraus mitteilen. Ich soll auch lange nach meiner Aussage gegen Quinn Rucker noch engmaschig betreut werden, und die beiden schildern mir die sichere, angenehme Zukunft, die vor mir liegt, sobald die anfänglichen Hindernisse aus dem Weg geräumt sind.
Sie erwähnen die beiden Vorstellungsgespräche, aber ich stelle mich quer und sage, ich sei noch nicht so weit. Mit Geld auf der Bank und unbegrenzter Freiheit will ich mich nicht gleich wieder beruflich festlegen. Ich will reisen, durch das Land fahren und vielleicht nach Europa fliegen. Die beiden haben nichts dagegen, dass ich reise, weisen aber darauf hin, dass die Tarnung überzeugender ist, wenn ich einen richtigen Job habe. Wir verschieben das Gespräch darüber auf später. Dann kommen wir auf einen Pass und einen aktuellen Führerschein zu sprechen. In einer Woche dürfte mein Gesicht so aussehen, dass man es fotografieren kann, und Diana verspricht, sich um die Dokumente zu kümmern.
Beim Kaffee gebe ich Surhoff einen Brief an meinen Vater. Absenderadresse ist das Bundesgefängnis in Fort Wayne, Indiana. Surhoff wird ihn dorthin schicken, und jemand wird ihn an Henry Bannister in Winchester, Virginia, weiterleiten. In meinem Brief erkläre ich dem guten alten Henry, dass ich mich in Frostburg in Schwierigkeiten gebracht habe und in ein normales Gefängnis zurückverlegt wurde. Ich sitze in Einzelhaft und darf mindestens drei Monate lang keinen Besuch empfangen. Ich bitte ihn, meine Schwester Ruby in Kalifornien und meinen Bruder Marcus in Washington zu informieren. Er solle sich keine Sorgen machen, mir gehe es gut, und ich werde mich irgendwie wieder hocharbeiten und nach Frostburg zurückkommen.
Surhoff verabschiedet sich von mir. Ich danke ihm für seine Unterstützung und Professionalität, und er wünscht mir alles Gute. Er verspricht mir ein bereicherndes, sicheres neues Leben. Ich bin nicht überzeugt, weil ich mich immer noch verfolgt fühle. Ich habe den dringenden Verdacht, dass das FBI mich noch eine ganze Weile beobachten wird, zumindest bis Quinn Rucker verurteilt ist und endgültig hinter Gittern sitzt.
Tatsächlich kann ich niemandem trauen, auch nicht Pat Surhoff, Diana Tyler, dem U.S. Marshals Service und dem FBI . Ganz zu schweigen von der anderen Seite. Wenn der Staat mich überwachen will, kann ich nicht viel dagegen tun. Die Behörden können jederzeit einen Gerichtsbeschluss erwirken, um meine Konten auszuspähen, mein Telefon abzuhören, meine Kreditkartenbewegungen zu kontrollieren und mein Verhalten im Internet nachzuverfolgen. Damit rechne ich, und in der nächsten Zeit wird es für mich darauf ankommen, sie zu täuschen, ohne dass sie es merken. Wenn ich eine der angebotenen Stellen annehme, bin ich noch leichter auszuspionieren.
Im Laufe des Nachmittags eröffne ich ein weiteres Girokonto bei Atlantic Trust und überweise fünfzigtausend Dollar von meinem Konto bei der SunCoast Bank dorthin. Dann tue ich dasselbe bei einer dritten Bank namens Jacksonville Savings. Sobald in ein oder zwei Tagen die Schecks eingelöst sind, werde ich anfangen, Bargeld abzuheben.
Wenn ich in meinem Audi durch das Viertel tuckere, sehe ich genauso oft in den Rückspiegel wie auf die Straße vor mir. Das ist mir bereits zur Gewohnheit geworden. Bei meinen Strandspaziergängen mustere ich jedes Gesicht eingehend. Wenn ich einen Laden betrete, gehe ich sofort in Deckung und nehme die Tür, durch die ich eben hereingekommen bin, ins Visier. Ich esse nie zweimal im selben Restaurant und suche mir immer einen Tisch, von dem aus ich den Parkplatz im Auge behalten kann. Ich benutze das Handy nur für Routineangelegenheiten und verhalte mich immer so, als würde ich abgehört. Ich kaufe mir einen Laptop, den ich bar bezahle, lege drei Gmail-Konten an und browse in Internetcafés über die Server des Lokals. Ich experimentiere mit Prepaid-Kreditkarten, die ich mir in
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