Das Komplott (German Edition)
Wenn wir Post bekommen, leiten wir sie an die von Ihnen gewünschte Anschrift weiter. Wir stellen Ihnen eine Telefonnummer zur Verfügung, und alle eingehenden Anrufe werden nach Ihren Vorgaben persönlich beantwortet. ›Guten Morgen, Skelter Films, mit wem darf ich Sie verbinden?‹ Oder mit einer anderen Ansage. Haben Sie Partner?«
»Nein.«
»Fiktive oder echte Mitarbeiter?«
»Es wird ein paar Namen geben, alle fiktiv.«
»Kein Problem. Wenn der Anrufer eines dieser Phantome sprechen will, antwortet unsere Telefonistin mit dem von Ihnen vorgegebenen Text. ›Tut mir leid, der filmt gerade im Ausland‹ oder so ähnlich. Sie verfassen das Skript, wir setzen es um. Wir informieren Sie, wenn ein Anruf eingeht. Was ist mit einer Website?«
Da bin ich unsicher. »Bisher nicht. Was sind die Vorteile?«
Loyd beugt sich vor und stützt sich auf die Ellbogen. »Okay, nehmen wir einmal an, Skelter ist ein legitimes Unternehmen, das jede Menge Dokumentarfilme produzieren wird. Dann brauchen Sie eine Website aus den üblichen Gründen – Marketing, Information, Ego. Oder wir gehen davon aus, dass es sich bei Skelter um ein echtes Unternehmen, aber keine Produktionsfirma handelt. Vielleicht wollen Sie aus irgendwelchen Gründen nur diesen Eindruck vermitteln. Eine Website ist eine wunderbare Art, dieses Image aufzupeppen und die Realität ein bisschen weichzuzeichnen. Natürlich nichts Gesetzwidriges. Aber wir können eine Website erstellen – mit Archivfotos und Präsentation Ihres Teams, Ihrer Filme, Auszeichnungen, laufenden Projekte, was immer Sie wollen.«
»Wie viel?«
»Zehntausend.«
Ich weiß nicht, ob ich so viel Geld ausgeben will und muss, zumindest nicht jetzt. »Ich überlege es mir«, sage ich.
Loyd zuckt die Achseln.
»Was kostet Ihr Basisangebot?«
»Adresse, Telefon, Fax und alles, was dazugehört, kosten fünfhundert Dollar im Monat, zahlbar sechs Monate im Voraus.«
»Nehmen Sie Bargeld?«
Loyd lächelt. »O ja. Das ist uns am liebsten.«
Wundert mich nicht. Ich zahle, unterschreibe einen Vertrag, unterzeichne die eidesstattliche Erklärung, mit der ich versichere, mich bei meinen Geschäften an das Gesetz zu halten, und verlasse das Büro. CRS prahlt damit, neunhundert zufriedene Kunden vorweisen zu können, und als ich durch die Lobby gehe, kommt es mir vor, als würde ich in eine Unterwelt mit Briefkastenfirmen, namenlosen Betrügern und ausländischen Steuerhinterziehern eintauchen. Na, wenn schon.
Nachdem ich die nächsten beiden Nächte ebenfalls mit Eva verbracht habe, will sie, dass ich mit ihr nach Puerto Rico fliege. Ich verspreche, es mir zu überlegen, verschwinde unauffällig aus dem Blue Moon und fahre zum internationalen Flughafen von Miami, wo ich mein Auto auf dem Langzeitparkplatz abstelle und mit dem Shuttlebus zu den Terminals fahre. Mit einer Kreditkarte und meinem neuen Pass kaufe ich ein One-Way-Ticket für den Air-Jamaica-Flug nach Montego Bay. Die Maschine ist rappelvoll, zur Hälfte mit dunkelhäutigen Einheimischen und zur anderen Hälfte mit bleichgesichtigen Touristen auf dem Weg in die Sonne. Bevor wir abheben, servieren die bezaubernden Stewardessen Rumpunsch. Der Flug dauert fünfundvierzig Minuten. Nach der Landung studiert der Zollbeamte meinen Pass viel zu lange, und ich bin schon in Panik, als er mich endlich durchwinkt. Ich nehme den Bus zum Rum Bay Resort, einer All-inclusive-Anlage nur für Singles an einem für seine Oben-ohne-Strände berühmten Küstenstreifen. Drei Tage lang sitze ich am Pool im Schatten und denke über den Sinn des Lebens nach.
Von Jamaika aus fliege ich nach Antigua, das zu den Inseln über dem Winde in der östlichen Karibik gehört. Es ist ein wunderschönes Eiland mit einer Fläche von zweihundertachtzig Quadratkilometern, Bergen, weißen Stränden und Dutzenden von Hotelanlagen. Antigua gilt als eine der großzügigsten Steueroasen der Welt, und das ist einer der Gründe für meinen Besuch. Hätte ich mich nur amüsieren wollen, wäre ich in Jamaika geblieben. Die Hauptstadt ist St. John’s, ein quirliger Ort mit dreißigtausend Einwohnern und einem Tiefwasserhafen, der gern von Kreuzfahrtschiffen angelaufen wird. Ich beziehe ein Zimmer in einem kleinen Gasthaus am Stadtrand von St. John’s mit fantastischem Blick auf Wasser, Boote und Jachten. Es ist Juni, Nebensaison, und für dreihundert Dollar pro Nacht kann ich wie ein König tafeln, bis Mittag schlafen und die Tatsache genießen, dass niemand weiß, wer ich bin,
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