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Das Kopernikus-Syndrom

Das Kopernikus-Syndrom

Titel: Das Kopernikus-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Loevenbruck
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fürchtete, in eine melancholische Stimmung zu verfallen, trank ich einen Schluck Whisky und setzte das Gespräch fort.
    »Wie haben Sie von der Wohnung in Nizza erfahren?«
    Meine Frage amüsierte Louvel sichtlich.
    »Merken Sie sich eines, Vigo, man braucht nicht bei einem Anwalt einzubrechen und ihm die Visage zu polieren, um sich anzuschauen, was er in seinem Rechner speichert. Es gibt viel subtilere Mittel, das aus der Entfernung zu erledigen …«
    Ich grinste verlegen.
    »Sie wissen also, was in Paris passiert ist?«
    »Ja, natürlich. Und man kann nicht gerade behaupten, dass Sie sich besonders schlau angestellt haben. Auch das könnten Ihnen die Bullen anlasten. Es ist ein Wunder, dass Sie noch frei herumlaufen. Ein Wunder … oder sagen wir lieber, Sie haben Glück, Schutzengel zu haben.«
    »Ich verstehe … ich nehme an, ich schulde Ihnen Dank.«
    »Ach, wissen Sie, Vigo, ich hätte das sowieso tun müssen. Glauben Sie mir, ich habe Situationen erlebt, die Ihrer jetzigen sehr ähnlich waren.«
    »Haben Sie mir deshalb geholfen?«
    »Unter anderem ja. Wie auch immer, Sie können es sich nicht mehr erlauben, solche Risiken einzugehen. Und außerdem … müssen wir Ihnen provisorische Ausweise besorgen.«
    »Sonst nichts?«, erwiderte ich verblüfft.
    »Mein Lieber, Sie werden in ganz Frankreich gesucht. Schauen Sie sich mal an, was läuft.«
    Er stand auf, holte das Notebook und stellte es vor mich hin. Er tippte auf der Tastatur, und ein Fenster öffnete sich.
    »Diese Bilder stammen von einer Überwachungskamera an der Place de la Coupole, in La Défense. Das ist die letzte Sequenz, die am 8. August gesichert wurde.«
    Ich beugte mich auf der Couch vor, um besser sehen zu können. Als die Bilder abliefen, schlug mein Herz höher. Das Schwarzweißfoto wackelte, aber man konnte die Gesichter genau erkennen. Auf jeden Fall erkannte ich meines. Man sah, wie ich voller Panik aus dem SEAM-Turm rannte. Eine Aufnahme, die die Polizei natürlich falsch deutete. Dann sah man Gérard Reynald, der ein paar Sekunden nach mir herausgerannt kam. Die Sequenz ging weiter: Man sah Passanten, Türen, die sich öffneten und schlossen, und plötzlich dann die Explosion. Das Video zeigte nur noch Schwarz. Louvel ließ die Bilder mehrere Male ablaufen.
    »Sie sind mit dem Schrecken davongekommen. Doch etwas begreifen meine Freunde und ich nicht. Woher wussten Sie, dass der Turm in die Luft fliegen würde?«, fragte er mich, ohne den Bildschirm aus den Augen zu lassen.
    Das war für meinen Gesprächspartner sicher eine verdammt wichtige Frage. Gewiss hatte er mir bereits bewiesen, dass er an meine Unschuld glauben wollte, doch dieses letzte technische Detail musste ihm und seinen Freunden große Probleme bereiten.
    Ich schluckte schwer. Beim Anblick dieser Bilder hatte ich das Gefühl, den Alptraum ein zweites Mal zu erleben und mich vor allem daran zu erinnern, dass er wahr war. Ich wurde mir erneut bewusst, dass all das tatsächlich geschehen und nicht Auswuchs meiner Phantasie war.
    »Ich … ich glaube, ich habe Reynalds Gedanken gehört.«
    Er musterte mich lange.
    »Sie werden Schwierigkeiten haben, das dem Richter zu erklären.«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Es ist aber die Wahrheit.«
    Er schloss sein Notebook und sah mir fest in die Augen.
    »Auch wenn es sich noch so unwahrscheinlich anhört, mein Lieber, ich glaube Ihnen. Gut, ich muss mich anstrengen, aber ich glaube Ihnen.«
    Ich schenkte ihm ein dankbares Lächeln. Es tat so gut, das zu hören. Nachdem Agnès nicht mehr bei mir war, brauchte ich dringend wieder etwas Vertrauen, ich brauchte jemanden, der mir wenigstens ein bisschen glaubte.
    Ich zögerte, ihm mehr zu verraten. Ihm genau zu sagen, was ich gehört hatte, den Satz, dessen Anfang in Großbuchstaben in Reynalds Wohnung an der Wand hing: »Transkranielle Augen, 88, die Zeit des zweiten Boten ist gekommen. Heute die Zauberlehrlinge im Turm, morgen unsere mörderischen Väter im Bauch, unter 6,3.« Es war vielleicht noch ein wenig zu früh. Ich zog es vor, ihn erst einmal reden zu lassen.
    »Was haben Sie seit unserem Gespräch im Netz noch herausgefunden?«, fragte ich und lehnte mich wieder auf der Couch zurück.
    »Nicht viel. Wir haben immer noch nichts über das Protokoll 88 in Erfahrung gebracht. Absolut nichts. Wir fragen uns, ob es tatsächlich existiert. Im Augenblick kommen wir auch mit der Dermod-Spur nicht weiter. Alles ist gut abgeschirmt. Diese Kerle haben sich gut geschützt.«
    »Es

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